Einsamkeit kann für die Betroffenen ein ernstes Problem sein

Das Buch „Philosophie der Einsamkeit“ ist der Versuch von Lars Svendsen herauszufinden, was Einsamkeit eigentlich ist, wer davon betroffen ist und warum das Gefühl von Einsamkeit entsteht, andauert und verschwindet. Die Behauptung, dass Einsamkeit für die Betroffenen ein erster Problem sein kann, ist ungefähr das Einzige, was stimmt. Das hat Lars Svendsen bei den Recherchen zu seinem Buch herausgefunden. Einsamkeit hat enorme Konsequenzen für die Lebensqualität vieler Menschen, für ihre physische sowie psychische Gesundheit. Allerdings ist es schwer darüber zu sprechen, weil das Thema so mit Scham belegt ist. Aber gleichzeitig gilt auch, dass Menschen ihre besten Stunden dann haben, wenn sie allein sind. Lars Frederik Händler Svendsen ist Philosoph und Professor für Philosophie an der Universität Bergen. Seine Werke wurden in mehr als 20 Sprachen übersetzt und mehrfach ausgezeichnet.

Einsamkeit ist heute nicht verbreiteter als früher

Vermutlich ist jeder ab und zu einsam. Eine Person, die sich nie einsam fühlt, leidet vermutlich an einem Mangel an oder an einem Defekt in der emotionalen Ausstattung. Lars Svendsen schreibt: „Viele behaupten, dass wir heute in einem Zeitalter der Einsamkeit leben, dass es sich um eine epidemische Einsamkeit handelt. Jedoch gibt es keine Grundlage für die Behauptung, dass Einsamkeit heute verbreiteter ist als früher.“ Generelle Aussagen über Einsame müssen stets mit dem Gedanken im Hinterkopf gelesen werden, dass es eine große Variation in den Ursachen für und dem Erleben von Einsamkeit gibt.

Das Buch „Philosophie der Einsamkeit“ ist in acht Kapitel eingeteilt. Kapitel 1 liefert Ausführungen zur Einsamkeit, die mehr auf psychologischen und sozialwissenschaftlichen Quellen basieren als auf philosophischen. In Kapitel 3 schaut sich Lars Svendsen näher an, wer einsam ist und welche Faktoren scheinbar besonders dazu beitragen, Einsamkeit zu erleben. Vertrauen ist das Thema von Kapitel 4. In Kapitel 5 erörtert der Autor die Rolle von Freundschaft und Liebe im Leben eines Menschen.

Einsamkeit ist ein sozialer Hunger

In Kapitel 7 folgen eine Präsentation sowie Diskussion der guten Einsamkeit. Zum Abschluss des Buches folgt eine Debatte über die Verantwortung, die jeder Einzelne hinsichtlich des Umgangs mit der eigenen Einsamkeit hat. Im Nachwort: Einsamkeit und die COVID-Pandemie schreibt Lars Svendsen: „Einsamkeit ist ein sozialer Hunger, ein Gefühl von Unbehagen, von Schmerz. Es gibt uns zu verstehen, dass unser Bedürfnis nach Nähe zu anderen Menschen nicht befriedigt wird.“

Menschen brauchen also Andere, um ein erfülltes Leben zu führen. Sie müssen aber auch imstande sein, es ohne die Unterstützung durch Andere zu schaffen. Dazu müssen sie die Ressourcen in sich finden, um sich in Abwesenheit von Anderen mit sich selbst zu verbinden. Viele Menschen haben jedoch ein chronisches Bedürfnis nach Zerstreuung. Dies offenbart ihre Unfähigkeit zu einem ausreichenden Maß an Autarkie. Aber zumindest braucht jeder eine gewisse Fähigkeit zur Selbstständigkeit, da das Leben Situationen bereithält, in denen das Bedürfnis nach einer Beziehung zu anderen Menschen nicht erfüllt werden kann.

Philosophie der Einsamkeit
Lars Svendsen
Verlag: S. Marix Verlag
Gebundene Ausgabe: 295 Seiten, Auflage 3: 2022
ISBN: 978-3-7374-1326-8, 20,00 Euro

Von Hans Klumbies