Ein starker Mensch träumt nicht von Vergeltung

Martha Nussbaum betont, welche Rolle die Hilflosigkeit bei der Vergeltung spielt: „Vergeltungswünsche sind häufig Ausdruck verdrängter grundlegender Machtlosigkeit und vermitteln die Illusion, man könnte an seiner schlechten Situation etwas ändern.“ Entsprechend ließe sich vermuten, dass Menschen und auch Institutionen desto eher Gnade walten lassen könnten, je mehr Vertrauen sie in die eigene Stabilität und ihre eigene Macht haben. Und in der Tat hat der deutsche Philosoph Friedrich Nietzsche eine solche Verbindung überzeugend dargestellt. Wie der römische Philosoph Seneca vertritt er die Auffassung, dass die Rachemoral, die er im Christentum erkennt, psychologisch mit einem Gefühl der Schwäche und der Machtlosigkeit verbunden ist. Martha Nussbaum ist Philosophin und Professorin für Rechtswissenschaften und Ethik an der University of Chicago. Sie ist eine der einflussreichsten Philosophinnen der Gegenwart.

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Das Schicksal lässt sich nicht berechnen

Vor allem ist es der persönlichen Entscheidung überlassen, wie man sein Geschick aufnimmt, bewertet und in sich verarbeitet. Albert Kitzler fügt hinzu: „Schicksal ist ein Verhältnis, nämlich das zwischen einem äußeren Ereignis und der seelischen Verarbeitung.“ Beide Seiten dieses Verhältnisses, das äußere Ereignis und der Mensch selbst, haben einen Einfluss darauf, ob ein Missgeschick oder Unglück bei ihm Ärger, Zorn, Angst und Sorgen auslöst. Seneca lässt einmal die Natur, bzw. das Schicksal, folgendermaßen sprechen: „Das, worüber du klagst, ist für alle das Gleiche. Ich kann niemandem zu Leichterem verhelfen; wohl aber kann jeder, wenn er nur will, es sich selber leichter machen.“ Der Philosoph und Jurist Dr. Albert Kitzler ist Gründer und Leiter von „MASS UND MITTE“ – Schule für antike Lebensweisheit.

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Martha Nussbaum macht auf falsche soziale Werte aufmerksam

Menschen werden einem Rechtssystem nicht lange ihre Unterstützung oder gar Gefolgschaft gewähren, wenn sie die ihm zugrunde liegenden Werte strikt ablehnen. Jedes Programm, das sich den Menschen gegenüber nicht rechtfertigen lässt, besteht keinen normativen Grundtest. In seinem Werk „Politischer Liberalismus“ erklärt John Rawls, um Legitimität beanspruchen zu können, müsse man zeigen, dass die vorgeschlagenen Werte Gegenstand eines übergreifenden Konsenses unter den Bürgern als den Vertretern der vernünftigen religiösen und säkularen Hauptlehren werden können. Martha Nussbaum fügt hinzu: „Rawls besteht allerdings nicht darauf, dass der übergreifende Konsens in der Gegenwart bereits verwirklicht sein muss. Seiner plausibleren Auffassung nach muss lediglich gezeigt werden, dass es einen überzeugenden Weg gibt, wie sich solch ein Konsens mit der Zeit und durch Argumentation erreichen lässt.“ Martha Nussbaum ist Philosophin und Professorin für Rechtswissenschaften und Ethik an der University of Chicago. Sie ist eine der einflussreichsten Philosophinnen der Gegenwart.

