In der Aufklärung soll der Verstand den Aberglauben besiegen

Theodor W. Adorno und Max Horkheimer vertreten die Auffassung, dass seit jeher die Aufklärung im umfassendsten Sinn fortschreitenden Denkens das Ziel verfolgt hat, von den Menschen die Furcht zu nehmen und sie als Herren einzusetzen. Das Programm der Aufklärung war in den Augen der beiden Sozialforscher allerdings auch die Entzauberung der Welt. Die Aufklärung wollte die Mythen auflösen und Einbildung durch Wissen ersetzen. Schon Francis Bacon, der Vater der experimentellen Philosophie, verachtet die Adepten der Tradition, die zuerst glauben, dass andere wissen, was sie nicht wissen. Und anschließend, dass sie selbst wissen, was sie nicht wissen. Leichtgläubigkeit, Widerwille gegen den Zweifel, Unbesonnenheit im Antworten, Prahlerei mit Bildung und die Scheu zu widersprechen haben die glückliche Ehe des menschlichen Verstandes mit der Natur der Dinge verhindert.

Machtvolles Wissen kennt keine Schranken

Die Überlegenheit des Menschen gegenüber allen anderen Lebewesen liegt im Wissen. An dieser Tatsache dulden Theodor W. Adorno und Max Horkheimer keinen Zweifel. Darin sind viele Dinge aufbewahrt, die Könige mit allen ihren Schätzen nicht kaufen könnten. Laut Francis Bacon soll der Verstand, der den Aberglauben besiegt, über die entzauberte Natur gebieten. Denn das Wissen, das Macht ist, kennt keine Schranken, weder in der Versklavung der Kreatur noch in der Willfährigkeit gegen die Herren der Welt.

Technik ist das Wesen dieses Wissens, denn sie zielt nicht auf Begriffe und Bilder, nicht auf das Glück der Einsicht, sondern auf Methode, Ausnutzung der Arbeit anderer und auf Kapital. Laut Francis Bacon wollen die Menschen von der Natur lernen, sie anzuwenden, um sie und die Menschen vollständig zu beherrschen. Nichts anderes gilt. Rücksichtslos gegen sich selbst hat die Aufklärung noch den letzten Rest ihres eigenen Selbstbewusstseins ausgebrannt. Für Theodor W. Adorno und Max Horkheimer ist nur solches Denken hart genug, die Mythen zu zerbrechen.

Die Entzauberung der Welt ist die Ausrottung des Animismus

Francis Bacon vertritt die These, das Macht und Erkenntnis synonym sind. Das wahre Amt und Ziel der Wissenschaft liegt für ihn in der Entdeckung vorher unbekannter Einzelheiten zur besseren Ausstattung und Hilfe im Leben. Die Entzauberung der Welt ist die Ausrottung des Animismus. Schon Xenophanes, verhöhnt die vielen Götter, weil sie den Menschen, ihren Erzeugern, mit allem Zufälligen und Schlechten glichen. Substanz und Qualität, Tätigkeit und Leiden, Sein und Dasein zeitgemäß zu definieren, was seit Francis Bacon ein Anliegen der Philosophie, aber die Wissenschaft kam schon ohne solche Kategorien aus.

Die Aufklärung erkannte im metaphysischen Erbe von Platon und Aristoteles die alten Mächte der Mythen wieder und verfolgte den Wahrheitsanspruch der Universalien. Laut Theodor W. Adorno und Max Horkheimer meint sie in der Autorität der allgemeinen Begriffe noch die Furcht vor den Dämonen zu erblicken, durch deren Abbilder die Menschen im magischen Ritual die Natur zu beeinflussen suchten. Von nun an soll die Materie endlich ohne Illusion waltender oder innewohnender Kräfte noch verborgener Eigenschaften beherrscht werden.

Kurzbiographie: Theodor W. Adorno, Max Horkheimer

Theodor W. Adorno, geboren am 11. September 1903 in Frankfurt am Main, gestorben am 6. August 1969, lehrte in Frankfurt als ordentlicher Professor für Philosophie und Soziologie und war Direktor des Instituts für Sozialforschung an der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität. Max Horkheimer, der von 1895 bis 1973 lebte, war ab 1930 Ordinarius für Sozialphilosophie und Direktor des Instituts für Sozialforschung in Frankfurt am Main. 1933 emigrierte er nach New York. In den fünfziger und sechziger Jahren lehrte er wieder in Frankfurt.

Von Hans Klumbies