Allein die Suche nach dem Sinn des Lebens ist sinnvoll

In welcher Richtung soll man den Sinn des Lebens suchen, der so viel gepriesen wird? Ulrich Schnabel antwortet: „Schon allein die Suche nach einem persönlichen Sinn kann als sinnvoll erlebt werden.“ Denn es kommt seiner Meinung nach eher auf die Richtung an als auf das Erreichen eines Ziels. Sich die Lebensfrage nach dem Sinn zu stellen, bringt einen bereits auf die richtige Spur. Auch wenn das anfangs mühsam oder gar frustrierend erscheint. Allerdings ist es nicht so, dass man den Sinn irgendwann findet, wo wie man etwa einen Goldklumpen entdeckt. Es wäre ein Missverständnis zu glauben, dass da draußen irgendwo der passenden Lebenssinn wartet und man ihn nur aufspüren müsste. Ulrich Schnabel ist seit über 25 Jahren Wissenschaftsredakteur bei der ZEIT.

Einer der wichtigsten Sinngeber ist die Generativität

Das besondere Gefühl der Sinnhaftigkeit entwickelt sich eher allmählich. Zudem gibt es für die meisten Menschen nicht den einen Sinn. Es gibt vielmehr unendlich viele verschiedene Möglichkeiten, das eigene Leben sinnvoll zu gestalten. Als einen der wichtigsten Sinngeber führt Tatjana Schnell in ihrem Buch „Psychologie des Lebenssinns“ die sogenannte Generativität an. Damit ist das Bemühen gemeint, etwas an andere Generationen weiterzugeben und zum „großen Ganzen“ beizutragen.

Generativität hat vor allem mit dem Gefühl zu tun, sich in einem größeren Zusammenhang eingebunden zu fühlen. Dieser überschreitet das eigene, begrenzte Leben und erfüllt damit die individuelle Existenz mit Sinn – selbst über den Tod hinaus. Viktor Frankl hat in seiner Logotherapie immer wieder betont, es kommt nicht darauf an, was man selbst vom Leben erwartet, sondern darauf „was das Leben von uns erwartet“. Anstatt sich über enttäuschte Erwartungen zu ärgern, sollte man die unfairen Wendungen des Lebens annehmen.

Sinnorientierung hilft anderen und einem selbst

Von der „Ego- zur Sinnorientierung“ hat Viktor Frankl solche Wendungen genannt. Statt das Geschehen aus der üblichen Nabelschau zu betrachten, die alles nur im Hinblick auf die eigene Person interpretiert, geht es in der Sinnorientierung vor allem um die Frage: Wie kann ich anderen helfen? Was kann ich beitragen, um die Situation zu verbessern? Der Clou daran: Eine solche innere Haltung ist nicht nur hilfreich für andere, sondern auch für einen selbst.

Ulrich Schnabel erläutert: „Denn sie beschert einem automatisch positive Gefühle wie Selbstwirksamkeit und Zugehörigkeit.“ Es ist also keineswegs egal, ob man existiert oder wie man sein Leben lebt. Das Problem ist nur: In der modernen Wettbewerbsgesellschaft sind solche Erfahrungen der Zugehörigkeit eher die Ausnahme als die Regel. Denn in diesem Wirtschafts- und Gesellschaftssystem wird Konkurrenz groß- und Solidarität kleingeschrieben. Den meisten Politikern, Managern und anderen Prominenten geht es vor allem um eines: das persönliche Fortkommen. Quelle: „Zuversicht“ von Ulrich Schnabel

Von Hans Klumbies