Immanuel Kant stellt die Frage: „Was ist der Mensch?“

Die Frage „Was ist der Mensch?“ bildete bereits das Leitmotiv der Philosophie Immanuel Kants. Sein gesamtes kritisches Denken geht dabei von einer ebenso einfach wie unabweisbaren Beobachtung aus: Der Mensch ist ein Wesen, das sich Fragen stellt, die er letztlich nicht beantworten kann. Wolfram Eilenberger fügt hinzu: „Diese Frage betreffen insbesondere die Existenz Gottes, das Rätsel der menschlichen Freiheit und die Unsterblichkeit der Seele. In einer ersten kritischen Bestimmung ist der Mensch also ein „metaphysisches“ Wesen.“ Doch was folgt daraus? Für Immanuel Kant eröffnen diese metaphysischen Rätsel, gerade weil sie sich nicht abschließend beantworten lassen, dem Menschen einen Horizont möglicher Vervollkommnung. Wolfram Eilenberger war langjähriger Chefredakteur des „Philosophie Magazins“, ist „Zeit“-Kolumnist und moderiert „Sternstunden der Philosophie im Schweizer Fernsehen.

Ludwig Wittgenstein zieht eine feste Grenze zwischen sprechen und schweigen

Sie leiten die Menschen in dem Bestreben an, möglichst viel in Erfahrung zu bringen (Erkenntnis), möglichst frei und selbstbestimmt zu handeln (Ethik), sich einer immerhin möglichen Unsterblichkeit der Seele möglichst würdig zu erweisen (Religion). Immanuel Kant spricht in diesem Zusammenhang von einer „regulativen“ oder auch leitenden Funktion des metaphysischen Fragens. Die Vorgaben des kantischen Projekts blieben bis in die 20er Jahre des 20. Jahrhunderts bestimmend für die deutschsprachige Philosophie – ja für die moderne Philosophie als Ganzes.

Zu philosophieren, dass bedeutete, nicht zuletzt für Ernst Cassirer und Martin Heidegger, in der Spur dieser Fragen zu denken. Und Gleiches galt für die eher logisch orientierten Versuche Ludwig Wittgensteins, eine feste Grenze zu ziehen zwischen dem, wovon man als vernünftiger Mensch sprechen kann, und dem, worüber man schweigen muss. Wolfram Eilenberger erläutert: „Wittgensteins Therapieversuch des „Tractatus“ ging allerdings entscheidend über Kant hinaus, als er selbst noch den als grundmenschlich angenommenen Impuls, überhaupt metaphysische Fragen zu stellen – und also zu philosophieren –, mit den Mitteln der Philosophie für therapierbar zu halten schien.“

Rudolf Carnap zählte zu den führenden Köpfen der „analytischen Philosophie“

Ludwig Wittgenstein schreibt im „Tractatus“: „6.5 Zu einer Antwort, die man nicht aussprechen kann, kann man auch die Frage nicht aussprechen. Das Rätsel gibt es nicht. Wenn sich eine Frage überhaupt stellen lässt, so kann sie auch beantwortet werden. 6.51 … Denn Zweifel kann nur bestehen, wo eine Frage besteht; eine Frage nur, wo eine Antwort besteht, und diese nur, wo etwas gesagt werden kann. 6.53 Die richtige Methode der Philosophie wäre eigentlich: Nichts zu sagen, als was sich sagen lässt, also Sätze der Naturwissenschaft – also etwas, was mit Philosophie nichts zu tun hat –, und dann immer, wenn einer anderer etwas Metaphysisches sagen wollte, ihm nachzuweisen, dass er gewissen Zeichen in seinen Sätzen keine Bedeutung gegeben hat. …

Die mit Ludwig Wittgensteins Werk verbundene zeittypische Hoffnung, vom Geiste der Logik und der Naturwissenschaft geleitet, metaphysische Fragen endlich hinter sich lassen zu können, beseelte zum Beispiel Rudolf Carnap, Autor von Werken mit solch programmatischen Titeln wie „Der logische Aufbau der Welt“ oder auch „Scheinprobleme in der Philosophie“ (beide 1928). Nach seiner Emigration in die USA im Jahre 1936 stieg Rudolf Carnap zu einem der führenden Köpfe der sich auf Ludwig Wittgensteins Wirken berufenden sogenannten „analytischen Philosophie“ auf. Quelle: „Zeit der Zauberer“ von Wolfram Eilenberger

Von Hans Klumbies