Frank Schirrmacher analysiert den Informationskapitalismus

Frank Schirrmacher stellt in seinem Buch „Ego“ die These auf, dass die Ökonomen den Seelenhaushalt des modernen Menschen ohne dessen Wissen okkupiert haben. Sie haben dazu ein Modell entwickelt, das von der Überlegung ausgeht, jeder Mensch würde ausschließlich an sich und seinen eigenen Vorteil denken. Laut Frank Schirrmacher hat eine Ära des Informationskapitalismus begonnen. Dieser will Gedanken lesen, die Menschen kontrollieren und ihnen möglichst viele Waren und Dienstleistungen verkaufen. Der Informationskapitalismus ist unablässig damit beschäftigt, herauszufinden, was Individuen tun, sagen, kaufen und welche Unternehmungen sie als nächste planen. Er ist ein System, das alles immer besser weiß. Frank Schirrmacher fügt hinzu: „Er spricht den Menschen das Recht ab, sich der Umwelt anders darzustellen, als sie sind. Was immer sie tun, es behauptet, dass sie es um des eigenen Vorteils willen tun.“ Frank Schirrmacher ist seit 1994 einer der Herausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Für sein Buch „Das Methusalem-Komplott“ erhielt er die Auszeichnung Journalist des Jahres 2004. Zuletzt erschien im Blessing Verlag im Jahr 2009 sein Buch „Payback“.

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Reinhard Haller stellt den Narzissmus in allen seinen Formen vor

Im rechten Maß ist der Narzissmus unerlässlich für die Entwicklung eines gesunden Selbstbewusstseins, für Leistung und Kreativität. Der Narzissmus im Übermaß bildet allerdings die Basis von Kränkungen, Neurosen, Gier und Konflikten. Ein Narzisst ist nicht nur der, der Erfolge überschwänglich feiert und Lob wie die Luft zum Atmen braucht, sondern auch der stille Leider, der anstrengende Energiesauger und im schlimmsten Fall der Psychopath. Reinhard Haller erklärt in seinem neuen Buch „Die Narzissmusfalle“ wie man Narzissten erkennt, was ihre Motive sind und wie man sich vor ihnen schützen kann. Denn der Narzissmus mit all seinem Gefolge gewinnt an individueller und gesellschaftlicher Bedeutung. Der Arzt, Psychotherapeut und Bestsellerautor Reinhard Haller arbeitet als Chefarzt in einer psychiatrisch-psychotherapeutischen Klinik mit dem Schwerpunkt Abhängigkeitserkrankungen.

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Herbert Schnädelbach begibt sich auf die Spur der Naturgesetze

Herbert Schnädelbach definiert Gesetze wie folgt: „Es handelt sich dabei um allgemein verbindliche Rechtsnormen, die von einer zur Rechtssetzung ermächtigten staatlichen Instanz als dem Gesetzgeber in einem selbst gesetzlich fixierten Verfahren erlassen wurden.“ Herbert Schnädelbach unterscheidet zwischen materialen und formalen Gesetzen. Die materialen Gesetze sind für die Regeln des sozialen Zusammenlebens der Menschen zuständig, sowohl in zivilrechtlicher als auch in strafrechtlicher Hinsicht. Die formalen Gesetze dagegen umfassen alle Beschlüsse, die ein Gesetzgeber verabschiedet, zum Beispiel ein Haushaltsgesetz für ein bestimmtes Jahr. Aber nicht allen Normen, die das Leben der Menschen bestimmen, sind Rechtsnormen, sondern nur diejenigen, deren Geltung mit den Mitteln legitimer Staatsgewalt auch gegen Widerstand durchgesetzt werden kann. Vor seiner Emeritierung war Herbert Schnädelbach Professor für Philosophie an den Universitäten Frankfurt am Main, Hamburg und an der Humboldt-Universität in Berlin.

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Klaus von Beyme prüft die Verflechtung von Politik und Medien

Neben den direkten Einflüssen durch die Politik der Parteien entwickeln sich Verflechtungen zwischen Politik und Medien durch die ständige Ausweitung ihrer Kommunikation. Gefälligkeitsjournalismus ist bei weitem keine Seltenheit. Die Eliten sitzen sozusagen in einem Boot. Klaus von Beyme weist darauf hin, dass in Europa schon darüber diskutiert wird, ob die Medienvertreter nicht schon ein Teil der politischen Klasse sind. Der Politikwissenschaftler schreibt: „Je mehr die entideologisierte Politik über Ereignisse und Personen vermittelt wird, umso mehr wächst die Tendenz in den Medien, Kooperation statt Kontrolle zu suchen.“ Dazu kommt ein weiterer Punkt. Je professioneller die Medienarbeit der Regierung und der Parteien wurde, desto stärker wurde die Tendenz der Journalisten, angesichts der Überflutung mit Informationen schlicht die offizielle Verlautbarung in großen Teilen zu übernehmen. Der deutsche Politikwissenschaftler Klaus von Beyme war von 1974 bis 1999 Professor am Institut für Politische Wissenschaft der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg.

