Viele Menschen erfahren den Sinn ihres Lebens in der Liebe

Immer mehr Menschen stellen die Sinnfrage. Wilhelm Schmid erklärt in seinem neuen Buch „Dem Leben Sinn geben“ warum das so ist. Er geht dabei von der Beobachtung aus, dass viele Menschen Sinn in der Liebe erfahren, aber in einen Strudel der Sinnlosigkeit geraten, wenn diese, aus welchen Gründen auch immer, zerbricht. Daher stellt sich der Autor die Frage, ob es die Liebe nicht besser im Plural geben sollte und stellt viele mögliche Lieben und deren Sinnpotential in seinem Buch vor. Als Beispiele nennt er unter anderem die Liebe in der Familie und zwischen Freunden, die Liebe zu Tieren und zur Natur, zur Kunst und Kultur sowie die Liebe zum Leben, zum Tod und zu Gott. Selbst der Feindesliebe schenkt er seine Aufmerksamkeit. Wilhelm Schmid lebt als freier Autor in Berlin und lehrt Philosophie als außerplanmäßiger Professor an der Universität Erfurt.

Die Kunst des Liebens ist die Basis jeder Lebenskunst

Ein sinnerfülltes Leben ist für Wilhelm Schmid ein Leben in Beziehung. Ein immenses Potential an Sinn und Energie bietet seiner Meinung nach, was Menschen Liebe nennen. Er schreibt: „Für viele ist sie von solcher Bedeutung, dass sie sich, um ja nichts auszulassen, in ein Liebesleben verstricken, das komplizierter und widersprüchlicher kaum sein könnte.“ Die Menschen suchen nach Liebe und nehmen jede Gelegenheit dazu wahr, entziehen sich ihr wieder und vernichten sie, um ihren ungeheuren Wert im Verlust wieder schätzen zu lernen und ihr erneut nachzujagen.

Wilhelm Schmid vertritt die These, dass viele Lieben notwendig sind, um dem Leben Sinn einzuhauchen. Der Autor schreibt: „Die Kunst des Liebens als gekonnter Umgang mit sich, mit Anderen und der Welt ist das Grundelement jeder Lebenskunst.“ Jede Liebe soll laut Wilhelm Schmid atmen können zwischen einem romantischen Grund, der von intensiven Gefühlen geprägt ist, und einer pragmatischen Anstrengung, die auch mit den Zeiten zurechtkommt, in denen die große Gefühle verschwunden sind oder sogar ins Negative umkippen.

Eine bejahende Beziehung zum Leben verringert die Lebensangst

Jeder Einzelne muss seine Beziehung zum Leben selbst finden und festlegen. Eine Option dafür ist für Wilhelm Schmid die bejahende Beziehung. Er schreibt: „Sie ermöglicht eine Beziehung der Liebe, Freundschaft oder wenigstens Kooperation mit dem Leben und verringert die Lebensangst eines Menschen.“ Wenn ein Mensch mit dem einverstanden ist, was nicht zu ändern ist, kann er sogar sein Schicksal lieben. Denn die Fülle des Seins und die Bedeutungsfülle des Lebens ermutigen dazu, allen Widerfahrnissen des Lebens mit vertrauensvoller Hingabe oder gleichmütiger Gelassenheit zu begegnen.

Die Liebe zum Leben wird laut Wilhelm Schmid von Zielen beflügelt, die in Gedanken vor dem menschlichen Auge stehen, und von Zwecken, für die zu leben sinnvoll erscheint. Ziel und Zweck bestärkten die subjektive Gewissheit: „Was ich mache, ist für etwas gut, wofür ich lebe, arbeite, vielleicht auch leide.“ Wer leidet, braucht Trost. Trostreich ist dabei alles, was seelische Energien in Schwingung versetzt und einen Menschen davon abbringt, sich in sich selbst zu vergraben. Denn nur in einem Leben, das ein Mensch in Beziehung zu anderen lebt, kann die Erfüllung von Sinn Wirklichkeit werden.

Dem Leben Sinn geben
Wilhelm Schmid
Verlag: Suhrkamp
Gebundene Ausgabe: 473 Seiten, Auflage: 2013
ISBN: 978-3-518-42373-8,  22,95 Euro
Von Hans Klumbies