Die Deutschen sind „Sparweltmeister“

Viele Menschen in Deutschland haben nicht nur sehr viel Vermögen angehäuft. Sie gehören auch zu denen, die Woche für Woche, Monat für Monat weltweit mit am meisten ihres Einkommens sparen. Somit bauen sie weiter zusätzliches Vermögen auf. Marcel Fratzscher weiß: „In normalen Jahren sparen alle Privatpersonen zusammen knapp zwölf Prozent ihres Einkommens. Wenn man für Abgaben und Renten korrigiert, sind dies sogar 18 Prozent.“ Damit bezeichnet man die Deutschen nicht selten als „Sparweltmeister“. Auch wenn es unter den reichen Ländern der Welt noch die Schweiz und ein paar kleine Länder gibt, die noch höhere private Sparquoten haben. Erstaunlich ist auch die Reaktion der Menschen auf die Pandemie in den ersten beiden Jahren 2020 und 2021. Marcel Fratzscher ist Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) und Professor für Makroökonomie an der Humboldt-Universität zu Berlin.

Fast sieben Millionen Deutsche waren zeitweise in Kurzarbeit

Zwar stieg die Arbeitslosigkeit in Deutschland nicht so stark wie in den meisten anderen Industrieländern. Aber auch hierzulande sind die Einkommen der Menschen gefallen, in vielen Fällen sogar substanziell. Mehr als eine Million Menschen haben zumindest temporär ihre Arbeit verloren. Und fast sieben Millionen Menschen waren zumindest zeitweise in Kurzarbeit und mussten dadurch Einbußen bei ihrem Einkommen verkraften. Aber obwohl die verfügbaren Einkommen in der Pandemie gesunken sind, sind die privaten Ersparnisse stark gestiegen.

Die Nettosparquote hat sich von 18 Prozent auf 21 Prozent erhöht. Das ist erstaunlich. Denn man hätte erwarten können, dass die Menschen in der Pandemie geringere Einkommen durch ihre Ersparnisse wettmachen müssen und die Sparquote entsprechend fiele. Marcel Fratzscher stellt fest: „Aus zwei Gründen hat es sich jedoch anders verhalten. Zum einen konnten viele Menschen das Geld gar nicht ausgeben, weil Restaurants und Geschäfte geschlossen, Reisen verboten waren und der Konsum überhaupt erschwert war.“

Die Deutschen haben nur ein geringes Vermögen

Der andere Grund hängt mit der Angst der Menschen zusammen. In vielen Umfragen gaben sie an, weniger wegzugehen und Kontakte zu meiden, auch wenn Geschäfte und Restaurants geöffnet hatten. Viele hatten außerdem Sorge, ob sie auch in Zukunft noch Arbeit hätten, wenn die Pandemie vorbei wäre. Auch das ist ein wichtiges Motiv für die höheren Ersparnisse. Dieser Anstieg der Sparquoten während der Pandemie ist also ein Phänomen. Wichtig ist jedoch festzuhalten, dass die Bundesrepublik ein Land ist, in dem man dem Sparen einen hohen Wert zumisst.

In Deutschland spart man ungewöhnlich viel, auch trotz starker Sozialsysteme und einer guten Absicherung. Zudem ist die Bundesrepublik ein reiches Land. Marcel Fratzscher erklärt: „Wir erwirtschaften eines der höchsten Pro-Kopf-Einkommen in der Welt. In unserem Land arbeiten viele hochproduktive, erfolgreiche und wertvolle Unternehmen, die mit ihren Beschäftigten diesen Wohlstand erwirtschaften.“ Bemerkenswert ist jedoch, dass, obwohl das Einkommen eines durchschnittlichen Deutschen deutlich über dem der meisten anderen Europäer liegt, sein Vermögen deutlich geringer ist. Quelle: „Geld oder Leben“ von Marcel Fratzscher

Von Hans Klumbies