Das erste Leben entsteht tief im Ozean

Am Anfang war das Nichts. Kein Leben. Vor rund 4,5 Milliarden Jahren tobten ununterbrochen Feuerstürme und den Globus. Vulkane speien Asche und Lava in die Luft, alles kocht und brodelt und brennt. Würde man die Lebensgeschichte der Erde in einem Tag erzählen, von Mitternacht bis Mitternacht, ginge das bis vier Uhr morgens. Dirk Steffens und Fritz Habekuss stellen fest: „Dann entsteht das erste Leben, die tief im Ozean an Schloten leben, aus denen heißes Wasser schießt, in dem einfache Moleküle herumtreiben.“ Dann passiert nichts mehr. Sehr lange nicht. In ihrem Buch „Über Leben“ erzählen der Moderator der Dokumentationsreihe „Terra X“ Dirk Steffens und Fritz Habekuss, der als Redakteur bei der „ZEIT“ arbeitet, von der Vielfalt der Natur und der Schönheit der Erde.

Das Zeitalter des Menschen heißt Anthropozän

Erst um 18:08 Uhr wird das Leben interessanter: Die sexuelle Fortpflanzung entsteht. Sie ist entscheidend für die Entwicklung von Vielfalt, aber anfangs auch noch nicht richtig aufregend. Dirk Steffens und Fritz Habekuss fügen hinzu: „Um 20:48 Uhr dann endlich das erste Leben, das auch wie Leben aussieht: Quallen. Die Evolution nimmt Fahrt auf. 21:52 Uhr: Landpflanzen. Eine Stunde und vier Minuten später: Dinosaurier. Die Säugetiere erblicken erst in der letzten halben Stunde das Licht der Welt.“

Und schließlich, um genau 23:59 Uhr und 57 Sekunden, erhebt sich der erste moderne Mensch auf seine zwei Beine. Auf der 24-Stunden-Erde sind die Menschen erst drei Sekunden alt. In der kurzen Zeit der Anwesenheit der Menschen sind sie zur alles bestimmenden Kraft geworden, die den Planeten fundamental verändert hat. Deshalb sind Geologen gerade dabei, eine neue Epoche zu definieren: das Anthropozän, das Zeitalter des Menschen. Dirk Steffens und Fritz Habekuss wissen: „Die Idee stammt vom Atmosphärenchemiker Paul Crutzen, der den Begriff 2002 aufbringt.“

Der Planet Erde ist schlagartig ein anderer geworden

Paul Crutzen meint, der Mensch habe den Planeten inzwischen so radikal verändert, dass ein neues Erdzeitalter angebrochen sei. Archäologen einer fremden Zivilisation, Millionen von Jahren in der Zukunft, würden in den Sedimenten und Gesteinsschichten, die aus der Gegenwart stammen, eine abrupte Veränderung erkennen. Dirk Steffens und Fritz Habekuss erklären: „Plötzlich ist alles anders als in den vergangenen 12.000 Jahren seit der letzten Eiszeit, dem Zeitalter des Holozäns.“

Auf einmal taucht Plastik auf, dazu Mineralien, die es bis dahin noch nicht gegeben hat. Der sprunghafte Anstieg von Kohlenstoff in der Atmosphäre ist nachweisbar. Außerdem liegen Milliarden Knochen von Hähnchen, Rindern und Schweinen herum, während andere Arten immer seltener werden. Dirk Steffens und Fritz Habekuss ergänzen: „Die Alien-Archäologen stoßen auf die Überreste von Städten, sie messen sie Strahlung von Plutonium-Isotopen aus Atombomben. Sie können zweifelsfrei nachweisen: In der fernen Vergangenheit, die unsere Gegenwart ist, hat sich der Planet Erde schlagartig und grundlegend verändert.“ Quelle: „Über Leben“ von Dirk Steffens und Fritz Habekuss

Von Hans Klumbies