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Die Dankbarkeit ist eine rückwärtsgewandte Cousine des Zorns

Bei der Dankbarkeit handelt es sich in vielerlei Hinsicht um eine rückwärtsgewandte Cousine des Zorns. Dennoch argumentiert Martha Nussbaum, dass sie in vertrauten Beziehungen wertvoll sein kann, weil sie hilft, das gegenseitige Wohlwollen zu festigen, um das es den Partnern in solchen Beziehungen richtigerweise geht. Dennoch gilt: So wie ein Mensch aufgrund der mannigfachen Verletzungen und Demütigungen, die ihm in so vielen Zusammenhängen des täglichen Lebens widerfahren, nicht wütend werden sollte, so soll er auch keine Dankbarkeit empfinden, wenn andere Menschen dafür sorgen, dass diese Dinge gut verlaufen. Martha Nussbaum weiß: „Eine solche Emotion verrät eine zu starke Abhängigkeit von äußeren Gütern.“ Martha Nussbaum ist Philosophin und Professorin für Rechtswissenschaften und Ethik an der University of Chicago. Sie ist eine der einflussreichsten Philosophinnen der Gegenwart.

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Die Philosophie der Stoa erlebt eine Renaissance

Heutzutage erleben die antike praktische Philosophie, insbesondere die Stoa, und Philosophen wie Epikur, Seneca, Epiktet, Mark Aurel und andere eine Renaissance. Albert Kitzler nennt die Gründe: „Das liegt zum einen am hohen Nutzen ihrer praktischen Philosophie zur Lebensbewältigung; zum anderen an der wieder erwachten Einsicht, dass die Philosophie sehr wohl geeignet und bestimmt ist, den Menschen auf seinem Lebensweg stützend, helfend und beratend zu begleiten.“ Die Philosophie erschöpft sich nach Seneca nicht im Nachdenken, Forschen und Erkennen um ihrer selbst willen. Die Erkenntnisse und Einsichten, mögen sie auch noch so vorläufig sein, müssen lebendig werden, um in Dasein des Einzelnen ihre wohltuenden Wirkungen zu entfalten. Der Philosoph und Jurist Dr. Albert Kitzler ist Gründer und Leiter von „MASS UND MITTE“ – Schule für antike Lebensweisheit.

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Der Zorn lässt Menschen kindisch wirken

Seneca hat eine Reihe unterschiedlicher Einwände gegen den Zorn. Oft, so behauptet er, gelte die Emotion ziemlichen Belanglosigkeiten. Weit davon entfernt, nützliches Verhalten zu fördern, stelle der Zorn eine sehr instabile und unverlässliche Grundlage der Motivation dar. Er sei beileibe nichts Erfreuliches, sondern vielmehr äußerst unerfreulich und eine Ursache für noch mehr Unerfreuliches. Martha Nussbaum zitiert Seneca weiter, der über den Zorn noch folgendes zu sagen hat: „Auch dient der Zorn nicht zuverlässig der Abschreckung, sondern lässt die Menschen kindisch wirken, und mit einer solchen Ausstrahlung verbindet sich nichts Abschreckendes.“ Keineswegs erhaben, sei der Zorn vielmehr Ausdruck von Engstirnigkeit und niederer Gesinnung. Martha Nussbaum ist Philosophin und Professorin für Rechtswissenschaften und Ethik an der University of Chicago. Sie ist eine der einflussreichsten Philosophinnen der Gegenwart.

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Die Weisheit ist die Kunst des Lebens

Der römische Philosoph und Staatsmann Seneca schreibt: „Liebe ist Vernunft! Diese Liebe wird die wappnen auch gegen das Härteste.“ Gleichwohl ist diese Einsicht nur die eine Seite der Weisheit. Ein Mensch muss sie auch umsetzen können. Seneca fährt fort: „Die Weisheit ist eine Kunst, eine Kunst des Lebens.“ Albert Kitzler weiß: „Erst im Laufe der Zeit verfestigt sich die Weisheit durch kontinuierliches Üben, Praktizieren und durch Erfahrungen zu einer inneren Haltung und tatsächlichen Bewältigung des Lebens, die Freude und Erfüllung verschafft und Fehlverhalten weitgehend vermeidet.“ Durch anhaltendes Üben wird das Erlernte zu einer festen Lebenspraxis und zu einem Teil des Charakters. Der Philosoph und Jurist Dr. Albert Kitzler ist Gründer und Leiter von „MASS UND MITTE“ – Schule für antike Lebensweisheit.

