Ulrich Schnabel kennt eines der wichtigste Prinzipien des Glücklichseins: „Unser Wohl- oder Unlustgefühl hängt weniger an den äußeren Umständen als an der inneren Bewertung, die wir mit diesen Umständen verknüpfen.“ Schon vor fast zweitausend Jahren formulierte der griechische Philosoph Epiktet diese Erkenntnis: „Es sind nicht die Dinge selbst, die uns beunruhigen, sondern die Vorstellungen und Meinungen von den Dingen.“ Epiktet wählt zur Verdeutlichung gleich das radikalste mögliche Beispiel: den Tod. Selbst der sei „die vorgefasste Meinung von ihm, dass er etwas Schreckliches sei, das Schreckhafte.“ Deshalb empfiehlt Epiktet, sich nicht im vergeblichen Kampf gegen das Unabänderliche zu verausgaben, sondern eher an der eigenen Haltung zu arbeiten. „Bemühe dich daher, jedem unangenehmen Gedanken damit zu begegnen, dass du sagst: Du bist nicht das, was du zu sein scheinst, sondern bloß ein Gedankending.“ Ulrich Schnabel ist seit über 25 Jahren Wissenschaftsredakteur bei der ZEIT.
Die äußeren Umstände lassen sich nur wenig beeinflussen
Epiktet stellte die individuelle Freiheit der Bewertung ins Zentrum seines Denkens. Man solle sich vor allem darum bemühen, die Dinge zu kontrollieren, die „in unserer Macht“ stünden, wie etwa „Bestrebung, Begier und Abneigung“, und sich nicht so sehr um die äußeren Umstände kümmern, die „nicht in unserer Macht sind“ und eben mal so und mal so ausfielen. „Denn begehrst due etwas, was nicht in unserer Macht ist, musst du notwendig das Glück vermissen.
Moderne Studien aus der Hirnforschung und Psychologie belegen, dass es vor allem die eigenen Bewertungen sind, die darüber bestimmen, wie man eine Sache wahrnimmt. Und das Empfinden von Glück hängt weniger an den äußeren Umständen als an unserer inneren Haltung dazu. Als Beispiel wählt Ulrich Schnabel das Allerweltssymptom Stress. Wer sich chronisch gestresst fühlt, ist anfälliger für Krankheiten aller Art und irgendwann von Burn-out bedroht.
Das Leben ist nicht berechenbar
Die entscheidende Betonung liegt dabei allerdings auf dem Wort „fühlen“. Denn was jemand als „Stress“ empfindet, ist höchst subjektiv. Der eine stürzt sich freiwillig beim Bungee-jumping mit Lust in die Tiefe, dem anderen bricht bereits beim Besteigen des Fahrstuhls der kalte Schweiß aus. Daraus folgt: Auch Stress hängt von der individuellen Betrachtung ab. Wer ihm positiv gestimmt begegnet, leitet weit weniger als jene, die ihn nur als Übel betrachten.
Das Leben ist nicht berechenbar und jeder wird immer wieder von unerfreulichen Situationen überrascht und überrumpelt. Auch wenn die Umstände dieselben sein mögen, so spielt es doch eine große Rolle, mit welchen „Vorstellungen und Meinungen“ man auf sie reagiert. Diese Einstellung hat nicht nur einen großen Einfluss auf die jeweilige Stimmung eines Menschen, sondern auch auf konkrete biologische Vorgänge im Körper, wie mittlerweile viele psychologische Studien zeigen. Quelle: „Zuversicht“ von Ulrich Schnabel
Von Hans Klumbies