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Das deutsche Drama stand ganz im Zeichen der Revolution

Den deutschen Dichtern gelang im Drama nicht, was den spanischen, englischen und französischen Schriftstellern beschieden war. Laut Reinhold Schneider war ihr Drama das späteste und problematischste. Er nennt einige Gründe dafür: den Humanismus und den Dreißigjährigen Krieg und das Abbrechen der Tradition volksgemäßer Dichtung. Die Deutschen haben allerdings in der Musik und in der lyrischen Dichtung einen ungleich reicheren und eigeneren Ausdruck als im Drama gefunden, das heißt in einer Kunst, die der eigentlich plastischen Gestaltung ferner ist und darum auch einen viel geringeren formgebenden Einfluss auf das Leben ausübt als das Drama. Für Reinhold Schneider liegt vieles vom Größten, was die Deutschen vollendet haben, verborgen oder verschüttet, beziehungsweise ist nur wenigen erreichbar. Der Schriftsteller Reinhold Schneider, geboren 1903 in Baden-Baden, gestorben 1958 in Freiburg/Breisgau, wurde 1956 mit dem Friedenspreis des Deutschen Bundhandels ausgezeichnet.

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Der Mensch trägt das Gewicht der Welt für sich ganz allein

Der Mensch ist dazu verurteilt, frei zu sein, das Gewicht der gesamten Welt aus seinen Schultern zu tragen. Er ist laut Jean-Paul Sartre für die Welt und für sich selbst als Seinsweise verantwortlich. Es ist seiner Meinung nach unsinnig, sich beklagen zu wollen, weil ja nichts Fremdes darüber entschieden hat, was der Mensch fühlt, was er erlebt oder was er ist. Jean-Paul Sartre schreibt: „Diese absolute Verantwortlichkeit ist übrigens keine Hinnahme: sie ist das bloße logische Übernehmen der Konsequenzen unserer Freiheit.“ Was einem Menschen zustößt, stößt ihm durch sich selbst zu, deshalb kann er weder darüber bekümmert sein, noch sich dagegen auflehnen, noch sich damit abfinden. Mit seinem Appell zur Selbstverantwortlichkeit wurde Jean-Paul Sartre zu einem der einflussreichsten Denker des 20. Jahrhunderts.

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Wolfgang Röd beleuchtet der Kern philosophischer Anekdoten

Der Ausruf „Heureka!“ steht als Synonym für eine plötzliche Erkenntnis. Der Philosoph Wolfgang Röd stellt in seinem neuen Buch „Heureka!“ die besten und berühmtesten Anekdoten vor und erklärt seinen Lesern, was sie über die einprägsame Geschichte hinaus an wertvoller Einsicht und philosophischem Selbstverständnis beinhaltet. Der Autor setzt für seine Geschichten kein philosophisches Fachwissen voraus und wählt von den unzähligen Anekdoten nur diejenigen wenigen aus, von denen sich sagen lässt: „Wenn sie auch nicht wahr sind, sind sie doch gut erfunden.“ Gut erfunden ist für Wolfgang Röd eine Anekdote, wenn sie bemerkenswerte Züge des Charakters der Person, auf die sie bezogen ist. Außerdem sollte sie deren Denkweise oder ihr Verhältnis zur Umgebung zum Ausdruck bringen. Wolfgang Röd war bis zu seiner Emeritierung Ordinarius für Philosophie am Philosophischen Institut Innsbruck und ist Herausgeber und Autor der im Verlag C. H. Beck erscheinenden Reihe „Geschichte der Philosophie“.

