Die Suche nach Weisheit betrifft ebenso stark den menschlichen Geist wie das Herz, die Gefühle und den Körper. Deshalb bezeichnet Frédéric Lenoir die Weisheit vor allem als Lebenskunst. Weisheit ist für ihn das völlige Gegenteil eines asketischen Lebens, das den Körper und die Gefühle verachtet. Sie ist eine Kunst, auf gesunde Weise das Leben zu genießen mit allen Dimensionen des Seins. Frédéric Lenoir ergänzt: „Diesen Weg zu beschreiten, dauert ein ganzes Leben, doch ist er für mich das Schönste überhaupt.“ Wer versucht, ein gutes und glückliches Leben zu führen, beginnt am besten damit, sich dafür zu interessieren, wie er atmet und was er isst. Biologische und regionale Lebensmittel, weniger oder gar kein Fleisch zu essen bedeutet, für sich selbst, für andere und die Welt Sorge zu tragen. Frédéric Lenoir ist Philosoph, Religionswissenschaftler, Soziologe und Schriftsteller.
Jeder sollte seinen Fleischkonsum einschränken
Sicher, regionale Produkte und Lebensmittel aus biologischer Erzeugung sind teurer als importierte Produkte voller Pestizide im Supermarkt. Doch wenn man analog dazu seinen Verbrauch von Fleisch und gezuckerten Getränken senkt, gleicht sich das Budget wieder aus. Weniger Fleisch zu essen, hat einige beachtliche Konsequenzen. Man tut erstens dem Planeten etwas Gutes, weil die Massentierhaltung eine ökologische Katastrophe ist. Zweitens vermeidet man das unnötige Leid von Milliarden Tieren während der Aufzucht und Schlachtung.
Man schützt drittens die eigene Gesundheit. Die Welternährungsorganisation WHO empfiehlt nachdrücklich, den Fleischkonsum zu senken, der für viele Krankheiten, insbesondere für Herz-Kreislauf-Erkrankungen verantwortlich ist. Viertens spart man Geld, mit dem man dann wieder biologische Lebensmittel kaufen kann. Es gelingt jedoch nur wenigen Menschen, von heute auf morgen Vegetarier zu werden. Doch jeder kann sich in Richtung Vegetarismus bewegen, indem er nach und nach seinen Fleisch- und Fischverbrauch einschränkt.
In einem gesunden Körper lebt ein gesunder Geist
Das entspricht übrigens auch Frédéric Lenoirs Vorstellung von der Suche nach Weisheit im Allgemeinen: „In eine Richtung, die uns am besten scheint, voranzuschreiten, aber im eigenen Tempo, ohne sich selbst zu kasteien oder exzessiv unter Druck zu setzen.“ Auf seinen Körper zu achten heißt auch, sich täglich zu bewegen, gut zu schlafen und zu lernen, mit seinen Gefühlen umzugehen. Also den eigenen Empfindungen gegenüber aufmerksam zu sein.
Wie Juvenal sagte, ist das Ziel von Weisheit ein „gesunder Geist in einem gesunden Körper“. Frédéric Lenoir würde hinzufügen: „Mit einem guten Herzen“. Frédéric Lenoir hat auch gesagt, Liebe sei der Gipfel der Weisheit. Doch wie soll man auf die richtige Weise lieben? Liebe ist ein so vielfältiges und komplexes Gefühl, dass es tatsächlich sehr schwierig ist zu beschreiben, was dabei in einem Menschen vorgeht. Wenn man zu jemandem sagt: „Ich liebe Dich“, dann kann das gleichermaßen „Ich begehre Dich“ heißen wie „Ich möchte, dass Du glücklich bist“. Quelle: „Weisheit“ von Frédéric Lenoir
Von Hans Klumbies