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Von der Lebensschule Senecas kann jeder Mensch viel lernen

Für die Lebenslehre Senecas war die Philosophie nie Bremsklotz, sondern Antrieb. Sie verlangte keineswegs erst zu handeln, wenn man die „Wahrheit“ gefunden hat. Sie ist besonnen und abwägend, nicht zaudernd und grüblerisch. Seneca schreibt: „Niemals erwarten wir das sicherste Begreifen der Dinge, da die Wahrheit ja in steilem Gelände erforscht werde, sondern folgen der Wahrscheinlichkeit.“ Von der Lebensschule Senecas kann jeder Mensch viel lernen. Albert Kitzler erläutert: „Ihre Grundsätze und Weisheiten sind weder beliebig, noch verlieren sie sich in grauer Theorie. Für alle Lebensprobleme bietet sie brauchbare und effiziente Ratschläge und Weisungen.“ Aber in keinem Fall wird sie einem Menschen das eigenverantwortliche Entscheiden und Handeln im jeweiligen Augenblick abnehmen oder vorschreiben. Der Philosoph und Jurist Dr. Albert Kitzler ist Gründer und Leiter von „MASS UND MITTE“ – Schule für antike Lebensweisheit.

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Philosophie ist kein absolutes Wissen

Wer die Philosophie als Lehrerin für sein Leben wählt, darf nicht erwarten, sie sage einem mit allgemeiner Gültigkeit, was zu tun und zu lassen ist. Das wäre nach Seneca ein großes Missverständnis. Albert Kitzler erläutert: „Zwar geht es ihr um Erkenntnis, Einsicht, Schärfung der Begriffe, Unterscheidung, um Wahrheit und Irrtum. Aber unser Leben, das wir zu bewältigen haben, ist immer einmalig, jeder von uns ist einmalig.“ Es ist noch eine Kluft zu überbrücken, die sich immer und unvermeidlich zwischen einer Erkenntnis und allgemeinen Weisheitsregeln einerseits und den individuellen Umständen einer konkreten Lebenssituation andererseits auftut. Dies kann dazu führen, dass eine Weisheit modifiziert werden und hinter einer anderen zurücktreten muss. Der Philosoph und Jurist Dr. Albert Kitzler ist Gründer und Leiter von „MASS UND MITTE“ – Schule für antike Lebensweisheit.

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Seneca war ein großer Freund der Worte

Obgleich Seneca wusste, dass es bei der Art der Lebensbewältigung durch Philosophie auf Denken, Erkenntnis und begriffliches Erfassen der Wirklichkeit ankommt, warnte er davor, sich im Gestrüpp der Begriffe und formal-logischen Ableitungen zu verlieren. Albert Kitzler erläutert: „Nach Seneca deuten die Begriffe nur auf die Sachen hin, die es zu verstehen gilt. Ob wir Angst von Furcht unterscheiden, was wir dem einen oder anderem zuordnen, ob wir eine möglichst exakte, lexikalische Definition finden, das sei nur von relativem Wert.“ Wichtiger sei es die Sache selbst zu begreifen und zu lernen, mit ihr umzugehen. Seneca hielt sich mehr an die Erscheinungen, die Phänomene, denen die Worte sich anschmiegen sollten und die er immer wieder mit unterschiedlichen Worten und Bildern möglichst umfassend und genau um- und beschreiben wollte. Der Philosoph und Jurist Dr. Albert Kitzler ist Gründer und Leiter von „MASS UND MITTE“ – Schule für antike Lebensweisheit.