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Der Beruf hat seine Sicherheit und Schutzfunktion verloren

Die Bedeutung, die die Arbeit in den westlichen Industriegesellschaften gewonnen hat, ist in der Historie beispiellos. Dieser starke Einfluss entsteht möglicherweise auch daraus, dass die Arbeitskraft die Grundlage der Sicherung der Existenz und gerade auch der individualisierten Lebensführung ist. Ulrich Beck schreibt: „Erwerbsarbeit und Beruf sind im Industriezeitalter zur Achse der Lebensführung geworden. Zusammen mit der Familie bildet sie das zweipolige Koordinatensystem, in dem das Leben in dieser Epoche befestigt ist.“ Das Erwachsensein steht seiner Meinung nach völlig unter den Sternen der Erwerbsarbeit – nicht nur allein aufgrund der zeitlichen Beanspruchung durch die Arbeit selbst, sondern auch deren Verarbeitung oder Planung in der Zeit außerhalb, sei es davor oder danach. Ulrich Beck war bis 2009 Professor für Soziologie an der Ludwig-Maximilians-Universität in München. Seither ist er Gastprofessor für Soziologie an der London School of Economics and Political Science.

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Die Risikogesellschaft geht in eine Sündenbock-Gesellschaft über

Wenn jemand durch Gefährdungen betroffen ist, muss das laut Ulrich Beck nicht in eine Bewusstwerdung der Gefahr einmünden, sondern kann sogar das Gegenteil bewirken, nämlich die Risiken aus Angst zu leugnen. Für Gefahren ist charakteristisch, dass gerade Betroffenheit Nichtbewusstsein bedingen kann. Ulrich Beck schreibt: „Mit dem Ausmaß der Gefahr wächst die Wahrscheinlichkeit ihrer Leugnung, Verharmlosung. Dafür gibt es immer Gründe. Risiken entstehen ja im Wissen und können damit im Wissen verkleinert, vergrößert oder einfach von der Bildfläche des Bewusstseins verdrängt werden.“ Der Prozess der Bewusstwerdung von Gefahren ist also immer auch umkehrbar. Ulrich Beck war bis 2009 Professor für Soziologie an der Ludwig-Maximilians-Universität in München. Seither ist er Gastprofessor für Soziologie an der London School of Economics and Political Science.

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Großzügigkeit im Alltag ist ein sicherer Weg zum Glück

Der österreichische Philosoph Robert Pfaller, der an der Universität für angewandte Kunst in Wien lehrt, beschäftigt eine Frage besonders: „Wofür lohnt es sich zu leben?“ Für die großen Glücksmomente des Lebens lohnt es sich seiner Meinung sogar relativ viel Geld auszugeben. Die Menschen müssen hin und wieder ihre Sparsamkeit überwinden und sich selbst und anderen gegenüber großzügig sein. Robert Pfaller sagt: „Wenn wir zum Beispiel also Champagner trinken, dann müssen wir damit so umgehen, als könnte er endlos fließen. Dann sind wir souverän – sozusagen als Führungskräfte auf Augenhöhe mit dem Leben.“ Außerdem rät der Philosoph sich sehr viel Zeit zu nehmen, um Bücher zu lesen. Auch solche Verschwendung kostet meist sehr viel Geld, weil sie Ruhe und Ungestörtheit voraussetzt und weil dadurch viele andere Dinge auf der Strecke bleiben, die eigentlich erledigt werden müssten.

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Der Begriff „Banalität des Bösen“ machte Hannah Arendt berühmt

Den Zwängen ihrer Zeit setzte die deutsche Philosophin Hannah Arendt ein unerschrockenes und unabhängiges Denken entgegen. Sie versuchte, eine neue Form der Politik zu begründen, wobei ihr die Freiheit und die Pluralität als die Grundbedingungen des Menschseins galten. Laut Hannah Arendt ist die Verschiedenartigkeit der Menschen eine Vorraussetzung des Politischen. Wenn hingegen, wie im Totalitarismus, gewaltsam ein Monismus hergestellt wird, bedeutet dies für sie die Zerstörung des Politischen. Hannah Arendt bezeichnet die totalitären Regime als „organisierte Verlassenheit“, in denen die Prinzipien der Demokratie wie Repräsentation, der Schutz der Meinungsfreiheit und das Recht auf körperliche Unversehrtheit nicht mehr gelten. Stattdessen wird die Herrschaft durch die Verbreitung von Angst und Terror aufrechterhalten, wobei eine Ideologie die theoretische Legitimationsgrundlage bildet. Auf jeden kritischen Versuch der Überprüfung des geschlossenen Systems wird feindlich reagiert.

