Das Lesen einer Zeitung ist ein Morgensegen

In den ersten Jahrzehnten des 21. Jahrhunderts erleben die Medien eine der spannendsten Transformationen seit ihrer Entstehung. Mehrere Jahrhunderte lang was das Lesen einer Zeitung, was der Philosoph Georg Wilhelm Friedrich Hegel als „eine Art von realistischem Morgensegen“ bezeichnete und mit dem anderen möglichen Morgensegen kontrastierte: „Man orientiert seine Haltung gegen die Welt an Gott oder an dem, was die Welt ist.“ Im 20. Jahrhundert kamen zu den gedruckten Medien ein paar Radiosender und dann ein paar Fernsehkanäle dazu. Sie besaßen ein großes Publikum und einem ähnlich großen Autoritätsanspruch. Timothy Garton Ash weiß: „Walter Cronkite, der legendäre Moderator der US-amerikanischen Fernsehnachrichten, pflegte sein Abendprogramm mit den Worten „So ist es nun mal“ zu schließen. Timothy Garton Ash ist Professor für Europäische Studien an der Universität Oxford und Senior Fellow an der Hoover Institution der Stanford University.

Viele Menschen wollen von den Medien auch etwas lernen

Im frühen 21. Jahrhundert geschehen zwei offensichtlich gegensätzliche Dinge gleichzeitig: Divergenz und Konvergenz. Es entsteht eine außerordentliche Fragmentierung bei der Übermittlung und Rezeption von Nachrichten und Ansichten. Und gleichzeitig konvergieren alle traditionell getrennten Medien wie Zeitung, Fernsehen und Radio auf denselben Plattformen. Dort vermischen sie sich und liefern sich einen Konkurrenzkampf mit Video-Life-Streaming, Podcasts, Sozialen Medien, Tweets und anderen nutzergenerierten Inhalten.

Offensichtlich wollen alle Menschen mehrere Dinge von den Medien, und das mit unterschiedlichen Prioritäten. Timothy Garton Ash stellt fest: „Die meisten von uns wollen unterhalten werden. Viele wollen auch etwas lernen, und zwar nicht nur das unmittelbar Nützliche.“ Im Netz herrscht ein Riesenhunger nach amüsanten und verrückten Nachrichten und nach Informationen über Prominente. Es gibt eine große Überlappung, wenn nicht gar einen fließenden Übergang zwischen der Verbreitung von seriösem Wissen und Information und Trash-News.

Nachrichten sind eine Form öffentlichen Wissens

Der Medienwissenschaftler Stephen Coleman bezeichnet die Nachrichten als „als eine Form öffentlichen Wissens“. Das Kürzel SWSV steht für die vier Hauptargumente für die Meinungsfreiheit: Selbst, Wahrheit, Staatsführung, Vielfalt. Wenn es um Universitäten, wissenschaftliche Forschung und Enzyklopädien geht, steht das „W“ für Wahrheit im Vordergrund. Intakte Medien dagegen werden insbesondere für das „S“ für gute Staatsführung gebraucht. Offensichtlich kann man mit intakten Medien auch die besten Schuhe, Filme oder Billigflüge auswählen.

Die wichtigste Funktion intakter Medien besteht allerdings darin, den Menschen fundierte Entscheidungen über politische Fragen und eine vollständige Teilhabe am politischen Leben zu ermöglichen. Timothy Garton Ash erläutert: „Die alten und neuen Medien sind unser wichtigstes Mittel, um einen öffentlichen Raum zu schaffen und uns selbst zu regieren. Sie sind unsere elektronische Pnyx. Die Medien sollten vor allem folgende Eigenschaften haben: unzensiert, vielfältig und vertrauenswürdig. Quelle: „Redefreiheit“ von Timothy Garton Ash

Von Hans Klumbies

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