Rotraud A.Perner ruft die Menschen zur Zivilcourage auf

Rotraud A. Perner begibt sich in ihrem aktuellen Buch „Die reuelose Gesellschaft“ auf die Suche nach dem verlorenen Mut zur Verantwortung in einem Gemeinwesen, in dem nur noch Korruption, Betrug und Gewalt, rücksichtsloser Karrierismus und grenzenlose Gier als scheinbar unabänderlich angesehen werden. In ihrer psychotherapeutischen Berufstätigkeit hat Rotraud A. Perner die Erfahrung gemacht, dass die Lüge viele Menschen krank macht und die Wahrheit sie heilt. Die Autorin definiert die Lüge wie folgt: „Zur Lüge zähle ich aber nicht nur die vielfältigen Täuschungsversuche von anderen, sondern vor allem das Sich-selbst-Belügen.“ Und je schnelllebiger die Menschen versuchen, immer mehr in ihren Lebensalltag hineinpacken, desto weniger bleibt ihnen Zeit zur Besinnung dessen, was sie tun oder unterlassen. Rotraud A. Perner ist Juristin, Psychotherapeutin, Psychoanalytikerin und absolvierte postgraduale Studien in Soziologie und evangelischer Theologie. Sie lehrt an der Donau-Universität Krems.

Die meisten Menschen wünschen sich Vorbilder und Anleitungen

Die meisten Menschen denken auch selten darüber nach, wem die steigende Beschleunigung in ihrem Leben nutzt, wer daraus Vorteile für sich daraus zieht und womöglich noch viel Geld damit verdient. Rotraud A. Perner erklärt: „All jene, die nicht wollen, dass wir nachdenken.“ Denn würden die Menschen nachdenken und nachfühlen, würde sich vielleicht ihr Ethiksinn melden und nach Zivilcourage verlangen. Zivilcourage besteht für Rotraud A. Perner vor allem darin, sein Denken und Fühlen offenzulegen, was sich bereits in der Wortwahl zeigt.

Rotraud A. Perner will mit ihrem Buch „Die reuelose Gesellschaft“ auch zum Nachdenken anregen und Mut machen, sich die Zeit zu nehmen, um darüber zu reflektieren, ob das, was man zu tun gedenkt, stimmig ist, das heißt zur Situation passt, zur eigenen Ethik und zur Förderung der Gesundheit aller Beteiligten. Die Autorin weiß aus vielen Vorträgen und Interviews, wie sehr sich die Menschen Vorbilder und Anleitungen wünschen. Deshalb warnt sie auch vor den laufenden Bildern in Film und Fernsehen, die sehr leicht als Modell angesehen und nachgeahmt werden können.

Seelische Schmerzen dürfen nicht verdrängt und unterdrückt werden

Die Autorin rät, immer wieder einmal innezuhalten und in sich hineinzuhören, was mit der Achtsamkeit auf die aktuelle Körperempfindung beginnt. Das heißt, was spürt man wo im Körper? Rotraud A. Perner fügt hinzu: „Dann achtet man darauf, was sich gleichzeitig im Herzbereich vernehmen lässt und welches Gefühl man dieser Empfindung zuordnen würde.“ Danach kann man darüber nachdenken, zu welchen früheren Gegebenheiten das auch gepasst hat und was man damals am liebsten getan hätte, und warum beziehungsweise warum nicht.

Die letzte Seite ihres Buchs widmet Rotraud A. Perner der Frage, wie man seelische Schmerzen am besten ertragen kann. Zuviel Energie verliert ein Betroffener, wenn er sich anstrengt, das, was wehtut, von sich fernzuhalten, zu unterdrücken, sich zuzumachen. Es gibt einen erfolgversprechenderen Weg: Zuerst muss man herausfinden, an welcher Stelle des Körpers der Schmerz die Qualen verursacht. Und genau dorthin sollte man laut Rotraud A. Perner gedanklich seine Atemströme lenken und sich vorstellen, dass beim Ausatmen das mit hinausgetragen wird, was einen zumüllt.

Die reuelose Gesellschaft

Rotraud A. Perner

Verlag: Residenz

Gebundene Ausgabe: 254 Seiten, Auflage: 2013

ISBN: 978-3-7017-3317-6, 23,50 Euro

Von Hans Klumbies