Die Deutschen müssen mit dem Covid-19-Virus leben

Die Menschen in Deutschland müssen sich darauf einstellen mit dem Covid-19-Virus zu leben und zu arbeiten. Inzwischen ist die Idee gescheitert, die Pandemie durch das zügige Schaffen einer Herdenimmunität zu überwinden. Allerdings stellt sich Clemens Fuest die Frage, was die Alternative ist, vor allem, was nach dem Shutdown kommt. Eine Strategie heißt „Hammer and Dance“. Damit ist ein Plan in zwei Phasen gemeint. In der ersten Phase kommt ein strikter Shutdown (Hammer), der mit starken wirtschaftlichen und sozialen Belastungen einhergeht. Er verhindert dafür aber, dass die Infektionszahlen exponentiell zunehmen und das man das Gesundheitssystem überfordert. In der zweiten Phase wird der Shutdown schrittweise gelockert. Man beobachtet dann, wie sich die Epidemie entwickelt, und rudert notfalls zurück (Dance). Clemens Fuest ist seit April 2017 Präsident des ifo Instituts.

Impfdosen sind in Deutschland Mangelware

Clemens Fuest stellt fest: „Die Hammer-and-Dance-Metapher beschreibt treffend, wie die meisten Länder mit der Krise umgehen. Sie beantwortet allerdings nicht die Frage, wie man die Pandemie letztlich überwinden kann.“ Eine Ausrottung des Virus scheint momentan nicht möglich zu sein. Impfdosen sind in Deutschland erschreckenderweise im März 2021 immer noch Mangelware. Dennoch beginnt bei fallenden Infektionszahlen natürlich die Debatte darüber, wann und wie man die Beschränkungen wieder aufheben kann.

Kritiker schneller Öffnungen reagieren darauf, hier würden wirtschaftliche Interessen über den Schutz der Gesellschaft gestellt. Das wirft die heikle Frage auf, ob Politik und Gesellschaft gezwungen sind, zwischen zwei Optionen zu wählen, die beide inakzeptabel sind. Entweder die Wirtschaft retten und dafür Menschenleben zu opfern oder aber Leben zu schützen und dafür einen wirtschaftlichen Kollaps in Kauf zu nehmen. Tatsächlich wird diese Gegenüberstellung von Wirtschaft und Gesundheit der Problemlage nicht gerecht.

Der Shutdown führt zu gesundheitlichen Schäden

Viele Menschen glauben, dass es bei der Bekämpfung der Pandemie einen unauflösbaren Gegensatz zwischen wirtschaftlichen Interessen und der Gesundheit der Bevölkerung gibt. Diese Idee beruht laut Clemens Fuest auf zwei Irrtümern. Der erste beruht darin, anzunehmen, dass die Wirtschaft florieren könnte, wenn ein gefährliches Virus grassiert. Selbst wenn man die gesetzlichen Kontaktbeschränkungen und Öffnungsverbote komplett aufheben würde, würden die meisten Menschen nicht so selbstverständlich wie vor der Pandemie zu Einkaufen oder ins Restaurant gehen.

Eine positive wirtschaftliche Entwicklung ist für Clemens Fuest bei einer unkontrollierten Ausbreitung des Covid-19-Virus nicht möglich. Der zweite Irrtum besteht darin, zu glauben, die Gesundheit der Bevölkerung sei umso besser geschützt, je länger der Shutdown dauert. Denn der Shutdown selbst führt zu gesundheitlichen und sozialen Beeinträchtigungen. Da die Krankenhäuser für die Covid-19-Patienten Kapazitäten freihalten, unterbleiben andere wichtige Behandlungen. Zudem vermeiden vielen Menschen während des Shutdowns notwendige Arztbesuche. Quelle: „Wie wir unsere Wirtschaft retten“ von Clemens Fuest

Von Hans Klumbies