Die Fortpflanzung ist ein genetischer Zwang

Eine Spezies nutzt grundsätzlich alle für sie geeigneten Ressourcen, um zu expandieren. Vermehrung und Ausbreitung enden erst, wen die Ressourcen erschöpft sind und der Umweltwiderstand zu groß wird. Dirk Steffens und Fritz Habekuss wissen: „Dabei ist Fortpflanzung keine Option, sondern ein genetischer Zwang. Soweit gilt das für alle Arten. Auch für Homo sapiens.“ Die Menschen sind in Sachen Vermehrung aber sogar außergewöhnlich erfolgreich. In seinem Buch „Das Ende der Evolution“ stellt der Evolutionsbiologe Matthias Glaubrecht fest: „Was uns von Schimpansen und Gorillas oder gar vom Orang-Utan trennt, und zwar um mehrere Größenordnungen, ist die Anzahl unseres Nachwuchses.“ In ihrem Buch „Über Leben“ erzählen der Moderator der Dokumentationsreihe „Terra X“ Dirk Steffens und Fritz Habekuss, der als Redakteur bei der „ZEIT“ arbeitet, von der Vielfalt der Natur und der Schönheit der Erde.

Biologen nennen die Menschen eine Unkrautart

Heute stehen sich mehr als sieben Milliarden Menschen einigen wenigen Zehntausenden Menschenaffen gegenüber. Biologen nennen die Menschen deshalb eine „weed species“, eine Unkrautart. Immerhin ist der Grund für den Fortpflanzungserfolg der Menschen ein romantischer. Weil sie monogamer leben als Affen, die Bindung zwischen Vater und Mutter besonders eng ist, genießen die menschlichen Nachkommen mehr Aufmerksamkeit und Fürsorge.

Weil menschliche Gesellschaften junge Frauen, also potenzielle Mütter, besser beschützen, als es Schimpansen oder Gorillas tun, gebären sie mehr Kinder als die tierische Verwandtschaft. Thomas Malthus, ein britischer Ökonom und Philosoph lebte in der zweiten Hälfte des 18. und der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Er genießt den zweifelhaften Ruf, Namensgeber der „Malthusianischen Katastrophe“ zu sein. Er hatte zwar noch keine Ahnung von der Existenz der egoistischen Gene. Aber er hat ihren Effekt in seinem „Essay on the Principle of Population“ beschrieben.

Der Mensch folgt dem Gesetz der unbegrenzten Vermehrung

Der Mensch folgt laut Thomas Malthus dem Gesetz der unbegrenzten Vermehrung. Zwar kann er gleichzeitig auch immer neue Methoden entwickeln, um die Nahrungsproduktion zu steigern. Aber er kann das eben nicht in dem gleichen Maße, wie die Bevölkerung wächst. Deshalb sind Krankheiten, Armut und Hunger notwendige Korrektive. Dirk Steffens und Fritz Habekuss erstaunt die offensichtliche Tatsache, dass die Malthusianische Katastrophe nie eingetreten ist.

Krankheiten, Kriege und Hunger sind zwar ständige Wegbegleiter des Menschen. Aber die apokalyptischen Reiter haben das Bevölkerungswachstum nicht dauerhaft gestoppt. Bislang jedenfalls. Dirk Steffens und Fritz Habekuss stellen fest: „Während der gesamten Frühgeschichte des Menschen stromerten höchstens ein paar Millionen Individuen durch die Wildnis. Erst als wir von Natur-Bewohnern zu Natur-Gestaltern wurden, konnten wir die Tragfähigkeit der Erde deutlich erhöhen. Etwas durch die Landwirtschaft: Eine Fläche, die nur fünf Nomaden ernährt, kann bis zu 35 Bauern und Bäuerinnen satt machen.“ Quelle: „Überleben“ von Dirk Steffens und Fritz Habekuss

Von Hans Klumbies