Die Geschichte der amerikanischen Außenpolitik ist eine der Widersprüche. Zum einen ist sie verwurzelt in einem tief sitzenden nationalen Pathos, das die Rhetorik der amerikanischen Politik durchzieht. Wolfgang Ischinger erläutert: „Die amerikanische Politik war immer schon durchdrungen von der Gewissheit, berufen zu sein, eine einzigartige Rolle in der Welt zu spielen.“ Die Überzeugung von der Außergewöhnlichkeit der amerikanischen Staaten, ihrer Bestimmung, weltweit für Ordnung, Frieden und Freiheit zu sorgen, und die Vorstellung, das Land sei aus einer besonderen Idee heraus geboren und habe deshalb den Auftrag, diese Idee zu verbreiten – all dies sitzt tief. Für Amerikaner ist dieser Stolz mit der eigenen Unabhängigkeit und Freiheit, mit der Garantie von Menschenrechten und Demokratie, mit dem Geist des Individualismus und des Unternehmertums verknüpft. Wolfgang Ischinger ist Vorsitzender der Münchner Sicherheitskonferenz und einer der renommiertesten deutschen Experten für Außen- und Sicherheitspolitik.
Thomas Jefferson nennt Amerika „the Empire of Liberty“
Thomas Jefferson, der Autor der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung, nannte sein junges Land 1780 „the Empire of Liberty“, das Reich der Freiheit. George W. Bush spitzte diesen Gedanken in seinem außenpolitischen Programm zu: „Das Fortbestehen von Freiheit in Amerika hängt immer mehr davon ab, dass Freiheit auch im Rest der Welt Erfolg hat. Unsere größte Herausforderung auf Frieden in der Welt ist die Expansion von Freiheit in alle Welt.“
Um dies zu erreichen, brauche es mitunter Interventionen in anderen Ländern. Auch die Entscheidung, hunderttausend amerikanische Soldaten in den Irak zu entsenden, von denen 4.422 nicht wieder zurückkehrten, folgte dieser Logik. Gleichzeitig lösen in der Geschichte der USA immer wieder Phasen der Selbstisolation jene des Interventionismus ab. Schon der erste amerikanische Präsident George Washington warnte vor politischen Bündnissen mit anderen Staaten, da diese vor allem Probleme mit sich brächten.
Die „Monroe-Doktrin“ verfolgt das Prinzip der Nichteinmischung
Ein weiteres Beispiel ist die sogenannte „Monroe-Doktrin“: In einer Rede hatte der damalige Präsident James Monroe 1823 das Prinzip der Nichteinmischung zu einem zentralen Ankerpunkt der amerikanischen Außenpolitik gemacht. Die Vereinigten Staaten sollten sich nicht in europäische Konflikte einmischen; umgekehrt würden die Amerikaner keine Einmischungen der Europäer in amerikanische Belange dulden. Der zentrale Grundsatz der Monroe-Doktrin bestimmte in den folgenden Jahrzehnten den außenpolitischen Diskurs der Amerikaner.
Die Konzentration auf Amerika führte dazu, dass es zum „Alten Kontinent“, zu Europa, aber auch nach Ostasien und Südamerika bis zum Ersten Weltkrieg fast ausschließlich Beziehungen wirtschaftlicher Art gab. Diesem Grundsatz zufolge erklärte Präsident Woodrow Wilson bei Kriegsanbruch 1914 die Neutralität der Vereinigten Staaten. Zwar wurden die USA 1916 quasi in den Krieg gezwungen, zurückhaltend-isolationistische Tendenzen behielten dennoch die Oberhand. Quelle: „Welt in Gefahr“ von Wolfgang Ischinger
Von Hans Klumbies