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Die Arbeit trägt zur menschlichen Würde durch Anerkennung bei

Wenn ein Mensch arbeitslos wird, verliert er gleichzeitig seine Selbstständigkeit. Er kann sein Leben nicht mehr selbst verdienen und ist auf Unterstützung angewiesen. Vielleicht durch die Wohlfahrt, vielleicht durch den Partner. Peter Bieri erklärt: „Arbeit schafft Würde im Sinne von materieller Selbstständigkeit. In diesem Sinne ist jede Arbeit besser als keine Arbeit.“ Von dem Tag an, an dem ein Mensch sein erstes Geld verdient, ist er ein ganz Anderer in der Welt, selbst sein Gang ist ein anderer. Dabei kommt es nicht darauf an, dass eine Person irgendetwas arbeitet, sondern dass sie eine Arbeit hat, die auch bezahlt wird. Peter Bieri, geboren 1944 in Bern, studierte Philosophie und Klassische Philologie und lehrte als Professor für Philosophie in Bielefeld, Marburg und an der Freien Universität Berlin.

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Karlheinz A. Geißler kritisiert die Fortschrittsgläubigkeit

Seit seinem Auftauchen vor rund 250 Jahren treibt der Fortschritt die Menschen mit dem Slogan „Vorwärts immer – rückwärts nimmer“ an. Karlheinz A. Geißler glaubt, dass er dies auch in Zukunft tun wird, da er keine Spur von Ermüdungserscheinungen an ihm erkennen kann, selbst wenn der Glaube an die Einlösung seiner Versprechungen in letzter Zeit abgenommen hat. Damit es mit dem Fortschritt weiter und immer weiter geht, dafür sorgen vor allem der Kapitalismus und jene Personen, Gruppen und Institutionen, die von ihm profitieren. Karlheinz A. Geißler nennt sie beim Namen: „Dazu zählen an erster Stelle Techniker, Ingenieure, Architekten, Mediziner, Politiker, aber auch Lehrer und Lehrerinnen, Berater und Beraterinnen sind dabei.“ Professor Dr. Karlheinz A. Geißler lehrt, lebt und schreibt in München. Eine der amüsantesten Erfindungen der Menschheit, die Zeit, hat er zu seinem Lebensthema gemacht.

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Robert J. Shiller fordert ein menschlicheres Finanzsystem

Mit seinem neuen Buch „Märkte für Menschen“ will Robert J. Shiller seinen Lesern das System des Finanzkapitalismus erklären, mit dem jeder jetzt und möglicherweise noch jahrzehntelang leben muss, ungeachtet welchen Beruf eine Person ausübt. Robert J. Shiller fordert, dass das Finanzsystem erweitert, demokratisiert und humanisiert werden muss, damit die positiven Effekt der Finanzinstitute besser zur Geltung kommen. Er schreibt: „Voraussetzung dafür ist, dass die Menschen gleichberechtigt am Finanzsystem teilhaben können, mit umfassenden Zugang zu Informationen und mit den menschlichen und elektronischen Ressourcen, die sie brauchen, um ihre Chancen aktiv und sinnvoll zu nutzen.“ Robert J. Shiller lehrt Wirtschaftswissenschaften an der Yale University und zählt zu den einflussreichsten Vordenkern in der globalen Wirtschaft. Seit Jahren wird er als einer der Topanwärter für den Wirtschaftsnobelpreis gehandelt.

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Konrad Paul Liessmann lotet die Grenzen des Risikos aus

Der moderne Mensch sucht das Risiko und geht deshalb gerne an seine Grenzen, manchmal sogar darüber hinaus. Konrad Paul Liessmann nennt als Beispiele den Extremsport, das Drogenexperiment und die Börse. Wer seine Grenzen auslotet, gilt nicht nur als Held, sondern wird auch als ein Mensch angesehen, der die Vorbedingungen für den Erfolg in der Gesellschaft des Wettbewerbs erfüllt. Konrad Paul Liessmann fügt hinzu: „Dies gilt nicht nur für Individuen und ihre riskanten Handlungen, sondern auch für die Gesellschaft insgesamt. Galt Stabilität in einem ökonomischen, sozialen und kulturellen Sinn lange als erstrebenswerter Zustand, so wird diese nun durch einen allzeitigen Risikobereitschaftsdienst überholt.“ Konrad Paul Liessmann ist Professor für Philosophie der Universität Wien. Zu seinen bekanntesten Büchern zählen „Die Theorie der Unbildung“ und „Das Universum der Dinge.“

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Ray Robertson nennt 15 Gründe am Leben zu bleiben

Den Tod kann man nicht vergessen und auch nicht wegdiskutieren. Ray Robertson rät in seinem Buch „Warum nicht? 15 Gründe doch am Leben zu bleiben, dass man den Tod einfach akzeptieren und dahin gehend nutzen sollte, die menschliche Glückseligkeit zu Lebzeiten zu erhöhen. Wenn man sich schmerzliche Wahrheiten eingesteht, sei es über den eigenen oder den Zustand der Welt, dann ist das laut Ray Robertson nur der erste Schritt beim Aufbau eines glücklichen Lebens, das diesen Namen wirklich verdient. In seinem neuen Buch beschreibt Roy Robertson in fünfzehn Essay die Dinge, die für ihn den Sinn des Lebens ausmachen. Dazu zählt er unter anderem wie nicht anders zu erwarten die Liebe, aber auch unerwartete wie die Einsamkeit und den Rausch. Ray Robertson, geboren 1966 in Ontario, zählt zu den wichtigsten zeitgenössischen Romanciers Kanadas. Er lebt in Toronto.