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Die Philosophie hat das Ganze des Lebens im Sinn

Seneca schreibt: „Dass wir leben, ist unzweifelhaft ein Geschenk der Götter, dass wir gut leben, ein Geschenk der Philosophie. … Die Weisheit ist die Lehrerin der Seele. … Die Gestaltung des Lebens selbst ist ihre Aufgabe und Kunst. … Indes ist es nur das glückliche Leben, auf das sie zielt: dahin führt sie, dahin öffnet sie die Wege.“ Seneca ist davon überzeugt, dass der Weise ein Meister in der Kunst ist, die Übel zu bändigen. Schmerz, Armut, Schmack, Kerker, Verbannung, die sonst überall Schrecken erzeugen, wandeln sich ins Milde, wenn sie auf den Weisen stoßen. Albert Kitzler weiß: „Die Philosophie beschränkt sich nicht auf Einzelzwecke, sondern hat das Ganze des Lebens mit allen seinen Bezügen und Bedürfnissen im Sinn.“ Der Philosoph und Jurist Dr. Albert Kitzler ist Gründer und Leiter von „MASS UND MITTE“ – Schule für antike Lebensweisheit.

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Das Leben ist ein lebenslanger Lernprozess

In seinem Buch „Leben lernen – ein Leben lang“ erläutert Albert Kitzler, um was es im Leben geht, nämlich es nachhaltig und sinnvoll so zu gestalten, dass man es jeden Tag neu lieben und genießen kann. Der Autor gibt zu, dass dies nicht einfach ist, da nur wenige Menschen diese Kunst beherrschen. Denn die Lebensfreude der meisten Menschen ist getrübt von Sorgen, inneren Konflikten, Ängsten, Unruhe, Rastlosigkeit, Enttäuschungen, Sinnzweifeln und unerfüllten Sehnsüchten. Gerade um solchen Belastungen abzubauen, ist eine Weiterbildung in philosophischer Lebensbewältigung äußerst hilfreich, denn sie sorgt für Freude und neue Energie. Denn Glück und Unglück liegen in der eigenen Seele – das war die einhellige Überzeugung der großen Denker in der Antike. Und daran hat sich bis heute nichts geändert. Der Philosoph und Jurist Dr. Albert Kitzler ist Gründer und Leiter von „MASS UND MITTE“ – Schule für antike Lebensweisheit.

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Die Philosophie tröstete Boethius kurz vor seinem Tod

Das Buch „Der Trost der Philosophie“, das der zum Tode verurteilte Boethius im Kerker schrieb, wurde zu einem der meistgelesen Bücher des Mittelalters, obwohl es im Gegensatz zu fast allen mittelalterlichen Erfolgsbüchern nichts mit dem christlichen Glauben zu tun hat. Was steht in dem Buch? Rolf Dobelli weiß es: „Der verängstige, verzweifelte auf sein Todesurteil wartende Boethius sitzt im Kerker. Plötzlich schwebt eine etwas ältere, aparte Frauengestalt hinein, die „Philosophie“. Sie erklärt ihm die Welt und gibt ihm einige mentale Werkzeuge in die Hand, um mit seiner neuen, ausweglosen Situation zurechtzukommen.“ Rolf Dobelli fast die Empfehlungen der „Philosophie“, die natürlich Boethius` Empfehlungen sind, zusammen. Der Bestsellerautor Rolf Dobelli ist durch seine Sachbücher „Die Kunst des klaren Denkens“ und „Die Kunst des klugen Handelns“ weltweit bekannt geworden.

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Ein wohlwollendes Betrachten des eigenen Selbst führt zu Gelassenheit

Der römische Philosoph Seneca verfasste ein Traktat zur Gelassenheit, mit der er auf die überaus aktuell klingenden Sorgen seines Freundes Serenus antwortete – ein Zeitgenosse, der auf der Suche nach dem guten Leben aus seiner Rastlosigkeit keinen Weg zur inneren Ruhe erkennen konnte und dabei sehr an modere Suchende erinnert. Ina Schmidt erläutert: „Serenus beklagt eine innere Unruhe, die ihm zwar keine existenzielle Not verursache, aber doch eine nagende Unzufriedenheit und das Gefühl, das eigene Leben nicht richtig anzugehen.“ Nicht, dass er nicht schon verschiedenste Möglichkeiten ausprobiert habe – seine Versuche von der materiellen Askese über innere Einkehr bis zu sozialem Engagement hätten die innere Unruhe aber nur noch gesteigert. Ina Schmidt gründete 2005 die „denkraeume“, eine Initiative, in der sie in Vorträgen, Workshops und Seminaren philosophische Themen und Begriffe für die heutige Lebenswelt verständlich macht.

