Überraschende Ereignisse sind keine Seltenheit

Scott Sagan, Professor für Politikwissenschaften in Stanford, sagte einmal, jeder, der die Wirtschaft oder die Kapitalmärkte verfolgt, sollte sich diesen Spruch an die Wand hängen: „Ständig passieren Dinge, die nie zuvor passiert sind.“ Die Geschichtsschreibung handelt von vielen überraschenden Ereignissen. Trotzdem betrachten Investoren und Wirtschaftswissenschaftler Geschichte oft als unfehlbare Anleitung für die Zukunft. Morgan Housel betont: „Eine tiefen Respekt für die Geschichte von Wirtschaft und Geldanlage zu empfinden, ist klug. Geschichte hilft uns, Erwartungen zu kalibrieren und zu erkennen, wo Menschen oft irren.“ Geschichte vermag grob aufzuzeigen, was tendenziell funktioniert. Aber sie ist keinesfalls eine Blaupause für die Zukunft. Eine Falle, in die viele Geldanleger tappen ist ein blindes Vertrauen darauf, dass Daten aus der Vergangenheit ihnen eindeutige Signale für die Zukunft geben. Morgan Housel ist Partner bei der Risikokapitalgesellschaft The Collaborative Fund.

Das Beständige an der Wirtschaft ist der unablässige Wandel

Diese Haltung kann man den Anlegern aber kaum vorwerfen. Wer Geldanlage als echte Wissenschaft betrachtet, muss die Vergangenheit als perfekte Blaupause für die Zukunft auffassen. Aber Geldanlage ist keine harte Wissenschaft. Morgan Housel erklärt: „An den Kapitalmärkten agieren unzählige Individuen, die aufgrund begrenzter Informationen unvollkommene Entscheidungen über Sachverhalte treffen, die ihr Wohlergehen erheblich beeinflussen werden – was selbst kluge Menschen nervös, gierig und paranoid machen kann.“

Der große Physiker Richard Feynman sagte einmal: „Stell dir nur vor, wie viel komplizierter Physik wäre, wenn Elektronen Gefühle hätten.“ Nun, Geldanaleger haben Gefühle, und zwar starke. Morgan Housel weiß: „Deswegen lässt sich allein anhand ihres bisherigen Verhaltens kaum voraussagen, wie sie zukünftig handeln werden.“ Das Beständige an der Wirtschaft ist der unablässige Wandel. Die unsichtbare Hand hasst es, wenn etwas dauerhaft übermäßig gut oder schlecht bleibt.

Erfahrung führt zu übersteigerter Selbstgewissheit

Nur wenige Dinge bleiben lange Zeit unverändert, weshalb man Historiker auch nicht wie Propheten behandeln darf. Morgan Housel stellt fest: „Die mächtigste Triebkraft für alles, was mit Geld zu tun hat, sind die Geschichten, die Menschen sich erzählen, und die Präferenzen, die sie für Güter und Dienstleistungen haben. Doch diese Geschichten und Vorlieben unterliegen einem stetigen Wandel.“ Sie ändern sich mit der Natur und im Laufe der Generationen. Sie ändern sich ständig, und das wird immer so bleiben.

Viele Menschen begehen folgenden Denkfehler: Sie bewundern zu sehr Menschen, die dies erlebten und jenes machten. Morgan Housel erläutert: „Doch nur weil jemand etwas Bestimmtes erlebt hat, kürt ihn dies nicht notwendigerweise zum Experten dafür, was als Nächstes passieren wird.“ Tatsächlich führt Erfahrung eher zu übersteigerter Selbstgewissheit als zu einem klareren Blick auf die Zukunft. Daneben stellen sich zwei gefährliche Entwicklungen ein, wenn man sich bei Zukunftserwartungen zu stark auf die Geschichte der Kapitalanlage verlässt. Quelle: „Über die Psychologie des Geldes“ von Morgan Housel

Von Hans Klumbies