Jon Fosse will sich allen Ernstes vom Theater verabschieden

Norwegens berühmtester lebender Schriftsteller ist zweifellos Jon Fosse. Selbstdarstellungsfeiern und Wortexzesse sind ihm dennoch fremd. Jon Fosse ist beim Schreiben eher einer, der bescheiden auftritt und seine scheinbar kargen Sätze ganz genau auf den Punkt bringt. Literaturkritiker bezeichnen ihn als den größten Sprachminimalisten der nördlichen Hemisphäre. In seinen Dramen, die karg an Worten sind, setzt er Pausen und Auslassungen als wichtiges Stilmittel. Seine Romane sind durchzogen von den Grundgefühlen Melancholie und Einsamkeit. Jon Fosse liebt das Schweigen, den Wind, die Nacht und das Meer. In allen seinen Texten spielen sie eine wichtige Rolle. Und immer auch geht es in seinen Werken um das große Ungenannte, um erste und letzte Fragen, um die Liebe und den Tod, mit dem jedes Leben ein Ende findet.

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Wole Soyinka ist der einzige Literaturnobelpreisträger Afrikas

Der Schriftsteller Wole Soyinka, der aus Nigeria stammt, ist der erste und bis heute einzige Literaturnobelreisträger aus Schwarzafrika. Im Jahr 1986 nahm Wole Soyinka die Auszeichnung stellvertretend für ganz Afrika an, wobei er seine Dankesrede Nelson Mandela widmete: „Diese Vergangenheit muss sich ihrer Gegenwart stellen.“ Der Literaturnobelpreis katapultierte den Schriftsteller in die Weltöffentlichkeit, etablierte ihn als einen Mahner für die Freiheit, als einen „writer and fighter“, der sich für Nigeria und ganz Afrika einsetzt. Wole Soyinka war immer wieder im Gefängnis gelandet, weil er gegen die nigerianische Militärdiktatur protestierte. Zwei Jahre wurde er in Isolationshaft gesperrt, anschließend musste er für lange Zeit ins Exil gehen. Wole Soyinka erklärt dazu: „Letztlich bin ich lieber im Kampf gefangen als in der Entfremdung von meiner eigenen Gesellschaft.“ Am 13. Juli ist Wole Soyinka 80 Jahre alt geworden.

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Ulrich Greiner: „Wir leben in einer Zeit des Schamverlustes“

Wann und warum sich Menschen schämen, ist davon abhängig, in welcher Kultur und in welcher Epoche sie leben. Wie sich mit den Normvorstellungen für das Gebotene und Erlaubte auch das Schamempfinden verändert hat, zeigt Ulrich Greiner in seinem Buch „Schamverlust. Vom Wandel der Gefühlskultur“ anhand zahlreicher literarischer Werke von Heinrich von Kleist bis Botho Strauß. Denn die Scham ist eine der stärksten Antriebskräfte von Literatur. Wenn sich jemand schämt, begegnet er sich selbst. Und eine Selbstbegegnung ist eine der Voraussetzungen für Literatur. Ulrich Greiner behauptet: „Wir leben in einer Zeit des Schamverlustes und der Peinlichkeitsfurcht.“ Ulrich Greiner war zehn Jahre lang der Feuilletonchef der ZEIT. Als Gastprofessor lehrte er in Hamburg, Essen, Göttingen und St. Louis. Außerdem ist er Präsident der Freien Akademie der Künste in Hamburg.

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Gabriel García Márquez erhält 1982 den Literaturnobelpreis

Der kolumbianische Schriftsteller Gabriel García Márquez war ein Erfinder von Mythen und Revolutionär der Weltliteratur. Als er 1967 sein Buch „Hundert Jahre Einsamkeit“ veröffentlichte, sorgte er für eine Sensation. Denn er schrieb damit den großen neuen Roman des Verfalls einer Familie. Der Diktatorenroman „Der Herbst des Patriarchen“ erschien 1975. Mit der „Chronik eines angekündigten Todes“ lieferte Gabriel García Márquez 1981 eine klassisch strenge Novelle. Die amouröse Geschichte seiner Eltern erzählte er in dem Buch „Die Liebe in den Zeiten der Cholera“, das 1985 erschien. Ganz nebenbei blieb der Jahrhundertschriftsteller ein ausgezeichneter Journalist, der sich in seiner Schreibschule im kolumbianischen Cartagena de Indias für den Nachwuchs einsetzte. Am vergangenen Donnerstag ist der Literaturnobelpreisträger in Mexiko-Stadt im Alter von siebenundachtzig Jahren gestorben.

