Thomas Nagel fragt nach dem Sinn des Lebens

Manche Menschen hatten schon einmal den Gedanken, dass in Wirklichkeit alles egal ist, da er in zweihundert Jahren sowieso tot ist. Thomas Nagel stellt fest: „Eigentlich eine komische Idee, denn es ist nicht klar, warum aus dem Umstand, dass wir in zweihundert Jahren alle tot sein werden, folgen soll, dass nichts von dem, was wir jetzt tun, wirklich von Bedeutung ist.“ Man denkt hier offenbar, dass sich die Menschen in einer Art Tretmühle befinden. Vor allem dann, wenn sie sich für ihre Ziele abstrampeln und etwas aus ihrem Leben machen wollen. Dies ist jedoch nur dann sinnvoll, wenn die menschlichen Errungenschaften von ewiger Dauer sind. Der amerikanische Philosoph Thomas Nagel lehrt derzeit unter anderem an der University of California, Berkeley und an der Princeton University.

Der Sinn ist im eigenen Leben zu suchen

Das wird jedoch nicht der Fall sein. Selbst dann nicht, wenn man ein großartiges literarisches Werk hervorbringt, das Menschen in tausend Jahren noch lesen. Denn irgendwann erkaltet das Sonnensystem oder das Universum geht aus oder zerplatzt. Dadurch verschwindet jede Spur der Menschheit. Jedenfalls darf die Menschheit nicht einmal auf einen Bruchteil einer derartigen Unsterblichkeit hoffen. Thomas Nagel erklärt: „Wenn etwas von dem, was wir tun, überhaupt einen Sinn haben soll, dann haben wir ihn in unserem eigenen Leben zu suchen.“

Warum gibt es hier überhaupt ein Problem? Menschen können bezüglich der meisten Dinge, die sie tun, erklären, warum sie sinnvoll sind. Sie arbeiten, um Geld zu verdienen und sich und vielleicht ihre Familie zu ernähren. Sie essen, weil sie hungrig sind, schlafen, weil sie müde sind und gehen spazieren. Oder sie rufen einen Freund an, weil sie Lust dazu haben, lesen die Zeitung, um herauszufinden, was auf der Welt passiert. Würde man nichts von alledem tun, wäre man unglücklich. Worin liegt also das Problem?

Die gesamte Sache hat keinen Sinn

Thomas Nagel antwortet: „Es liegt darin, dass es zwar innerhalb des Lebens Rechtfertigungen und Erklärungen für die meisten unserer kleinen und großen Taten gibt, dass jedoch keine dieser Erklärungen den Sinn unseres Lebens als Ganzes angibt.“ Denn von dem Ganzen sind diese Aktivitäten, diese Erfolge und Fehlschläge, Bemühungen und Enttäuschungen nur Teile. Wenn man über die ganze Sache nachdenkt, so scheint sie überhaupt keinen Sinn zu haben.

Von außen betrachtet wäre es ganz egal, wenn es die Menschheit überhaupt nicht gegeben hätte. Und wenn es sie einmal nicht mehr gibt, so wird es egal sein, dass es sie gegeben hat. Natürlich ist die Existenz eines Einzelnen seinen Eltern und anderen Leuten, denen er etwas bedeutet, nicht egal. Das gibt diesem Leben vielleicht das Gefühl, sinnvoll zu sein. Wenn jemand existiert, hat er gewisse Bedürfnisse und Anliegen, aufgrund deren ihm bestimmte Dinge und Personen in seinem Leben nicht egal sind. Doch die gesamte Sache hat keinen Sinn. Quelle: „Was bedeutet das alles?“ von Thomas Nagel

Von Hans Klumbies