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Es gibt drei Möglichkeiten für ein geglücktes Geschlechterverhältnis

Das Titelthema des neuen Philosophie Magazin 04/2018 lautet: „Männer und Frauen: Wollen wir dasselbe?“ Es gibt drei Möglichkeiten für ein geglücktes Geschlechterverhältnis: Erstens klare Regeln, die sexueller Übergriffigkeit einen Riegel vorschiebt. Zweitens Selbstermächtigung. Die Kulturwissenschaftlerin Mithu M. Sanyal fordert Frauen auf, in eine aktive Sexualität zu finden, anstatt eine Gesellschaft zu fordern, die sie vor allen erdenklichen Verletzungen schützt. Drittens das Verstehen. In einem „Spiel der Verführung“ lernen sich Frau und Mann endlich wirklich kennen. Laut Svenja Flaßpöhler, Chefredakteurin des Philosophie Magazins, braucht es ein Geschlechterverhältnis, das Lust aus der Differenz zieht, anstatt sich von ihr zerstören zu lassen. Die ausdrückliche Zustimmung beim Sex gehört zu den Kernforderungen der #metoo-Bewegung. Kritiker befürchten deshalb einen neuen Puritanismus. Nils Markwardt vertritt in seinem Artikel die These, dass eher das Gegenteil zutrifft.

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Rolf Dobelli kennt die Kunst des guten Lebens

Rolf Dobelli zeigt in seinem neuen Buch „Die Kunst des guten Lebens“, dass es nicht nur einen, sondern viele überraschende Wege zum Glück gibt. Dabei handelt es sich um gedankliche Modelle, die seinen Lesern helfen, die Welt neu zu sehen und zu verstehen. Dabei beantwortet er unter anderem Fragen wie „Wie soll ich leben?“ und welche Rolle das Schicksal oder das Geld im Leben spielt. Dabei helfen Rolf Dobelli mentale Werkzeuge, die wichtiger als Faktenwissen, als Geld, als Beziehungen und als Intelligenz sind. Als er seine Sammlung mentaler Werkzeuge für ein gutes Leben zusammenstellte, griff er auf einen Fundus von längst vergessenen Denkmodellen aus der klassischen Antike und auf die neuesten Erkenntnisse aus der psychologischen Forschung zurück. Der Bestsellerautor Rolf Dobelli ist durch seine Sachbücher „Die Kunst des klaren Denkens“ und „Die Kunst des klugen Handelns“ weltweit bekannt geworden.

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Die Entschleunigung ist für Ralf Konersmann eine Illusion

Stress, Burn-out – fast jeder Mensch weiß, was damit gemeint ist. Vor hundert Jahren sprach man eher von Nervosität schreibt Ralf Konersmann in seinem Buch „Wörterbuch der Unruhe“. Auf die Frage, was sich seit früher verändert hat, antwortet Ralf Konersmann: „Die Nervosität wurde eher als kollektives Schicksal erlebt. Mit Nervosität meinte man eher die Atmosphäre der großen Stadt.“ Das Wort Stress steht mehr für einen Rückzug auf den Einzelnen. Stress wird vor allem als private Herausforderung gesehen, für die jeder seine eigenen Lösungen finden muss. Dieses Denken setzt auch voraus, dass Unruhe als eine Normalität behandelt wird. Die Unruhe der Gegenwart unterscheidet sich allerdings grundlegend von der „inquietas“, wie sie Seneca und andere Stoiker beschreiben. Ralf Konersmann ist Professor für Philosophie an der Universität Kiel.