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Inge Feltrinelli hat mit außergewöhnlichen Fotos die Welt erobert

Mit einem Foto von Greta Garbo verdiente die Fotografin Inge Feltrinelli ihren ersten 50 Dollar bei LIFE. Es entstand in New York, als die Schauspielerin an einer Ampel stand. Es ist für sie eines der schönsten Fotos, die sie jemals gemacht hat. Der Bildband „Mit Fotos die Welt erobern“, der im Steidl Verlag erschienen ist, präsentiert eine Vielzahl legendärer Schnappschüsse, die Inge Feltrinelli, von den Schönen, Klugen und Reichen ihrer Zeit gelungen sind. Bezeichnend für ihre Arbeitsweise ist es, dass des zu fast jedem aufregenden Foto eine spannende Anekdote dazu gibt. Der amerikanische Schriftsteller Ernest Hemingway stieg beispielsweise nur mit seinen geliebten Drinks auf die Rückbank eines Wagens. Der Regisseur Billy Wilder unterbrach die Unterhaltung mit Inge Feltrinelli nur, um eine Pickelhaube aufzusetzen. Und unter einem 5-Dollar-Kleid schmuggelte die Fotografin ihre Fotoausrüstung auf den Ball des Herzogs von Windsor.

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Thomas Bernhard ist zum Nationaldichter aufgestiegen

Der weltberühmte österreichische Schriftsteller Thomas Bernhard musste in seinem Leben viele Beschimpfungen über sich ergehen lassen: Vaterlandsverräter, Nestbeschmutzer, Skandalautor. Ein war ein Literat, der wie kein anderer gehasst und angefeindet wurde. Heute dagegen, ein Vierteljahrhundert nach seinem Tod, ist Thomas Bernhard der wortgewaltige Nationaldichter, ein Stück Theater- und Literaturgeschichte, ein Genie. Regisseur Hans Neuenfels sagt über ihn: „Wahrscheinlich ist es bei Nestroy nicht anders gewesen.“ Seinen ersten Gedichtband veröffentlichte Thomas Bernhard im Alter von 26 Jahren und seinen ersten Roman mit 34. Für Skandal sorgte der Schriftsteller schon, als er noch relativ unbekannt wer. Als ihm Unterrichtsminister Piffl-Percevic 1968 den Kleinen Österreichischen Staatspreis überreichte, erklärte Thomas Bernhard in seiner Dankesrede die Österreicher zu Geschöpften der Agonie und das österreichische Volk zur Infamie und Geistesschwäche verurteilt.

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Günter Grass hat seinen Roman „Hundejahre“ neu illustriert

Vor fünfzig Jahren ist der Roman „Hundejahre“ des Literaturnobelpreisträgers Günter Grass erschienen. Jetzt hat der weltberühmte Autor davon eine Jubiläumsausgabe mit neuen bildnerischen Arbeiten dazu herausgebracht. Von seinen drei ersten Prosabüchern „Die Blechtrommel“, „Katz und Maus“ und „Hundejahre“ sind die „Hundejahre“ für Günter Grass das Buch, das ihm in seinem fragmentarischen Charakter am längsten beschäftigt und zeichnerisch immer wieder interessiert hat. Das hat vor allem damit zu tun, dass es ein sehr bildhafter Roman ist. Günter Grass fügt hinzu: „Als ich „Grimms Wörter“ fertig hatte – ich wechsle ja immer wieder das Handwerkszeug, wenn ich nach ein paar Jahren ein Prosabuch beendet habe –, war für mich der Zeitpunkt gekommen: Jetzt will ich die „Hundejahre“ illustrieren.“ Danach stellte sich für ihn nur noch die Frage der Technik.

