In den Romanen von Philip Roth spielt die Komik immer eine Rolle

In den Romanen von Philip Roth nehmen der innere Aufruhr und die Sexualität einen wichtigen Platz ein. Doch wenn Roth von Sex spricht, spielt die Komik immer eine Rolle. Alain Finkielkraut nennt ein Beispiel: „Das trifft besonders auf „Portnoys Beschwerden“ zu. Die Hervorhebung des komischen Elements dieser entscheidenden Erfahrung hat Roth mit Milan Kundera, dem Autor von „Das Buch der lächerlichen Liebe“, gemeinsam.“ Diesem hat Philip Roth übrigens seinen Roman „Der Ghostwriter“ gewidmet. Der Vorwurf der Frauenfeindlichkeit bekundet die Dummheit der literaturfernen Gegenwart. In „Mein Leben als Mann“ hat Roth eine Frau als Monster geschildert. Die scharfsinnigen Kritiker haben daraus geschlossen, dass für ihn alle Frauen Monster seien, obwohl sein Werk reich ist an wundervollen, feinfühligen oder herzzerreißenden Frauengestalten. Alain Finkielkraut gilt als einer der einflussreichsten französischen Intellektuellen.

Philip Roth ist der genialste Schöpfer der Figur des Sohns

Die politische Korrektheit ist die gigantische Bemühung, das krumme Holz, aus dem der Mensch gemacht ist, gerade zu biegen. Der Makel, sagt Faunia Farley als weibliche Stimme Philip Roths, „ist in jedem. Eingeboren. Verwurzelt. Bestimmend. […] Darum sind alle Reinigungen ein Witz. Noch dazu ein barbarischer. Die Fantasie der Reinheit ist ekelhaft. Sie ist verrückt. Was ist denn das Streben nach Reinheit anderes als eine weitere Unreinheit?“ Alain Finkielkraut würde Philip Roth nicht – wie Marc Weitzmann – als „antiidentitären Juden“ charakterisieren.

Alain Finkielkraut erläutert: „Die Identität ist paradoxerweise der Teil meines Selbst, der nicht mein ist, sondern das Wir im Ich, die Genealogie im Individuum, ein Band das mich festhält wie ein Strick am Bein.“ Alain Finkielkraut hält Philip Roth in der Weltliteratur für den genialsten Schöpfer der Figur des Sohns. Alexander Portnoy ist ein Sohn, Nathan Zuckerman ist ein Sohn, David Kepesh ist ein Sohn. Marcus Messner, die Hauptfigur in „Empörung“, ist der geliebte Sohn eines Vaters, der in paranoischer Sorge um ihn lebt.

Philip Roths Figuren sind anders als alle anderen

Seymour Levov, der Schwede in „Amerikanisches Idyll“, ist ein vom Schicksal heimgesuchter Vater, aber auch der Sohn des außergewöhnlichen Lou Levov. Alain Finkielkraut erklärt: „In „Mein Leben als Sohn“ betrachtet Philip Roth seine eigene Beziehung zum Vater. Und in „Verschwörung gegen Amerika“ rückt er seine eigene, reale Familie ins Zentrum einer Geschichte, die nicht real geworden ist.“ Der Tod in Philip Roths Romanen ist zuallererst der Tod der Eltern und mit ihnen das Ende einer Welt, eines Lebensstils, einer Art zu sein und Jude zu sein.

Philip Roths Figuren sind anders als die anderen, vielleicht erst recht anders als ihr Vorfahren und ihre Eltern. Alain Finkielkraut stellt fest: „Zwischen den Generationen tut sich eine Kluft auf. Philip Roth verflucht zum Beispiel die für seine Eltern und ihre Generation selbstverständlich Monogamie und Treue, aber er ist gleichzeitig ihr Erbe.“ Alle Väter in seinem Werkt sind Handwerker oder Kaufleute. Philip Roth ist also kein antiidentitärer Jude, ebenso wenig ist er Repräsentant oder Verteidiger der Seinen. Quelle: „Vom Ende der Literatur“ von Alain Finkielkraut

Von Hans Klumbies