Das Wort Freund wird von Menschen im Alltag oft missbraucht

Im Leben eines Menschen gibt es immer wieder Phasen, in denen er sich die Frage stellen sollte, mit welcher Art von Freunden er sich umgibt. Ist man zu einem gewissen Zeitpunkt besonders erfolgreich, wir die Liste derjenigen Personen, die sich stolz auf die gemeinsame Freundschaft berufen, immer länger. Wenn es einem Menschen allerdings schlecht geht, zum Beispiel nach einem Jobverlust oder einer Scheidung, nimmt die Zahl der Freunde meist rapide ab. Das sind dann die Augenblicke der bösen Enttäuschungen. Andreas Salcher rät die Gründe für den Verlust einer Freundschaft zuallererst bei sich selbst zu suchen. Denn es könnte ja sein, dass man von Anfang an eine Bekanntschaft mit einer Freundschaft verwechselt hat. Dr. Andreas Salcher ist Mitbegründer der Sir-Karl-Popper-Schule und initiierte die Waldzell Meetings im Stift Melk. Er ist einer der erfolgreichsten Sachbuchautoren Österreichs. Sein aktuelles Buch heißt: „Erkenne dich selbst und erschrick nicht.“

Niemand will mit einem Supermarkt oder einer Bank befreundet sein

Andreas Salcher gibt zwar zu, dass es einige Mühe kostet, um genau zu definieren, welche Qualität ein Mensch von einer Freundschaft erwartet. Aber der Aufwand lohnt sich. Denn die gewonnene Klarheit einen davor bewahren, zuzulassen, dass ein anderer von einer gemeinsamen Freundschaft spricht, den man kaum kennt. Sobald jemand tiefer in das Verständnis von freundschaftlichen Beziehungen eintaucht, wird sich eingestehen müssen, dass er das Wort Freund auch schon einmal für jemanden missbraucht hat, für den man mehr als freundschaftliche Gefühle gehegt hat, in der Hoffnung, dass eines Tages Liebe daraus werden könnte.

Der Ursprung eines solchen Dilemmas liegt im Missbrauch des Wortes Freund. Andreas Salcher erläutert: „Wer sich dazu verführen lässt, täglich seine „Friends“ auf Facebook zu zählen, wird im Ernstfall sehr allein sein und jenen beneiden, der es in seinem ganzen Leben nur auf drei echte Freunde gebracht hat, die ihm aber beistehen, falls er sie wirklich braucht.“ Geradezu absurd wird es für Andreas Salcher, wenn Marken zu den besten Freunden eines Menschen zählen möchten, denn niemand will mit einem Supermarkt oder einer Bank befreundet sein.

Freunde sind einzigartig und nicht austauschbar

Andreas Salcher vertritt die Meinung, dass der Begriff Freund den Menschen etwas Heiliges sein sollte. Freude zu haben, ist nicht mehr und nicht weniger als ein zweites Dasein. Um herauszufinden, wer die Freunde sind, die diesen Namen auch verdienen, rät Andreas Salcher einen runden Geburtstag oder ein anderes bedeutendes Fest im Kreise seiner besten zwölf Freunde zu feiern. Wer dies ausprobiert, wird feststellen, dass die Auswahl der Gäste wesentlich schwerer fällt, als auf den ersten Blick angenommen.

Jeder Mensch sollte sich auch einmal die Frage stellen, ob er erst nach genauer Prüfung durch den Verstand und nicht nach spontaner Sympathie und gemeinsamen Interessen einen Menschen zu seinem Freund ernannt hat. Denn Freunde sind einzigartig und nicht austauschbar. Die meisten Freunde lernt man allerdings durch Zufall kennen. Das kann gut ausgehen, es kann aber auch passieren, dass man für die Nachlässigkeit bei der Wahl seiner Freunde einen hohen Preis dafür bezahlt, ohne sich dessen bewusst zu sein.

Von Hans Klumbies

 

 

 

 

 

 

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