Besonnene Verschuldung kann das Leben besser machen

Nouriel Roubini betont: „Besonnene Verschuldung im Zusammenspiel mit Wirtschaftswachstum kann das Leben besser machen, ohne künftige Generationen zu belasten.“ Es ist in Ordnung, auch in schlechten Zeiten Kredite aufzunehmen, etwa um eine Rezession abzuschwächen, wenn in guten Zeiten ein Haushaltsüberschuss erwirtschaftet wird, um die Schuldenquote zu stabilisieren und abzubauen. In den sieben Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg herrschte ein überwiegend positives Umfeld vor, das die Zusammenarbeit der Industrienationen begünstigte. Robustes Wirtschaftswachstum half diesen Staaten, die im Krieg angehäuften Schulden abzubauen. Doch seit den 1970er-Jahren begannen sich unter dieser friedlichen Oberfläche die Anreize zu verschieben. Die Veränderungen setzten langsam ein, doch sie beschleunigten sich unter dem Banner der Globalisierung. Nouriel Roubini ist einer der gefragtesten Wirtschaftsexperten der Gegenwart. Er leitet Roubini Global Economics, ein Unternehmen für Kapitalmarkt- und Wirtschaftsanalysen.

Die US-Amerikaner haben sehr hohe Kreditkartenschulden

Schwellenländer konkurrieren heute darum, wer am billigsten produzieren kann. Mit der Verlagerung ihrer Produktion ins Ausland wetteifern multinationale Konzerne um eine möglichst große Kostenreduzierung. Nouriel Roubini erklärt: „Sie geben Fertigungsorte in den Industrienationen auf und verlagern Arbeitsplätze in Billiglohnländer. Der zunehmende Wohlstand in Schwellenländern führt Millionen aus der Armut und lässt ihre Konsumerwartungen steigen.“ Um die Nachfrage bedienen zu können, wenden sich expandierende Unternehmen und konkurrierende Länder an den globalen Kreditmarkt.

In den Industrienationen leiden dagegen die Löhne vieler Arbeitgeber unter dem Unterbietungswettbewerb, und die Verschuldung der privaten Haushalte explodiert. Nouriel Roubini stellt fest: „In einst florierenden Regionen sorgen Einkommensverluste für einen Anstieg der Überziehungskredite. Die Bürger der Vereinigten Staaten haben heute in der Summe mehr Kreditkartenschulden als Ersparnisse.“ Die privaten Haushalte sind der Motor der Binnenwirtschaft. Sinkende Haushaltseinkommen bedeuten weniger Steuereinnahmen. Arbeiter, deren Job nur von kurzer Dauer ist und die keine soziale Absicherung haben, werden zerrieben zwischen der schwindenden Kaufkraft und den steigenden Kosten ihrer privaten Krankenkasse.

Ein immer größerer Teil des Konsums wird mit Krediten bezahlt

Die neue Armut verursacht hohe Kosten aufseiten der öffentlichen Hand, während gleichzeitig die zunehmende Ungleichverteilung von Einkommen und Vermögen den politischen und ökonomischen Populismus fördert. Nouriel Roubini erläutert: „Ein immer größerer Teil der Lebensmittel, Miete, Kleidung, Bildung und sonstige Konsumbedürfnisse wird mit Krediten bezahlt.“ Kommunen finanzieren Schulen und Dienstleistungen mit geliehenem Geld.“

Und der Bund verschuldet sich, um nationale Prioritäten wie das Gesundheitswesen oder die Aufrüstung zu bezahlen. Nouriel Roubini weiß: „Auf allen Ebenen steigt die Verschuldung immer weiter, doch das Wachstum reicht nicht aus, um sie wieder abzutragen.“ Damit die privaten Verbraucher weiter konsumieren können, erleichtern ihnen Banken und Aufsichtsbehörden zu Zugang zu Ausbildungskrediten, Kreditkarten, Hypotheken, Baufinanzierung und so weiter. Quelle: „Megathreats“ von Nouriel Roubini

Von Hans Klumbies