Leonardo da Vinci war anfangs kaum Erfolg beschieden

Leonardo da Vinci kam 1452 als unehelicher Sohn eines wohlhabenden Notars im florentinischen Provinzstädtchen Vinci zur Welt. Man schickte ihn nicht auf höhere Schulen, sondern als Lehrling in die Werkstatt des Malers und Allround-Künstlers Andrea del Verrocchio. Volker Reinhard weiß: „Eine Zurücksetzung, die ihn mit Groll und Hochgefühl zugleich erfüllte.“ Daher konnte er – so eine spätere Selbsteinschätzung – in den Debatten der Gelehrten nicht mitreden. Doch das war angesichts deren Nichtigkeit ein Vorteil, denn so war er gezwungen, sich eigene, noch unbeschrittene Wege zu bahnen. Dabei begab sich Leonardo da Vinci weit weg von den Lehren des Christentums, hin zur Erforschung der Natur und des Menschen. Volker Reinhardt ist Professor für Geschichte der Neuzeit an der Universität Fribourg. Er gehört international zu den führenden Italien-Historikern.

„Das Letzte Abendmahl“ macht Leonardo da Vinci berühmt

Als Maler machte sich Leonardo da Vinci in Florenz bald nach der Mitte der 1470er Jahre selbstständig und auch einen Namen. Doch er verprellte seine Auftraggeber dadurch, dass er die bestellten Werke zu spät, eigenmächtig verändert oder gar nicht ablieferte. Volker Reinhard ergänzt: „Auch in Mailand, wohin er nach seinem Scheitern in Florenz übersiedelte, war ihm anfangs kaum Erfolg beschieden.“ Er hielt sich und seine Werkstatt mit dem kunstvollen Arrangement von Festen und kleineren Aufträgen über Wasser.

Erst das 1496 bis 1498 für den Mailänder Herzog Ludovico Sforza im Refektorium des Klosters Santa Maria delle Grazie gemalte „Letzte Abendmahl“ macht Leonardo da Vinci in Italien und weit darüber hinaus bekannt. Volker Reinhardt stellt fest: „Doch vermochte er den damit gewonnen Ruf auf seinen nachfolgenden Lebensstationen in Florenz, Mailand und Rom nicht dauerhaft in attraktive Anstellungen und Arbeitsbedingungen umzumünzen.“ Und zwar aus den bekannten Gründen: Nichtablieferung von Werken, Nichteinhaltung von Verträgen, Ablehnung prestigeträchtiger Aufträge.

Leonardo da Vinci war grenzenlos neugierig

Ruhm und Anerkennung brachte Leonardo da Vinci, unerwartet genug, erst der Lebensabend, den er von 1517 bis 1519 am Hof des jungen französischen Königs Franz I. von Frankreich bei Amboise verbrachte. Dieser erhob Ansprüche auf Mailand, für dessen Kultur Leonardo da Vinci stand. Volker Reinhardt erläutert: „Diese unspektakuläre Lebensgeschichte war für die Zeitgenossen Beleg für ein selbstverschuldetes Scheitern – hier vergeudete sich ein Genie.“

Statt im Dienst der Mächtigen sein gottgegebenes Talent als Maler zu pflegen, widmete er sich so unfrommen Studien wie dem Sezieren von Leichen und so unnützen Zerstreuungen wie der Untersuchung von Vogelflug und Flussströmungen. Leonardo da Vinci ist nicht der erste Pionier der modernen Naturwissenschaft, sondern gehört als faszinierender Außenseiter in eine frühe Phase von deren Entwicklung. Er war methodisch ungeschult und oft unsystematisch, dafür aber grenzenlos neugierig. Quelle: „Die Macht der Schönheit“ von Volker Reinhardt

Von Hans Klumbies

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