Das Radio profitiert von der digitalen Entwicklung

Als durch das Internet plötzlich jeder sein eigenes Radioprogramm machen konnte, dachten viele Medienexperten, das Ende des Radios wäre gekommen. Doch sie haben sich geirrt – das Radio ist nach wie vor beliebt. Heute hören immer noch 58 Millionen Bürger in Deutschland täglich Radio, im Schnitt vier Stunden lang. Aus der aktuellen Media-Analyse Radio geht hervor, dass die Zahl der Radiohörer vom Jahr 2000 bis heute nur leicht zurückgegangen ist – von 79 auf 76,3 Prozent. Seit drei Jahren hören die Menschen sogar wieder länger Radio als in den Jahren davor.

Immer mehr Hörer nutzen Podcast und Audio-on-demand

Dietmar Timm, der beim Deutschlandradio das neue Programm „DRadio Wissen“ leitet, teilt die Radiohörer in Gruppen ein: „Wir haben eine Zwei-Klassen-Kundschaft.“ Damit will er ausdrücken, dass es auf der einen Seite Menschen gibt, die Radio hören, wie man es immer hörte und auf der anderen Seite vor allem Jugendliche, die das Medium zeitversetzt und digitale Standards nutzt, die das Internet und die neuen Endgeräte hervorgebracht haben. Die Gruppe, die sich ihr Programm selbst zusammenstellt, wächst stetig.

Dietmar Timm kann diese Tendenz bestätigen: „Das Deutschlandradio hatte 2009 einen Riesenabsatz an Audio-Dateien. Es gab 50 Millionen Abrufe per Podcast oder Audio-on-demand. Ein anderes erfolgreiches Beispiel ist der Hörspiel-Pool des Bayerischen Rundfunks, der mehr als 100.000 Downloads pro Monat verzeichnet. Bei Audio-on-demand lädt der Hörer ganz gezielt eine bestimmte Sendung herunter, eine Art Download-Abonnement ist das beliebte Podcast.

Die Mehrheit der Radiohörer gehört aber immer noch zu der Gruppe, die nur lineare Programme nutzen – entweder über UKW oder als Livestream im Internet. Die Konkurrenz der eigenen Programmchefs fürchtet Dietmar Timm nicht, da sie in den seltensten Fällen über ihren eigenen Tellerrand hinausblicken. Das klassische Radio dagegen kann seine Hörer positiv überraschen und das Interesse des Publikums auf ein Sachgebiet richten, von dem die Menschen gar nicht wussten, wie interessant dies sein könnte.

Das Erlösmodell des Radios ist intakt

Dieter K. Müller, Direktor der Abteilung Forschung und Service bei der ARD-Werbetochter Sales & Services weiß es genauer: „Ungefähr vier Prozent der Bevölkerung nutzen täglich Webradios, zum größten Teil greifen sie auf die herkömmlichen Programmmarken zu.“ Laut Dietmar Timm sind die neuen technischen Entwicklungen wie für das Radio gemacht. Auch Andreas Fuhlisch, Geschäftsführer des größten privaten Radio-Werbevermarkters RMS ist von einer glänzenden Zukunft des Radios überzeugt. Das Radio sei ein elektronisches Medium, das sehr gut neue Techniken nutzen kann. Es profitiere von der digitalen Entwicklung, indem es sich breiter aufstellt.

Während es für das Radio im Internet bislang kein brauchbares Einnahmenkonzept gibt, ist das Erlösmodell des klassischen Radios intakt. Andreas Fuhlisch sagt: „Im Verhältnis zu anderen Medienarten ist die wirtschaftliche Lage im Hörfunk stabil.“ Der Werbeumsatz des Hörfunks stieg sogar im vergangenen Jahr um 1,6 Prozent auf 1,31 Milliarden Euro. Das Radio hat die Digitalisierung inzwischen als Chance für eine goldene Zukunft begriffen, auch wenn sich die Hörgewohnheiten nur langsam ändern.

Von Hans Klumbies