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Andreas Salcher verrät die Erfolgsformel für einen Bestseller

Bevor Andras Salcher mit dem Schreiben eines Bestsellers beginnt, führt er viele Gespräche und schaut sich an, welche Bücher es zu dem Thema schon gibt. Erst wenn er den Buchtitel gefunden hat, beginnt er zu recherchieren. Meistens schreibt er auch schon das Inhaltsverzeichnis für ein Buch, das es noch gar nicht gibt. Andreas Salcher behauptet, dass sein einziges Erfolgsgeheimnis die Nähe zu seinen Lesern sei. In einer Gesellschaft, in der sehr viel schwarz-weiß gemalt wird, zeigt er in seinen Büchern die Zwischentöne auf und zeigt seinen Lesern, dass es mehr Türen im Leben gibt, als man manchmal sieht. Andreas Salcher veröffentlichte sein erstes Buch „Der talentierte Schüler und seine Feinde“ im Jahr 2008. Davon verkaufte er 30.000 Bücher. Seither schreibt er jedes Jahr einen Bestseller. Sein erfolgreichstes Buch ist „Meine letzte Stunde“ mit mehr als 50.000 verkauften Exemplaren.

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Konsumverzicht erzeugt neue Möglichkeiten der Kreativität

Für Politiker ist die wachsende Abhängigkeit des Bürgers laut Wolfgang Schmidbauer eine akzeptierte Basis der eigenen Machtenfaltung. Deshalb ist der Parteienapparat sein Ideal, der ihm diese Möglichkeiten bietet. Wolfgang Schmidbauer relativiert diese politische Stärke: „Aber auch die Mächtigen sind Anhängsel einer Megamaschine aus Konsumenten und Produzenten. Sie besitzt eine Eigendynamik, die niemand mehr steuert und deren Zerstörungskraft jeder erkennt, der geistig in der Lage ist, sich so weit von diesem Apparat zu entfernen, dass er ihn von außen wahrnehmen kann.“ Unternehmer wie Politiker wenden sich bei ihrer Arbeit dem Machbaren zu, wo sie Kompromisse finden und über Verteilungen wachen, die ihrer Macht nützen. Wolfgang Schmidbauer arbeitet neben seiner schriftstellerischen Tätigkeit auch als Lehranalytiker und Paartherapeut in München.

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Oskar Maria Graf ist der Chronist des bayerischen Dorflebens

Der bayerische Schriftsteller Oskar Maria Graf verstand es wie kein Zweiter, fern von aller Idylle und Bauerntümelei über die Menschen seiner Heimat zu schreiben. Er pflegt dabei einen Realismus, der sich durch Illusionslosigkeit und manchmal peinigende Härte auszeichnet. Zu den Figuren, die Oskar Maria Graf in seinen Romanen aufleben lässt, zählen Großbauern, Kleinhäusler, Tagelöhner, aber auch Bohemiens. Diese Protagonisten können berechnend und hundsgemein, eitel oder dumm sein. In manchen Fällen sind sie aber auch mutig, hilfsbereit, mitfühlend oder kämpferisch. Oskar Maria Graf, der sich manchmal selbst, nicht ohne damit zu kokettieren, als „Provinzschriftsteller“ bezeichnete, war auch ein politischer Schriftsteller. Nicht dass er Agitprop betrieben hätte, sondern im Stil eines genauen, gnadenlosen und selbstkritischen Beobachters, der erkannte, wie die politischen und sozialen Gegebenheiten unerbittlich das Leben der kleinen Leute prägten.

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Daniel Kehlmann ist mit „F“ ein virtuoser Roman gelungen

Seit ich den neuen Roman „F“ von Daniel Kehlmann gelesen habe, bin ich davon überzeugt, dass der Autor ein Seelenverwandter des algerischen Literaturnobelpreisträgers Camus ist. Wie dieser beschäftigt sich Daniel Kehlmann, der zu den bedeutendsten deutschen Schriftstellern der Gegenwart zählt, mit den großen Fragen der Menschheit. Gibt es einen Gott?, „Wer bin ich?, Woher komme ich? und „Wohin gehe ich?“ Bei Daniel Kehlmann kommt noch eine weitere Frage hinzu: „Wer könnte ich sein?“ Der Roman „F“ erzählt die Geschichte der drei Brüder Martin, Eric und Iwan, die jeder auf seine eigene Weise Heuchler, Betrüger und Fälscher sind. Jedem dieser armen Kreaturen hat Daniel Kehlmann ein eigenes Kapitel gewidmet. Zusammengehalten werden die einzelnen Abschnitte von ihrem Vater, Arthur Friedland, einem Schriftsteller, der durch das ganze Buch irrlichtert. Das Werk Daniel Kehlmanns, der 1975 in München geboren wurde, wurde schon mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Sein bekanntester Roman „Die Vermessung der Zeit“ ist inzwischen in 46 Sprachen übersetzt worden.

