Die Demokratie braucht guten Journalismus

Eine Demokratie funktioniert nur, wenn sie von einer Berichterstattung begleitet wird, welche die Wahrheit ans Licht bringt und die Sachverhalte in ihrer Komplexität darstellt. Das ist bei Weitem schwieriger als News-Reporting. Rolf Dobelli erläutert: „Was wir brauchen, sind zwei Arten des Journalismus. Zum einen investigativen Journalismus, der Fakten und Missstände aufdeckt. Zum anderen einen Journalismus, der das größere Bild beschreibt. Hintergründe und Erklärungen liefert, nennen wir es Erklärungspublizistik.“ Beide Arten von Journalismus sind schwierig. Beide sind teuer. Sie verlangen Meisterschaft auf Seiten der Produzenten und Konzentration aufseiten der Konsumenten. Und beide funktionieren schlecht im Format der News. Der Bestsellerautor Rolf Dobelli ist durch seine Sachbücher „Die Kunst des klaren Denkens“ und „Die Kunst des klugen Handelns“ weltweit bekannt geworden.

„Watergate“ prägte den investigativen Journalismus

Das historisch berühmteste Beispiel für investigativen Journalismus ist „Watergate“ – der Skandal des Amtsmissbrauchs, der Präsident Richard Nixon den Kopf kostete. Derart spektakulär sind natürlich die wenigsten investigativen Recherchen, und kaum je solche auf lokaler Ebene. Das macht aber nichts, denn sie sind dennoch wichtig. Rolf Dobelli erklärt: „Keine Frage, wir brauchen Menschen, die den Mächtigen auf die Finger schauen – global, regional und lokal. Leider haben nur die wenigsten Journalisten das Zeug dazu.“

Im Gegensatz zu News-Journalisten müssen investigative Journalisten viel Zeit, manchmal Wochen und Monate, für einen einzigen Beitrag investieren. Also genau das Gegenteil der News-Publizistik, wo in den meisten Fällen „Copy and Paste“ genügt. Investigative Journalisten müssen das Themengebiet so gut kennen wie die Machthaber, über die sie schreiben. Im Gegensatz zu den News-Journalisten müssen sie den komfortablen Arbeitsplatz verlassen und den Schritt in die raue Welt wagen.

Der Journalismus ist die vierte Macht im Staat

Der investigative Journalist gibt sich nicht zufrieden mit der ersten Story, die sich zur Publikation eignet. Sie oder er gräbt tiefer, macht sich die Hände schmutzig, versucht zu ergründen und zu überprüfen. Denn ob die Enthüllung einen Tag, eine Woche oder einen Monat früher oder später ans Licht kommt, ist selten wichtig. Wichtig ist, dass sauber, tief und komplett recherchiert wurde. Ja, Watergate war investigativer Journalismus, der in einer Tageszeitung, der Washington Post, publiziert wurde.

Aber die Artikel waren lang – zwischen 9.000 und 16.000 Anschläge – was einer prall gefüllten Seite der Frankfurter Allgmeinen Zeitung ohne Bilder entspricht. Das ist ein krasser Gegensatz zum Kurzfutter der News. Genauso gut hätten Bob Woodward und Carl Bernstein ihre Recherchen natürlich in einem langen Artikel in einem Magazin veröffentlichen können. Wer sich von News fernhält, behindert laut Rolf Dobelli in keiner Weise die vierte Macht im Staat. Im Gegenteil: Er unterstützt investigativen Journalismus, der wirklich glaubwürdig ist. Quelle: „Die Kunst des digitalen Lebens“ von Rolf Dobelli

Von Hans Klumbies