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Der Weise fürchtet weder die Menschen noch die Götter

Laut Seneca unterscheidet die törichte Habsucht der Menschen zwischen Besitz und Eigentum und zählt den öffentlichen Besitz nicht zum persönlichen Eigentum. Der Weise dagegen betrachtet gerade dies als den ureigensten Besitz, was er mit der gesamten Menschheit gemeinsam hat. Seneca erklärt: „Denn Gemeingut, das in seinen Teilen nicht auch jedem einzelnen gehörte, wäre auch kein richtiges Gemeingut. Gemeinsamkeit stiftet auch das, was nur zum kleinsten Teil Gemeingut ist.“ Da die wahren und wesentlichen Güter seiner Meinung nach nicht so verteilt sind, dass für die einzelnen auch nur ein winziger Bruchteil abfällt, gehört jedem einzelnen das Ganze. Zum Beispiel gehöre Frieden und Freiheit voll und ganz sowohl allen wie jedem einzelnen.

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Die Deutschen wollen das lang verpasste Glück suchen

Helfen macht die meisten Menschen glücklich. In einem solchen Fall ist es ein beinahe anarchisches Glück. Eigentlich ist die Bundesrepublik Deutschland ein ziemlich glückliches Land. Es gibt seit sieben Jahrzehnten keinen Krieg und keine Diktatur. Deutschland und seine Bürger sind wohlhabend wie nie. Die Korruption ist auf einem niedrigen Level, das Bildungsniveau ist ganz ordentlich, die meisten Straßen sind in einem guten Zustand und in der Regel kommen auch die Züge pünktlich an. Und dennoch scheint die Hälfte der Bevölkerung gerade das Glück zu suchen: In Yogakursen, in Gruppen zur Selbsterfahrung und beim individuellen Coaching. Oder sie fahnden nach dem Glück auf Reisen in ihr Inneres, in der Wildnis oder in einem Wellnesshotel. Wieder andere hoffen das Glück an der Bar, beim Dating oder wenigstens mit einem Buch auf dem Sofa zu finden.

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Boethius schreibt im Gefängnis sein Werk „Trost der Philosophie“

Anicius Manlius Severinus Boethius, der von 475 bis 525 lebte, war einer der letzten römischen Philosophen. Ähnlich wie seine Landsleute Seneca und Cicero sah er in der Philosophie eine Art Selbsthilfe, eine praktische Methode, das Leben zu verbessern, sowie eine Disziplin abstrakten Denkens. Er übersetzte auch Aristoteles und Platon ins Lateinische. So sorgte er dafür, dass ihre wichtigen Theorien nicht in Vergessenheit gerieten. Nigel Warburton ergänzt: „Als Christ sprach er mit seinen Schriften die frommen religiösen Philosophen an, die im Mittelalter seine Bücher lasen. Seine Philosophie schlug eine Brücke zwischen den alten griechischen und neueren römischen Denken und der aktuellen christlichen Philosophie, die nach seinem Tod jahrhundertelang in Westeuropa Gültigkeit haben sollte.“ Der Philosoph Nigel Warburton ist Dozent an der Open University. Er gibt außerdem Kurse über Kunst und Philosophie am Tate Modern Museum.

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Der Weisheit sind alle anderen Künste untergeordnet

Die Natur erfüllt ihre Forderungen laut Seneca von selbst. Tägliche Zügellosigkeit, die über einen längeren Zeitraum hin ständig anwächst und mit viel Phantasie das Laster fördert, bedeutet die Abkehr von der Natur. Wenn ein Mensch seine Wünsche auf Überflüssiges oder sogar auf Naturwidriges ausrichtet, liefert er seinen Geist dem Körper aus und macht ihn zum Sklaven seiner Begehrlichkeiten. Wer das natürliche Maßgefühl verliert, das sich bei der Befriedigung von Wünschen mit dem Unentbehrlichen und Lebensnotwendige begnügt, gilt als zurückgeblieben und ärmlich. Selbst bedeutende Männer lassen sich gemäß Seneca durch den Wohllaut der Rede von der Wahrheit ablenken.

