Zwei amerikanische Wissenschaftler haben ausgerechnet, wie viel es weltweit kosten würde, wenn sich die Menschheit von Öl, Gas und Kohle abwenden und die Energieversorgung bis 2030 auf erneuerbare Quellen umstellen würde. Professor Mark Jacobson von der Universität Stanford und sein Kollege Mark DeLucchi nennen in ihrer Studie eine Summe von 100 Billionen Dollar. Das hört sich nach sehr viel Geld an, ist aber für die Wissenschaftler relativ wenig. Zuerst wollten Mark Jacobson und Mark DeLucchi herausfinden, ob sich Amerika innerhalb von zehn Jahren komplett auf treibhausgasfreien Strom umstellen kann.
1,9 Milliarden Photovoltaikanlagen müssen gebaut werden
Doch dann stellten sich die Forscher einer noch größeren Aufgabe. Mark Jacobsen, ein Experte für Computersimulationen, beschreibt sie so: „Wir wollten herausfinden, wie sich der Energiebedarf bis zum Jahr 2030 komplett umstellen und sich der fossile Energieverbrauch stoppen ließe.“ In ihrer Studie kommen die Wissenschaftler zu dem Ergebnis, dass die Regierungen der Welt ein gewaltiges Infrastrukturprogramm einleiten müssten.
In den nächsten 20 Jahren müssten unter anderem 1,9 Milliarden Photovoltaikanlagen, vier Millionen Windturbinen und 90.000 solarthermische Kraftwerke gebaut werden. Daneben gilt es, intelligente Stromnetze zu entwickeln, die die ganze Welt untereinander verbinden. Die Warnungen der Energiewirtschaft vor Stromengpässen weisen die beiden Professoren als völlig unbegründet zurück. Die Energiewende werde nicht nur viele Billionen kosten, sondern auch viele Billionen einsparen. Davon sind Mark Jacobson und Mark DeLucchi fest überzeugt.
Die Menschheit verbraucht zehn Millionen Tonnen Erdöl pro Tag
Die Professoren behaupten, dass wegen der höheren Effizienz der erneuerbaren Energien der weltweite Energiebedarf um rund 30 Prozent zurückgehen würde. Auf diese Weise könnte die Menschheit auf etwa 13.000 Kohlekraftwerke verzichten, die sie ansonsten bauen müsste, um den steigenden Energiebedarf zu decken. Schon heute werden weltweit zehn Millionen Tonnen Erdöl, 13 Millionen Tonnen Steinkohle und acht Milliarden Kubikmeter Erdgas pro Tag verbraucht. Die Kosten für fossile Brennmaterialien lagen im Jahr 2008 zwischen einer halben und einer dreiviertel Billion Dollar.
Für den Leiter des Energieforschungszentrums an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule in Aachen, Rick de Donker steht fest: „Alle wissen, dass es so mit der Energieversorgung nicht weiter gehen kann.“ Technisch wäre es überhaupt kein Problem, ein Vielfaches des heutigen weltweiten Bedarfs an Strom ohne Emissionen herzustellen. Die Sonne, der Wind, die Kraft des Wassers und die Wärme der Erde könnten schon heute 200 mal mehr Strom liefern, als die Menschheit momentan verbraucht.
Die US-Forscher relativieren die hohen Kosten einer ökologischen Energiewende: „Die Investitionen scheinen nur auf den ersten Blick astronomisch.“ Die Menschen haben schon ähnlich schwierige Situationen gemeistert. Als Beispiel nennen die Wissenschaftler den Bau der amerikanischen Autobahnen. Der Startschuss für die Highways fiel erst 1956. 35 Jahre später bestand das Autobahnnetz aus 76.000 Kilometern. Mark Jacobson gibt allerdings zu: „Natürlich wäre die Umsetzung unseres Plans sehr ehrgeizig. Und er würde vielleicht mehr Entschlossenheit erfordern, als die Menschheit derzeit aufbringen mag. Aber er wäre möglich.“
Von Hans Klumbies