Hans Rudi Fischer reist ins Dazwischen

Die Fragen, denen Hans Rudi Fischer in seinem Buch „Ins Dazwischen“ nachgeht, führen in das Krisengebiet der Vernunft. Dabei handelt es sich um eine Gebiet, in dem man die Orientierung verliert. Denn dort reichen die klassischen Kategorien und die übliche Logik nicht mehr, um die Welt zu begreifen. Hans Rudi Fischer schreibt: „Wir geraten in ein Dazwischen, in dem die alten kognitiven Muster nicht mehr greifen und die neue noch nicht vorhanden sind. Dieser Raum des Dazwischen soll hier erkundet werden.“ Als Beispiel für dieses Dazwischen nennt Hans Rudi Fischer die Metapher. Denn sie ist weder logisch richtiges Denken noch ein Denkfehler. Sie markiert ein Dazwischen, eine Metamorphose des Zeichensystems der Menschen, mit dem sie die Welt repräsentieren. Hans Rudi Fischer ist Philosoph und Psychologe. Seit 30 Jahren arbeitet er als Lehrender Therapeut, Coach und Organisationsberater.

Im Dazwischen hat die Vernunft nichts mehr zu bieten

Dieses Buch unternimmt eine Reise in Übergänge des menschlichen Denkens, um mit anderen Augen auf jenen Ort zu blicken, an dem Umdenken passiert und notwendig ist. Hans Rudi Fischer erläutert: „Dieser Ort ist ein Da-zwischen, ein Gebiet des Denkens, in dem unsere Denkfiguren, unsere Begriffe, mit denen wir diese Welt zu fassen suchen, ins Leere greifen.“ In diesem Nirgendwo trägt das Alte nicht mehr und das Neue ist noch nicht zur Welt gebracht. Den Begriff „Konversionsgebiete“ hat Hans Rudi Fischer für jene Orte geprägt, in denen die Vernunft nichts mehr zu bieten, nichts mehr zu gebieten hat.

Betrachtet man gesellschaftliche, politische oder mentalitätsgeschichtliche Entwicklungen, kommt man nicht umhin, Phasen des Übergangs vorauszusetzen. Ein Epochenübergang – man denke an die „Postmoderne“ – lässt sich exakt determinieren, man benötigt dafür immer Zeiträume. Da alle Veränderung nur als Wandel in der Zeit denkbar ist, ist das Dazwischen das Hauptgebiet, das von Ethik, Philosophie und Psychologie beackert werden muss. In der Philosophie wirft Platon auf der Suche nach dem wahren Guten im Leben ethische Fragen auf und eröffnet dabei ein logisches Dazwischen.

Sogar das Denken selbst kann sich verändern

Die Gegensatzlehre des Philosophen Aristoteles erklärt das Dazwischen zum Ort des Umschlagens, an dem Konversionen, sprich größere Veränderungen möglich sind. Nur dort, wo es Entgegengesetztes gibt, kann sich etwas – über ein Dazwischen – verändern oder verkehren. Hans Rudi Fischer ergänzt: „Dass in und durch ein solches Dazwischen Konversion, Läuterung, Denkänderung und Wendung ausgelöst werden oder geschehen können, hat Aristoteles auch in seiner Poetik betont.“

Bei der Frage, welche Situationen Konversionen induzieren, die dann zu grundlegenden Denkänderungen führen, gebraucht Hans Rudi Fischer das griechische „Metanoia“. Denn die Präposition „meta“ verweist darauf, dass ein Denken sich selbst verändern kann, wenn es sich selbst gegenüber eine andere Position einnimmt. Es sind unter anderem Paradoxien, Dilemmata und Ambivalenzen, welche die Vernunft eines Menschen ins Schwindeln bringen können. Daher kann Shakespeares Hamlet zu Recht sagen: „Es gibt Dinge zwischen Himmel und Erde, Horatio“, von denen sich eure Schulweisheit nichts träumen lässt.“

Ins Dazwischen
Expeditionen in das Krisengebiet der Vernunft
Hans Rudi Fischer
Verlag: Edition Konturen
Broschierte Ausgabe: 109 Seiten, Auflage: 2023
ISBN: 978-3-902968-89-0, 24,00 Euro

Von Hans Klumbies