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Paul Auster sagt beim Schreiben ausschließlich die Wahrheit

In dem Roman „Sunset Park“ den der amerikanische Schriftsteller Paul Auster im Jahr 2010 veröffentlichte, spricht der Erzähler von seinem Plan, sich vom angesammelten Ballast seines Lebens zu entledigen und bewusster im Hier und Jetzt zu leben. Paul Auster sagt: „Was „Sunset Park“ betrifft, so war es das erste Mal in meinem Leben als Schriftsteller, dass ich bewusst versucht habe, einen Roman über das Jetzt zu schreiben.“ Fast alle seine vorherigen Romane hatten eine distanzierte Beziehung zur Gegenwart, aber „Sunset Park“ war für Paul Auster der bewusste Versucht, über die aktuelle Krise in Amerika zu schreiben, die alle Amerikaner gerade durchleben. Seine Romanfigur macht sich sehr dunkle Gedanken und ist vom Gefühl geprägt, jede Zukunft verloren zu haben. Die Dinge, für die er gelebt hat, existieren nicht mehr.

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Eine liebevolle und enge Beziehung ist eine Quelle des Glücks

Eine der wichtigsten Grundlagen für eine dauerhafte Beziehung ist die Liebesarbeit, die ein Paar glücklich macht. Doch es gibt laut Sonia Laszlo noch ein anderes Element, das in dem Konstrukt der romantischen Liebe völlig fehlt: die Streitkultur. Die Glücksforscherin erläutert: „Für eine glückliche Langzeitpartnerschaft ist anfängliches heißes Liebesglück wesentlich weniger wichtig als eine gesunde Streitkultur, gemeinsame Scheiterkultur und gemeinsame Stressbewältigung.“ Die besten Bewältigungsstrategien für Probleme weisen jene Paare auf, die Dinge nicht allzu ernst nehmen und Partner humorvoll zum Lachen bringen können. Die Kommunikationswissenschaftlerin und Schauspielerin Sonia Laszlo befasst sich mit dem „Glücklichsein“ und Film in Europa sowie in den USA. Die Journalistin ist in Medien und am Institut für Europäische Glücksforschung tätig, Gastvortragende an Universitäten und schreibt an ihrer Dissertation.

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Claude Simon revolutioniert die europäische Romankunst

Der Schriftsteller Claude Simon entwickelt in seinen Geschichten Erzählformen und Satzkonstruktionen, die nach Marcel Proust und James Joyce, dem europäischen Roman eine neue Form geben. Dafür hat Claude Simon im Jahr 1985 den Nobelpreis für Literatur erhalten. In den Romanen „Der Wind“ (1957) und „Das Gras“ (1960) wendet der Autor schon die für ihn typischen langen Sätze an, die alle Konventionen des Satzbaus zertrümmern. In seinem siebten Werk „Die Straße in Flandern“ (1960) löst Claude Simon auch die überkommene Form des Romans ab. Er nimmt Abschied von psychologisch kausaler Schlüssigkeit, Chronologie und Handlung. Stattdessen konfrontiert er seine Leser mit in einen suggestiven Mahlstrom rotierender und immer wieder variierten Bilder, der in die Tiefen des Lebens vordringt, wie es zuvor in der europäischen Literatur nicht dagewesen ist.

