Die geistige Unabhängigkeit ist die Voraussetzung für politische Freiheit

Derjenige Mensch, der in Unverständnis verharrt, lebt in tiefster Sklaverei. In seinem Werk „Versuch über den menschlichen Verstand“ leistete John Locke einige seiner folgenreichsten Beiträge zur Befreiung des Menschen. Der kanadische Politikwissenschaftler und Philosoph Charles Taylor weist darauf hin, dass der ganze Essay gegen diejenigen gerichtet ist, die anderen Vorschriften machen wollen, indem sie trügerische und vermeintlich über jeden Zweifel erhabene Grundsätze anwenden, wie beispielsweise die angeblich angeborenen Prinzipien. Matthew B. Crawford erklärt: „Gemeint sind die Priester und Scholastiker, die Bewahrer einer verkalkten aristotelischen Tradition. Ungeachtet der Reformation waren politische und kirchliche Autorität in John Lockes Zeit eng verwoben und hingen voneinander ab.“ Folglich war die geistige Unabhängigkeit Voraussetzung für die politische Freiheit. Matthew B. Crawford ist promovierter Philosoph und gelernter Motorradmechaniker.

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Beobachtungen sind immer Interpretationen

Im „Versuch über den menschlichen Verstand“ schreibt der englische Philosoph John Locke, der von 1632 bis 1704 lebte, folgendes: „Niemand kann im Ernst so skeptisch sein, dass er über die Existenz der Dinge, die er sieht und fühlt, ungewiss wäre.“ John Locke war der erste große Vertreter des empirischen Denkens. Er vertritt die These, dass sich etwas Reales aus unterschiedenen und mit hin unterscheidbaren Elementen zusammengesetzt ist. Diese Annahme wird später von Ludwig Wittgenstein zum Begriff der Tatsache verallgemeinert. Seiner Meinung nach ist die Tatsache das Bestehen von Sachverhalten und der Sachverhalt ist eine Verbindung von Gegenständen wie Sachen oder Dingen. Ludwig Wittgenstein schreibt: „Die Welt ist die Gesamtheit der Tatsachen, nicht der Dinge.“ Mit dem Begriff der Tatsache ist der Ausgangspunkt einer Tätigkeit gesetzt, die seit Aristoteles Induktion heißt, ein Denkweg vom Einzelnen zum Allgemeinen, aus dem Geschehen in eine Distanz hinein.

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Platon denkt als einer der ersten über die Erkenntnis nach

Platon, der laut Wilhelm Berger als erster Erkenntnistheoretiker gelten kann, ist mit dem Zerfall seiner Welt konfrontiert. Die griechische „polis“ gerät immer mehr in eine Krise, die nicht nur politische, sondern auch ökonomischen Ursachen hat. Ab dem 7. Jahrhundert vor Christus beginnt sich die Geldwirtschaft durchzusetzen. Wilhelm Berger erklärt: „Das hat tiefgreifende Auswirkungen auf der Ebene des Sozialen und gefährdet den Zusammenhalt, der für das Überleben der „polis“ notwendig ist.“ Ungleichheit treibt die Bürger auseinander. Man weiß nicht mehr, was richtig und falsch, gut und böse ist. So hat Platons Nachdenken über das Erkennen ein ethisches Grundmotiv.“ Auch der englische Philosoph Francis Bacon (1561 – 1626) denkt mitten in einer Krise des Übergangs in die Neuzeit über die Erkenntnis nach. Professor Wilhelm Berger lehrt am Institut für Technik- und Wissenschaftsforschung an der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt.

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Das Philosophie Magazin stellt die Frage: „Leben wir zu schnell?“

Das Titelthema der neuen Ausgabe des Philosophie Magazins 02/2013 handelt von wachsender Mobilität, der digitalen Revolution und ständig steigenden Leistungsanforderungen. Viele Menschen leben scheinbar in einem Hamsterrad der Beschleunigung, der Rastlosigkeit und des Dauerdrucks. Manchmal können sie nicht mehr unterscheiden, ob ihnen die Zeit davonläuft oder ob sie selbst vor der Zeit davonrennen. Das Philosophie Magazin führt ein Interview mit dem Beschleunigungstheoretiker Hartmut Rosa und stellt ihm unter anderem die Frage, was die gehetzten Menschen von heute falsch machen. Hartmut Rosa antwortet, dass die Lebensführung von vielen Menschen heute nicht mehr von der Frage „Was ist mir wichtig?“ geleitet wird. Viel entscheidender sind Prozesse der Beschleunigung, die das Leben bestimmen und die mit der Entwicklung moderner Gesellschaften zusammenhängen. Hartmut Rosa behauptet: „Deshalb ist auch der Versuch verfehlt, durch ein richtiges „Zeitmanagement“ sein Leben in den Griff zu bekommen. Das verstärkt den Druck auf den Einzelnen nur noch.“

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Herbert Schnädelbach begibt sich auf die Spur der Vernunft

Im philosophischen Diskurs ist die Vernunft eines der wichtigsten Themen, denn laut einer alten Überlieferung soll sie es sein, die den Menschen von den übrigen Lebewesen unterscheidet. Immanuel Kant forderte zum Beispiel, man sollte den Menschen als animal rationale, also als vernunftfähiges Lebewesen bezeichnen. Herbert Schnädelbach schreibt: „In der Tat ist die Vernunft nicht eine unserer ständigen Eigenschaften, sondern nur ein Inbegriff von Fähigkeiten oder „Vermögen“, wie die Philosophen sagen, über die nur die Menschen verfügen; sonst haben wir ja fast alles mit den Tieren gemeinsam.“ Im philosophischen Denken trat die Vernunft niemals ganz allein auf, sondern hatte im Verstand ihren ständigen Begleiter. Vor seiner Emeritierung war Herbert Schnädelbach Professor für Philosophie an den Universitäten Frankfurt am Main, Hamburg und an der Humboldt-Universität in Berlin.

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