Intelligenz kann man trainieren

Jakob Pietschnig entführt seine Leser im Buch „Intelligenz“ auf einen wissenschaftlich fundierten Rundgang durch das Kabinett der Intelligenz-Mythen. Diese Lehrstunde wirkt beruhigend. Denn Intelligenz kann man trainieren. Und ein Intelligenztest ist die Grundlage für die richtige Förderung von Kindesbeinen an und hilft bei wichtigen Entscheidungen. Und der Wissenschaftler weiß noch mehr. Etwa: Wie man seine Denkleistung steigern kann. Warum die „emotionale Intelligenz“ keine Form der Intelligenz ist und warum „Lernen im Schlaf“ ein Unsinn ist. Zudem gilt: Nicht jeder, der aus dem Rahmen fällt, muss hochbegabt sein. Man soll sich die Intelligenz wie einen Zehnkampf des Gehirns vorstellen. Dabei will jede Disziplin separat trainiert werden. Sachlich betrachtet hält Jakob Pietschnig gleich vorweg fest, dass IQ-Testleistungen schlecht für Wettbewerbe taugen. Jakob Pietschnig lehrt Differentielle Psychologie und Psychologische Diagnostik an der Universität Wien.

Geistige Fähigkeiten wirken unsichtbar

Zunächst bleibt festzuhalten, dass Intelligenz ein Prozess ist, der grundsätzlich im Gehirn stattfindet. Durch die gemeinsame Schnittmenge von Begabung, Klugheit und Weisheit kommt man der Einordnung von Intelligenz näher. Eine formale Definition gelingt jedoch damit auch nicht. Der amerikanische Experimentalpsychologe Edwin Boring (1886 – 1968) hielt kurzerhand fest: Intelligenz ist das, was Intelligenztests messen. Intelligenztests zielen nämlich auf die Erfassung unterschiedlicher kognitiver Fähigkeiten ab – je nachdem welche Domäne der Intelligenz man erfassen will.

Die große Herausforderung bei der Messung der geistigen Fähigkeiten besteht darin, dass diese unsichtbar im Inneren eines Menschen wirken. Für die Erfassung von Intelligenz braucht es mehr als ein einzelnes Ereignis. Ideal wäre eine Auswahl von vielen verschiedenen Verhaltensweisen von einer und derselben Person, um ihren Grad an Intelligenz feststellen zu können. Das ist natürlich aufwendig und in den allermeisten Fällen praktisch unmöglich.

Entwicklungstests sind abwechslungsreich und spannend

Entwicklungstests unterscheiden sich in einigen Punkten von Intelligenztests. Unter anderem erfassen sie neben Aspekten der psychischen Entwicklungen auch solche der physischen. In der Regel sind die zu erfüllenden Aufgaben abwechslungsreich, wenn nicht sogar spannend. Jakob Pietschnig erklärt: „Andernfalls könnte man Kleinkinder wohl auch nicht zum Mitmachen motivieren.“ Dabei sollte immer ein besonderer Grund für den Test vorliegen. Zudem sollten Eltern einen Test bei ihren Kindern keinesfalls selbst durchführen.

Wenn man gewisse Aufgaben wieder und wieder übt, dann werden zumeist mindestens Teile davon automatisiert. Die Möglichkeit, geistige Prozesse zu automatisieren, ist bei gesunden Menschen bis ins hohe Alter vorhanden. Von dieser Form des Intelligenztrainings kann man demnach in jedem Alter profitieren. Natürlich ist es so, dass die Kindheit und die Jugend ausschlaggebend für die Intelligenzentwicklung sind. Physische, soziale und Trainingsfaktoren entfalten da ihre größte und stabilste Wirkung.

Wie klug sind wir wirklich?
Jakob Pietschnig
Verlag: Ecowin
Gebundene Ausgabe: 212 Seiten, Auflage: 2021
ISBN: 978-3-7110-0260-0, 24,00 Euro

Von Hans Klumbies