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Im Werk von Erich Loest können sich die Deutschen erkennen

Der Schriftsteller Erich Loest wurde am 24. Februar 1926 in Mittweida im Freistaat Sachsen geboren. Er war immer ein lebendes Beispiel dafür, wie man aus Fehlern lernt und Einsichten in Haltung umsetzt. Er hat das, was er erfuhr und ihm widerfuhr, mehr als 50 Jahre in Literatur verwandelt. Dabei betätigte er sich niemals als Moralprediger. Bei allem Ernst verfügte Erich Loest über viel Humor. Sein erstes Buch „Jungen, die übrig blieben“, wurde im Jahr 1950 veröffentlicht. Es geht in dem Werk um den Versuch der Nationalsozialisten durch den Kriegseinsatz ganz junger Knaben dem Führer Adolf Hitler die Kriegsniederlage zu ersparen. Erich Loest selbst war 18 Jahre alt, als er in den Krieg geschickt wurde. Damals war er bereit als Held für das Vaterland zu sterben, da sein Gehirn von klein auf mit Parolen vollgestopft worden ist. Den Krieg hat er überlebt, doch irgendwann endet jedes Leben. Erich Loest ist am 12. September in Leipzig gestorben.

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Die Existenz gewinnt ihre Schönheit durch das Unberechenbare

Die aktuelle Sommerausgabe des Philosophie Magazins stellt in seinem Titelthema die Frage, ob überwiegend der Zufall das Leben der Menschen bestimmt. Für die Philosophin Svenja Flaßpöhler ist der Zufall das metaphysische Rätsel an sich, das bis heute für die tiefsten Kränkungen des menschlichen Selbstbildes verantwortlich ist. Deshalb versuchen die Menschen mit immer raffinierteren Methoden den Zufall zu kontrollieren. Es gibt zwei Fiktionen, um sich über die Zufälligkeiten des Lebens hinwegzutrösten. Die erste ist der Glaube an das Schicksal, an einen übernatürlichen Willen, der alles fügt. Sonja Flaßpöhler erläutert: „Der schicksalsgläubige Mensch vertraut auf die schützende Hand, die er über sich wähnt und die ihn genau dorthin gestellt hat, wo er sich gerade befindet.“ Der zweite Trost ist der Glaube an die Selbstbestimmung, an die überwältigende Kraft des eigenen Tuns. An die Stelle des Gottvertrauens tritt das Selbstvertrauen.  

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Wilhelm Genazino macht sich Gedanken über den Begriff Heimat

Die meisten Menschen siedeln sich dort an, wo sie einen Arbeitsplatz finden, das Geheimnis der Liebe entdecken oder ein Heim mieten beziehungsweise kaufen. Wilhelm Genazieno formuliert diese Tatsachen mit ganz anderen Worten: „Wo sie von der Wirklichkeit nicht gar zu sehr vergewaltigt werden.“ Heimat ist für den Schriftsteller die Zugehörigkeit zu bestimmten Verhältnissen und das zuverlässig Wiederkehrende. Denn Heimatgefühle bilden sich seiner Meinung nach ohne Absicht an zufälligen Orten. Die Heimat arbeitet sich ohne Plan, fast nicht zu bemerken, aber doch mit großer Intensivität ins Gehirn des Betroffenen. Wilhelm Genazino schreibt: „Es dauert lang, bis wir eines Tages merken, dass wir dort, wo wir nicht mehr loskommen, Wurzeln geschlagen haben, die wir dann Heimat nennen.“ Wilhelm Genazino ist Schriftsteller und lebt in Frankfurt am Main. Zu seinen neuesten Werken zählen „Wenn wir Tiere wären“ und „Idyllen in der Halbnatur“.

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Jean Pauls Idyllen ragen weit über andere Schriftsteller hinaus

Der Schriftsteller Jean Paul steht für Robert Minder seit langem nur als fernes Wetterleuchten am Rande des deutschen Bewusstseins. Er gibt zu dass er es seinen Lesern mit seinem Schreibstil nie leicht gemacht hat: „Lianen, mannshohe Schlingpflanzen, tropische Wucherung – es verschlägt den Atem. Feinhörigere lassen sich mitreißen auf die wildverwachsenen Pfade. Mit einem Schlag eine andere Landschaft. Erstarrt, versteinert.“ Jean Paul, der Dichter der strömenden Fülle ist auch ein grandioser Gestalter der Vernichtung und des Grauens. Dazwischen gibt es laut Robert Minder aber immer wieder öde Strecken von Schottergeröll. Jean Paul scheint dann zu taumeln und zu schwanken. Der französische Germanist Robert Minder, 1902 in Wasselonne/Elsass geboren, gehört zu den großen Mittlern deutscher und französischer Literatur. Er lehrte Germanistik an den Universitäten Nancy, Grenoble, Sorbonne und am Collège de France in Paris. Robert Minder starb 1980 in der Nähe von Cannes.

