Eine schöne Umgebung färbt auf den Menschen ab

Was ein Mensch schön findet, färbt auf ihn selbst ab. Er fühlt sich bejahenswerter in einer schönen Umgebung als in einer unschönen. Gegen diese müsste er anleben, wofür er Energie aufzuwenden hätte, statt welche aufnehmen zu können. Eine Landschaft steht ihm nicht nur vor Augen, sondern schlüpft gleichsam in ihn hinein. Wilhelm Schmid erklärt: „Vermutlich vermittelt von Spiegelneuronen des Gehirns, nehmen Gefühle und Gedanken das Gleichmaß dessen an, was aus subjektiver Sicht objektiv zu sehen ist. Eine schöne Landschaft, die einen Menschen mit ihrer Stimmigkeit umfängt, kann daher ein apollinisches Leben inspirieren.“ Die schöne Landschaft beruhigt zudem den Einzelnen: „Du musst dein Leben nicht ändern.“ Denn es genügt sie zu betrachten, um von ihr verändern zu lassen. Wilhelm Schmid lebt als freier Philosoph in Berlin.

Die Schönheit einer Landschaft formt sich in den Augen ihrer Betrachter

So kann sich die Wahrnehmung des Schönen zu einer indirekten Selbstgestaltung entwickeln. Das Zusammenstimmen der einzelnen Elemente im Ensemble der Landschaft inspiriert ein neues Zusammenstimmen auch im Ich. Die ordnende Kraft, die man im Äußeren vermutet, entfaltet im Inneren des Menschen seine Wirksamkeit und ermöglicht ihm ein bejahenswertes Leben. Er schöpft daraus neue Energie und spürt erstmals oder endlich wieder Sinn in sich, der das Leben lebenswert macht.

Aus guten Gründen vertrat Albert Camus die Auffassung, dass ein Mensch „allein durch die eingehende Betrachtung einer Landschaft von seiner Zerrissenheit geheilt wird“. Die Schönheit der Landschaft formt sich aber nicht nur in den Augen ihrer Betrachter. Man kann sie auch dafür modellieren, um Heimatgefühle hervorzurufen. In der fortschreitenden Moderne gewinnt das Metier der Landschaftsgestaltung in dem Maße an Bedeutung, in dem die Landschaftszerstörung durch menschliche Eingriffe um sich greift.

Eine Landschaft soll nicht in zusammenhangslose Fragmente zerfallen

Bei der Gestaltung kommt es zusehends darauf an, auf das objektiv ökologische Zusammenstimmen der Komponenten zu achten. Denn die Landschaft soll nicht weiter in zusammenhangslose Fragmente zerfallen. Die inszenierte Landschaft setzt dabei vorzugsweise eine Grundkonstellation in Szene. Nämlich Bäume oder Büsche am Wasser, eingefasst in Gestein. Die Betrachter wissen von der aufwändigen Gestaltung womöglich nichts, nehmen das fertige Kunstwerk der Landschaft aber gerne in Anspruch.

Wilhelm Schmid betont: „Schön ist die Landschaft in den Augen des Menschen, wenn er sich in ihr geborgen fühlt.“ Mehr als für die Momentheimat eines Zufallsortes gilt das für die Dauerheimat. Diese hat ein Mensch von klein auf vorgefunden und ist in ihr aufgewachsen. Diese Herkunftsheimat im räumlichen und zeitlichen, sozialen und kulturellen Sinne ist ihm vollkommen vertraut. Mit fragloser Selbstverständlichkeit gehört er ihr zu und sie ist in seinen Augen schön, egal, wie es dort aussieht. Quelle: „Heimat finden“ von Wilhelm Schmid

Von Hans Klumbies