Begonnen hat der Regisseur William Friedkin, der mit dem Action-Thriller „French Connection – Brennpunkt Brooklyn“ und dem Horror-Schocker „Der Exorzist“ weltberühmt wurde, seine Karriere bei einem Fernsehsender, bei dem er Regie bei diversen Live-Sendungen führte. Damals in den fünfziger Jahren war das Fernsehen für William Friedkin noch ein faszinierendes Medium, das Kino dagegen nur ein Mittel zur Zerstreuung. Doch dann hatte er ein einschneidendes Erlebnis. William Friedkin erzählt: „Bis ich eines Tages „Citizen Kane“ sah. Erst durch diesen Film nahm ich das Kino als Kunstform wahr. Und ich dachte: So etwas möchte ich auch machen! Dieser Wunsch treibt mich übrigens bis heute an: eines Tages einen Film zu drehen, den man in einem Atemzug mit „Citizen Kane“ nennen darf.“
Sponataneität ist William Friedkin wichtiger als Perfektionismus
Die Hollywood-Filme von William Friedkin wirken oft so, als orientierten sie sich stark am wirklichen Leben, was wohl damit zusammenhängt, dass der Regisseur seine Karriere als Dokumentarfilmer begann. Gelackter Perfektionismus interessiert ihn nicht. Er erklärt: „Ich möchte, dass alles so wirkt, als würde es in diesem Moment tatsächlich passieren, als würde ein Dokumentarist zufällig gerade die Kamera draufhalten.“ Deswegen hält William Friedkin auch nichts von Proben, da seiner Meinung nach dabei jegliche Frische verloren geht.
Diese Aussage von William Friedkin darf man allerdings nicht falsch verstehen. Er kommt keinesfalls unvorbereitet zum Filmset. Sämtliche Szenen tüftelt er mit seinem Team minutiös aus. Doch Spontaneität ist ihm stets wichtiger als Perfektion. William Friedkin nennt ein Beispiel: „Die U-Bahn-Szenen in „Brennpunkt Brooklyn“ haben wir zum Beispiel wie eine Guerilla-Truppe gedreht, ohne Genehmigung, ohne Komparsen, ohne künstliches Licht.“
Willaim Friedkin fasziniert die dünne Trennungslinie zwischen Gut und Böse
Typisch für die Filme von William Friedkin sind zwiespältige Charaktere. In seiner Welt gibt es keine klassischen Helden und keine Schwarzweißmalerei. Denn er weiß aus eigener Erfahrung wie vielschichtig die Menschen sind. Die dünne Trennungslinie zwischen Gut und Böse hat ihn schon immer fasziniert. William Friedkin erläutert: „Sie verläuft mitten durch jeden von uns. Auch ich ertappe mich oft dabei, dass ich entsetzlich finstere Gedanken habe. Bisweilen gewinnen sie sogar die Oberhand.“
Persönliche Erfahrungen sind wahrscheinlich ein Grund dafür, dass es in seinen Filmen immer wieder heftige Gewaltausbrüche gibt. Viel lieber würde er allerdings Musicals wie „Singin` in the Rain“ oder „Ein Amerikaner in Paris“ drehen, denn solche Filme sieht er sich privat am liebsten an. Doch leider sind die Künstler, die man dafür bräuchte, seiner Meinung nach ausgestorben. Inzwischen hat sich William Friedkin damit arrangiert, dass Filme wie „Killer Joe“ eher seiner Persönlichkeit entsprechen. Er sagt: „Killer Joe, c`est moi!“
Kurzbiographie: William Friedkin
William Friedkin wird am 29. August 1939 in Chicago geboren. Er beginnt seine Karriere als Regisseur beim lokalen Fernsehsender WGNTV, wo er acht Jahre lang bei bis zu acht Live-Sendungen täglich Regie führt. Für seinen ersten Dokumentarfilm „The People vs. Paul Crump“ wird er im Jahr 1962 mit dem Hauptpreis des San Francisco Film Festivals ausgezeichnet.
Sein fünfter Spielfilm, der Action-Thriller „French Connection – Brennpunkt Brooklyn“ gewinnt 1972 fünf Oscar, unter anderem den für den besten Film und die beste Regie. William Friedkin ist der jüngste Regisseur, der je einen Oscar gewann. Ein Jahr später wird sein Horror-Schocker „Der Exorzist“ mit dem Golden Globe ausgezeichnet. Als erster Film in der Kinogeschichte spielt er mehr als 100 Millionen Dollar ein. Für seine schwarze Krimikomödie „Killer Joe“ erhält er seine erste Einladung zum Wettbewerb der Filmfestspiele in Venedig.
Von Hans Klumbies