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Das deutsche Drama stand ganz im Zeichen der Revolution

Den deutschen Dichtern gelang im Drama nicht, was den spanischen, englischen und französischen Schriftstellern beschieden war. Laut Reinhold Schneider war ihr Drama das späteste und problematischste. Er nennt einige Gründe dafür: den Humanismus und den Dreißigjährigen Krieg und das Abbrechen der Tradition volksgemäßer Dichtung. Die Deutschen haben allerdings in der Musik und in der lyrischen Dichtung einen ungleich reicheren und eigeneren Ausdruck als im Drama gefunden, das heißt in einer Kunst, die der eigentlich plastischen Gestaltung ferner ist und darum auch einen viel geringeren formgebenden Einfluss auf das Leben ausübt als das Drama. Für Reinhold Schneider liegt vieles vom Größten, was die Deutschen vollendet haben, verborgen oder verschüttet, beziehungsweise ist nur wenigen erreichbar. Der Schriftsteller Reinhold Schneider, geboren 1903 in Baden-Baden, gestorben 1958 in Freiburg/Breisgau, wurde 1956 mit dem Friedenspreis des Deutschen Bundhandels ausgezeichnet.

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Der deutschen Wirtschaft fehlt es an Innovationen und Kreativität

Es gibt ein deutsches Sprichwort: „Ohne Fleiß kein Preis.“ Fleiß ist laut Michael Schindhelm eine spezifisch deutsche Tugend. Es ist seiner Meinung nach deshalb auch nicht verwunderlich, dass die Deutschen von ihren europäischen Nachbarn als notorisch tüchtig beurteilt werden. Deutsche Wertarbeit wird auf den internationalen Märkten hoch geschätzt. Der Lohn für deutschen Fleiß ist ein Spitzenrang unter den Exportnationen. Michael Schindhelm fügt hinzu: „Vor allem die Autohersteller und die industrielle Spitzentechnologie haben den Deutschen den Ruf gesichert, die Ingenieure Europas zu sein.“ Auch im Inland schließt man sich dieser Meinung an wie der Slogan von Audi „Vorsprung durch Technik“ beweist. Michael Schindhelm arbeitet als Schriftsteller, Filmemacher und Kulturberater für internationale Organisationen. Er leitet am Strelka Institute in Moskau den Forschungsbereich öffentlicher Raum.

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Der Glaube prägte die Gestalt und den Inhalt des Abendlandes

Vom Glauben zu sprechen müsste für Reinhold Schneider heißen, von der Zuversicht dessen zu reden, was ein Mensch erhofft, aber auch von der Freude, der Geborgenheit und der Erwartung. Das heißt auch, von der sich immer aufs Neue herstellende Sicherheit des Überwindens, von der Verklärung der Welt und des Lebens im Lichte ihres letzten Ziels. Wolfgang Schneider fügt hinzu: „Der Glaube hat als alles durchdringende, einigende, steigernde Kraft die Geschichte des Abendlandes bewirkt, vielleicht sogar geschaffen in der ihr fortan eigenen Gestalt und seinen Inhalt gegeben.“ Der Glaube hat auch die Seelen der Menschen in einer einzigartigen Weise erweckt. Der Schriftsteller Reinhold Schneider, geboren 1903 in Baden-Baden, gestorben 1958 in Freiburg/Breisgau, wurde 1956 mit dem Friedenspreis des Deutschen Bundhandels ausgezeichnet.