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Seneca gibt der Tugend den Vorzug vor der Lust

Seneca kritisiert die Menschen, die behaupten, Lust und Tugend seien gar nicht voneinander zu trennen. Sie sind der Meinung, dass niemand ein ehrbares Leben führen könne, ohne zugleich Vergnügen daran zu haben. Seneca kann dagegen nicht entdecken, wie zwei so verschiedene Dinge eine feste Verbindung miteinander eingehen können. Seneca erklärt: „Dazu kommt noch, dass es auch im erbärmlichsten Leben Lust gibt, Tugend eine schlechte Lebensweise gar nicht erst zulässt und dass es Unglückliche gibt, nicht an Mangel an Lust, sondern durch die Lust selbst, was unmöglich wäre, wenn Tugend und Lust so innig verbunden wären.“ Die Tugend muss oft ganz der Lust entbehren, ohne jedoch jemals aus sie angewiesen zu sein.

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Seneca beschwört die große Erhabenheit der Tugend

Sokrates stellte die Ethik in den Mittelpunkt seiner Philosophie und meinte, es sei die höchste Weisheit Gutes und Böses unterscheiden zu können. Er sagte: „Wenn mein Urteil dir etwas gilt, dann richte dich zu deinem wahren Glück nach jenen alten Philosophen und achte nicht darauf, dass du irgendwem als Narr erscheinst.“ Laut Seneca wird das nur der erreichen, der alle Güter gleichermaßen achtet, da es für ihn kein Gut ohne sittlichen Rang gibt, der überall der gleiche ist. Er glaubt, dass sich mit ein und derselben Tugend Unglück überwinden und das Glück bewahren lässt, da die Tugend nämlich nicht kleiner oder größer werden kann. Sie ist immer von einer Größe.

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Seneca verteidigt den Reichtum eines Philosophen

Seneca wehrt sich dagegen, einem Philosophen den Besitz von Geld zu untersagen. Denn die Weisheit ist niemals zur Armut verurteilt worden. Wenn ein Philosoph reich ist, wird er seine ansehnlichen Schätze weder von anderen geraubt noch mit fremdem Blut befleckt haben. Er wird sein Vermögen weder zu Unrecht noch durch ein schmutziges Gewerbe erworben haben. Deshalb schreibt Seneca: „Außer böswilligen Neidern hat kein Mensch Veranlassung, über ordnungsgemäße Mehrung und Minderung von Schätzen zu jammern.“ Der Besitz gilt als anständig, wenn sich darunter nichts findet, was ein anderer als sein rechtmäßiges Eigentum bezeichnen dürfte.

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Seneca singt ein Loblied auf die Freundschaft

Für den Philosophen Seneca gibt es keinen reineren und feineren Genuss als eine treue, herzliche Freundschaft. Wir gut und befriedigend ist es für einen Menschen, gleichgestimmte Herzen zu kennen, denen man jedes Geheimnis sicher anvertrauen kann, deren Mitwissen weniger zu fürchten ist als das eigene. Seneca schreibt: „Ihre Gespräche beruhigen uns, ihre Ratschläge helfen uns weiter, ihre Munterkeit vertreibt unsere trüben Gedanken, ihr bloßer Anblick macht uns Freude.“ Er rät allerdings, sich nur für solche Freunde zu entscheiden, die von lasterhaften Leidenschaften frei sind, denn diese schleichen sich unvermutet ein, greifen ganz leicht auf die nächste Umgebung über und richten gerade im persönlichen Umgang viel Schaden und Unheil an.

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