Die Regierung des Geldes verhindert blutige Gewalt

Norbert Bolz vertritt folgende These: „Geld entlastet die Gesellschaft von Menschlichkeiten wie Hass und Gewalt.“ Man kann leicht zeigen, dass sich Zivilität und Urbanität der Kultur der Geldwirtschaft verdanken. Wo Geld die Welt regiert, bleibt Menschen der Terror von nackter Faust und guter Gesinnung erspart. So könnte ein Wirtschaftsliberaler mit guten Gründen argumentieren, dass das weltweite Netzwerk der vielgescholtenen multinationalen Konzerne mehr für den Weltfrieden tun als die Vereinten Nationen. Wo Geld die Welt regiert, herrschen eben nicht: fanatische Ideologie und blutige Gewalt. Die monetarisierte Habsucht zähmt die anderen Leidenschaften. Auf die Liebe zum Geld ist Verlass – hier entfaltet sich ein ruhiges Begehren nach Reichtum. Univ.-Prof. Dr. Norbert Bolz lehrte bis zu seiner Emeritierung als Professor für Medienwissenschaft an der Technischen Universität Berlin.

Geld ist eine Macht ohne Eigenschaften

Das autonome Kreisen des Geldes entlastet Menschen in verschiedenster Weise. Es funktioniert wie ein Medium. Norbert Bolz erklärt: „Man könnte auch sagen: Geld ist eine Macht ohne Eigenschaften. Und nur weil unsere Wirtschaft von einer eigenschaftslosen Macht geprägt wird, kann sie sich als offenes System entwickeln.“ Geld definiert die ökonomischen Rahmenbedingungen des Lebens vor allem durch Ausschließungen, und diese Ausschließungen wirken entlastend. Geld heißt eben: nicht Gewalt.

Menschen prügeln sich nicht um die letzten freien Plätze an der Sonne, sondern manche zahlen, andere können oder wollen eben nicht zahlen. Norbert Bolz ergänzt: „Und dieser Code Zahlen/Nichtzahlen heißt eben auch: nicht Moral. Nicht der bekommt ein Häuschen im Grünen, der es „verdient“ hat, sondern der, der zahlen kann.“ Und jeder wird zugeben müssen: Das ist gut so. Gerade die Unpersönlichkeit und Neutralität des Geldes entlastet das Leben. Der Umgang mit Geld ist die beste Schule für den Umgang mit knappen Ressourcen.

Die Produktion von Überfluss erzeugt eine Knappheit der Nachfrage

Dass es so etwas wie eine Gesellschaft überhaupt geben kann, setzt voraus, dass sich die Menschen über den Zugriff auf das, was knapp ist, verständigen. Norbert Bolz fügt hinzu: „Zugleich stabilisiert sich das Gesellschaftssystem immer wieder über die Erwartung von Knappheiten. Wir können immer davon ausgehen, dass das, was zählt, nicht im Überfluss vorhanden ist. Nun lehrt uns Bürger der westlichen Welt schon der Augenschein, dass das, was knapp ist, zugleich im Überfluss vorhanden ist: etwa Bentleys in Wolfsburg – nur nicht für mich.“

Wohnungen sind extrem knapp, und doch werden Tausende in den Immobilienanzeigen angeboten. Norbert Bolz weiß: „Umgekehrt erzeugt die Produktion von Überfluss Knappheit – knapp nämlich wird dann die Nachfrage. Seit Jahrzehnten bezahlt man EU-Bauern dafür, Felder brachliegen zu lassen.“ Der Grundgedanke ist also sehr einfach: Auch das, was im Überfluss vorhanden scheint, wird knapp, wenn ein anderer darauf zugreift. Durch den Zugriff des anderen, der zahlt, wird für einen Menschen erst erkennbar, dass es sich hier um eine Ressource handelt. Quelle: „Wo Geld fließt, fließt kein Blut“ von Norbert Bolz in „Der Geist im Gebirge“ von Konrad Paul Liessmann (Hg.)

Von Hans Klumbies

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