Ulrich Schnabel untersucht den Informationsstress

Keine Klage ist in der modernen Arbeitswelt verbreiteter als das kollektive Stöhnen über Zeitmangel und Informationsstress, der die Aufmerksamkeit auffrisst. Viele Menschen haben laut Ulrich Schnabel, Physiker und Publizist, den Eindruck, buchstäblich in einer Flut von Informationen unterzugehen. Selbst in ihrer Freizeit werden sie noch von einem Nachrichtenstrom überspült, der aus ihre Smartphones und Blackburrys quillt. Die Überlastung an Information ist zum großen Leiden der Wissensgesellschaft geworden. Ulrich Schnabel schreibt: „Zwischen 15 und 25 Prozent seiner Arbeitszeit wendet der typische Büroarbeiter heute für die Bearbeitung seiner elektronischen Post auf; dabei schlägt er sich im Schnitt mit mehr als hundert E-Mails am Tag herum.“

Der Fluch der Unterbrechung schwächt die Aufmerksamkeit

Laut Ulrich Schnabel ist es aber nicht allein die zu verarbeitende Informationsmenge, die Angestellte vom kreativen Denken und effizienten Arbeiten abhält, sondern ebenso der Fluch der Unterbrechung. Er erklärt: „Denn die überall verfügbaren Informationskanäle lenken uns immer wieder von unserer eigentlichen Tätigkeit ab, zerstückeln unsere Arbeitszeit und schwächen damit eines unserer wichtigsten Güter: die Aufmerksamkeit.“ Wenn aber niemand mehr die Zeit findet, Fragestellungen in Ruhe zu durchdenken, werden Probleme in der Regel kaum gelöst, sondern vor sich hergeschoben und vertagt.

Zugleich wirkt sich die Unfähigkeit der Menschen zur Konzentration auf ihre Freizeit und Freiräume der Muße aus. Statt am Wochenende die lang ersehnte Ruhe zu genießen, fühlen sie sich von der Ereignislosigkeit gelangweilt und verfallen in eine Stress verursachende Freizeithektik. In einer Informationsgesellschaft kann man sich nicht völlig vom digitalen Nachrichtenstrom abkoppeln. Aber der richtige Umgang mit den Informationen liegt gemäß Ulrich Schnabel wie immer in der Balance, in einem souveränen Umgang mit Internet, E-Mail und Handy, die den Menschen eher Mußezeiten schafft, statt sie aufzufressen.

Die Suchtgefahr des Internets und der zwanghafte Umgang mit E-Mails

E-Mails, SMS und Internet können gemäß Ulrich Schnabel sogar eine Art von Sucht auslösen. Er zitiert Schätzungen, die davon ausgehen, dass sechs bis acht Prozent aller Internetnutzer stark suchtgefährdet oder internetsüchtig sind und dass mehr als 20 Prozent zwanghaft mit ihren E-Mails umgehen. Diese Menschen müssen lernen, Mechanismen der Auswahl zu entwickeln, so dass sie weniger Informationen lesen, schreiben oder speichern müssen. Ein sparsamer Einsatz von E-Mails ist für Ulrich Schnabel geradezu ein Ausweis von Mitgefühl.

Für den amerikanische Journalist und Internetexperte Stephen Baker sind Informationen längst kein rares Gut mehr. Ganz im Gegenteil, sie sind inzwischen im Überfluss vorhanden. Stephen Baker schreibt: „Wir können uns mit ihnen überfrachten. Wir können uns am Ramsch ins Koma saufen. Je als mehr zuvor müssen wir steuern, was wir in unsere Köpfe lassen.“ Für den Internetexperten ist dies sogar eine der entscheidenden Fragen der Gegenwart. Die Menschen müssen in der Flut an Informationen die richtige Mischung finden und lernen sich zu bescheiden.

Von Hans Klumbies

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