Der Konsument prägt die Richtung des Kapitalismus

Konsumenten entscheiden auch über die ökologische Verfassung der globalisierten Welt. Vorausgesetzt sie verfügen über ein Mindestmaß an Wohlstand und Wissen, das dafür notwendig ist. Ulf Poschardt stellt fest: „Den wohlhabenden Deutschen fällt dabei eine besondere Vorbildfunktion zu. Im Kapitalismus verändert der Konsument mit seiner Nachfrage ständig und umfassend die Ausrichtung des Kapitalismus.“ Doch die Folgen des Konsums wurden lange verdrängt. Bis sie durch Katastrophen wie das Waldsterben, BSE und nun die Klimakrise schockhaft ins Bewusstsein drängten. Wollen die reichen westlichen Länder eine Vorbildfunktion einnehmen, dann sollten sie Geld vor allem für wertbeständige und energieeffizient produzierte Konsumgüter ausgeben. Auch durch eine Reparaturgesellschaft entstehen neue Arbeitsplätze. Bestes Beispiel: Denkmalschutz und Bauen im Bestand. Seit 2016 ist Ulf Poschardt Chefredakteur der „Welt-Gruppe“ (Die Welt, Welt am Sonntag, Welt TV).

Die Moderne war die erste Schule der Nachhaltigkeit

Das Billige ist in der Regel ökologisch und sozial bedenklich. Nicht nur, dass die Produktion der Gegenstände unter fragwürdigen Bedingungen in der Dritten Welt stattfindet. Sondern es werden dabei auch Ressourcen verschwendet. Am schlimmsten aber: Im Bewusstsein der Menschen ist das Billige tendenziell wertlos. Was keinen Preis hat, hat keinen Wert. Und man entsorgt es dementsprechend schnell. Der Satz „weniger ist mehr“ bleibt in jeder Hinsicht richtig.

Denn er streicht eben auch die Verantwortung jeder Form von Produktion, kultureller wie wertschöpfender Art, heraus. Durch Mies van der Rohe wurde daraus eine Minimalismus-Essenz. Ulf Poschardt erläutert: „Dieses Dogma der klassischen Moderne bedeutet die Reduktion auf das Wesentliche, die Beschränkung auf das Notwendige. Dieses muss dafür aber besonders schön und qualitativ hochwertig sein.“ Und zeitlos: Die Moderne mit ihrem Hass auf das Modische war eine erste Schule der Nachhaltigkeit.

Wegschmeißen und Entsorgen sollten die Ausnahme sein

Ihr Design in Gestalt von Bauhaus und Neuem Stil hat sich mittlerweile bei einem halben Dutzend Generationen durchgesetzt. Es wirkt ähnlich klassisch wie Jugendstil, Biedermeier oder Klassizismus. Und Produkte dieser Zeit erfreuen sich wachsender Wertschätzung. Konsumfreiheit bedeutet – wie jede Freiheit – Verantwortung. Die ökologische Aufklärung beginnt mit dem Ausgang des Konsumenten aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit. Der bessere Konsument weiß mehr, und er ist sein eigener Warentester.

Konsumgüter sollten nach einer Nutzung nicht unbrauchbar sein, sondern weiterverkauft, verschenkt oder vererbt werden können. So wird Wegschmeißen und Entsorgen zur Ausnahme. Auch so entstehen ein Generationenvertrag und eine Verbundenheit mit den Ahnen, die über gemeinsame Werte und Herkunft auch einen ganz materiellen Alltag beschreibt. Ein Teil der Konsumavantgarde, der aus der Linken stammt, tut sich mit dem Luxus aus naheliegendsten Gründen schwer. Sie identifiziert den Luxus als ein Phänomen, das bei aller ökologischer Nachhaltigkeit, soziale Flurschäden fabriziert. Quelle: „Mündig“ von Ulf Poschardt

Von Hans Klumbies