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Die Sexualität der Männer ist stark von Mythen bestimmt

Das Autorenduo Georg Pfau und Thomas Hartl geben in ihrem Buch „Männer. Die ganze Wahrheit“ eine oft provokanten Einblick in das Beziehungs- und Sexualleben von Mann und Frau. Im Vorwort erklärt Georg Pfau, dass er in diesem Buch authentische Fälle aus seiner Tätigkeit als Sexualmediziner beschreibt. Er berichtet auch davon, dass er als Sexualmediziner ganz unweigerlich in einen Konflikt mit den Lobbyisten jener Organisationen gerät, die sich der Sexualität bedienen, um den Menschen zu beherrschen. Das kann aber auf keinen Fall der Sinn von Sexualität sein. Dr. Georg Pfau ist Arzt für Allgemeinmedizin und Sexualmediziner. Sein Interesse gilt nicht nur der biologischen und psychologischen Gesundheit des Mannes, sondern auch seiner Beziehung zu und mit den Frauen. Dr. Thomas Hartl ist Sachbuchautor, Schriftsteller und Journalist mit dem Schwerpunkt Gesundheit.

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Herbert Marcuse begibt sich auf die Spur des Existentialismus

Das Gefühl der Absurdität, das in der Welt vorherrscht, drückt das Klima aus, in dem der Existentialismus entsteht. Den weltberühmten Schriftsteller Albert Camus zählt Herbert Marcuse zwar nicht zur Schule des Existentialismus, dafür zeichnet er aber die Grunderfahrung, die sein Denken durchzieht, als Wurzel des Existentialismus. Es ist die Zeit des totalitären Terrors, in der der Existentialismus geboren wird. Das Naziregime ist in Deutschland auf dem Höhepunkt seiner Macht, Frankreich von deutschen Truppen besetzt. Die Werte und Normen der Kultur des Abendlandes sind vom System des Faschismus gleichgeschaltet und ersetzt worden. Herbert Marcuse schreibt: „Das Denken ist wieder einmal auf sich selbst zurückgeworfen worden durch eine Wirklichkeit, die allen Versprechungen und Ideen widerspricht, die den Rationalismus so gut wie die Religion, Idealismus so gut wie Materialismus widerlegt.“

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Das Glück besteht aus Kommunikation und sozialen Beziehungen

Die Glückforscherin Sonia Laszlo behauptet, Glück sei unter anderem Kommunikation. Glück ist auch eine Beziehung, einerseits eine Beziehung des Menschen zu sich selbst, die er durch Selbstreflexion erlangt und andererseits eine Beziehung zu anderen Menschen oder ein Bezug zu etwas, durch das Glück entsteht. Sonia Laszlo zitiert den Schriftsteller Maurice Maeterlinck, der einst schrieb: „Man muss glücklich machen, um glücklich zu bleiben.“ Wer versucht, sich selbst glücklich zu machen, muss in ein Wechselspiel mit dem eigenen Ich eintreten. Wer dagegen sein zukünftiges Selbst fordert, muss mit einigen Störvariablen rechnen. Die Kommunikationswissenschaftlerin und Schauspielerin Sonia Laszlo befasst sich mit dem „Glücklichsein“ und Film in Europa sowie in den USA. Die Journalistin ist in Medien und am Institut für Europäische Glücksforschung tätig, Gastvortragende an Universitäten und schreibt an ihrer Dissertation.

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Die Romane von Ernst Augustin schäumen vor Phantasie über

In einem der Romane von Ernst Augustin heißt es, der Sinn des Lebens bestehe darin, sich in der Welt wohnlich einzurichten. Auf dem Cover seines jüngsten Romans „Robinsons blaues Haus“ hat ihn seine Frau Inge, die als Malerin die Umschläge seiner Bücher gestaltet, mit geschlossenen Augen gemalt. Denn der Schriftsteller Ernst Augustin is fast völlig blind. Obwohl er keine Bücher mehr lesen kann, schreibt er weiter. Er gilt, wie er selbst gerne kokettiert, als ewiger Geheimtipp unter den deutschen Literaten. Davon kann jedoch längst keine Rede mehr sein. Ernst Augustin, der im Jahr 1927 geboren wurde, hat für seine Romane, die vor Phantasie strotzen, zahlreiche Literaturpreise erhalten und wurde im Jahr 2012 für den Deutschen Buchpreis nominiert. Zu seinen bekanntesten Romanen zählen „Raumlicht: Der Fall Evelyne B.“ und „Die Schule der Nackten“.

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