Die Psyche und das Gehirn sind eng verbunden

Wenn man über die Psyche spricht, spricht man auch über das Gehirn. Genauer: über das gesamte Nervensystem. Franca Cerutti weiß: „Die Trennung zwischen Psyche und Körper und die Vorstellung, als sei die Psyche etwas, was den Körper „bewohnt“, ist schlicht und einfach falsch. Wir haben keinen Körper, wir sind ein Körper.“ Menschen sind Chemie und Strom, sie sind Botenstoffe und Hormone. Gleichzeitig sind sie, wie Aristoteles schon sagte, als Ganzes mehr als die Summe ihrer Teile. Menschen sind die Magie, die sich aus dem gesamten komplexen, verzahnten Geschehen ergibt. Und wie könnte dieses ganze System stets und ständig bei jedem „normal“ laufen? Das menschliche Gehirn ist wohl das komplizierteste Organ, das sich im Laufe der Evolution entwickelt hat. Franca Cerutti ist Psychotherapeutin mit eigener Praxis und Podcasterin.

Das Gehirn ähnelt einer faltigen Walnuss

Das Gehirn macht lediglich zwei Prozent des Körpergewichts eines Menschen aus, verbraucht aber etwa 25 Prozent des täglichen Energiebedarfs. Warum ist das so, und was macht gerade das menschliche Gehirn so besonders? Die Gehirne von Walen wiegen bis zu neun Kilogramm, Elefantenhirne etwa vier Kilogramm und das menschliche Gehirn nur etwa anderthalb Kilogramm. Franca Cerutti stellt fest: „An der schieren Größe kann es also nicht liegen, dass wir die Lebewesen mit der höchsten Denkfähigkeit sind – zumindest sprechen wir uns das selbst zu, obwohl man bei manchen Zeitgenossen gelegentlich ins Grübeln kommt.“

Entscheidend ist die Anzahl der Nervenzellen und ihre Anordnung in der Großhirnrinde, die man Kortex nennt. Diese mit Nervenzellen durchsetzte Rinde ist der Ort der „höheren“ und komplexeren Verarbeitung von Informationen. Und weil der Kortex beim Menschen im Rahmen der Evolution immer größer und größer wurde und in einem Kopf ja nicht unendlich Platz ist, hat er sich unter der Schädeldecke immer mehr aufgefaltet und in Wellen gelegt. Daher sieht das menschliche Gehirn heute so ähnlich aus wie eine faltige Walnuss.

Das Gehirn kann man trainieren wie einen Muskel

Prozentual gesehen haben Menschen den größten Kortex von allen Lebewesen, und bis heute ist der menschliche Denkapparat insgesamt noch jedem Supercomputer überlegen. Das hat zwei entscheidende Gründe: Erstens ist das menschliche Gehirn in der Lage, gleichzeitig komplexe „Rechenoperationen“ auszuführen. Dagegen kann ein Computer nur eine nach der anderen bearbeiten – zugegebenermaßen kann er das allerdings sehr schnell. Zweitens ist das Nervensystem eines Menschen verformbar, man sagt „plastisch“.

Menschen können lernen und auch verlernen. Franca Cerutti erklärt: „Und das ist das wahre Wunder: Vereinfacht erklärt, bilden sich beim Lernen neue Verbindungen zwischen den Nervenzellen. Beim Ver-lernen bauen sie sich wieder ab.“ Ein Computer wird in einer Aufgabe nicht besser, wenn er sie jeden Tag erledigen muss. Menschen schon. Denn man kann das Gehirn trainieren wie einen Muskel. Und wie ein Muskel verbraucht es Energie. Pro Milliarde Nervenzellen nämlich circa sechs Kalorien pro Tag nur fürs „Grundrauschen“. Das sind etwa 500 Kalorien täglich. Quelle: „Psychologie to go!“ von Franca Cerutti

Von Hans Klumbies