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Die Wandlung des Internets von einer schönen Idee zur Ideologie

Eine Weile lang schien das Internet die Gesellschaft in fast allen Bereichen zu revolutionieren. Das Alte, das Konservative, das Traditionelle schien endgültig der Vergangenheit anzugehören. Die neue Partei der Piraten versprach nicht mehr und nicht weniger als eine „flüssige Demokratie“, die mit ihrer Bürgernähe den ausgedienten Parlamentarismus ersetzen würde. Spontane Kampagnen im Netz sollten nach dem Willen der Piraten die mühsame Kompromisssuche ersetzen, wie sie in Demokratien, die auf der Basis des Aushandelns agieren, üblich ist. Eine wahre Revolution der Transparenz schien auszubrechen, die direkte Demokratie, in der jeder bei wichtigen Entscheidungen mitreden darf, stand in den Startlöchern. Die Stars der Piratenpartei erklommen die Titelseiten, trieben die etablierte Politik und einen Teil der Medien mit ihrer Offenheit vor sich her.

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Großkonzerne bedrohen die Demokratie und die Märkte

Nach der Pleite der Investmentbank Lehman Brothers dachten viele Ökonomen, dass der Neoliberalismus tot sein. Für den Soziologen Colin Crouch wird der Neoliberalismus allerdings nur getestet, aber noch lange nicht am Ende. Anders als der Keynesianismus, der in den späten 1970-Jahren tatsächlich sein Leben aushauchte. Heute geschieht nichts Vergleichbares. Colin Crouch nennt den Grund: „Die Ära des Finanzkapitalismus wird nicht infrage gestellt, weil alle so sehr davon abhängen. Nie war der Einfluss der Lobbyisten, der Druck der großen Banken größer. Die Regierungen lassen sich einschüchtern, weil die Wirtschaft ohne Geld nicht funktioniert – jeder braucht Geld.“ Dabei geht es seiner Meinung nach nicht nur um Lobbying. Colin Crouch ist Auswärtiges Wissenschaftliches Mitglied des Max-Plack-Instituts für Gesellschaftsforschung in Köln und emeritierter Professor der Warwick Business School.

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Emile Durkheim untersucht die moralische Wirklichkeit

Emile Durkheim vertritt die These, dass die moralische Wirklichkeit wie jede Art der Wirklichkeit von zwei verschiedenen Gesichtspunkten aus untersucht werden kann. Der Mensch kann sie erkennen und verstehen wollen oder sich vornehmen, sie zu beurteilen. Um die moralische Wirklichkeit untersuchen zu können, ist es für ihn unerlässlich, vorher zu bestimmen, woraus sie besteht und was sie charakterisiert. Zu den Hauptmerkmalen der moralischen Tatsachen zählt Emile Durkheim, dass sich jede Moral darstellt als ein System von Verhaltensregeln. Er ergänzt: „Doch auch alle Techniken werden von Maximen regiert, die dem Handelnden vorschreiben, wie er sich bei bestimmten Gelegenheiten zu verhalten hat. Emile Durkheim, der von 1858 bis 1917 lebte, war seit 1902 Professor der Pädagogik und Soziologie an der Sorbonne.

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Das Philosophie Magazin fragt nach dem Tier im Menschen

In der sechsten Ausgabe stellt das Philosophie Magazin im Dossier die Frage: „Wie viel Tier steckt in mir?“ Chefredakteur Wolfram Eilenberger zitiert in seinen Ausführungen den amerikanischen Biologen und Verhaltensforscher Edward O. Wilson, der das Phänomen der Eusozialität ins Zentrum seiner evolutionären Analysen gestellt hat. Er meint damit die natürliche Disposition von Lebewesen, die jeweils eigene Existenz in den Dienst einer generationsübergreifenden Gemeinschaft zu stellen. Ameisen und Menschen, die beiden wahrhaft staatenbildenden Wesen, haben es als einzige Arten geschafft den gesamten Globus zu besiedeln. Edward O. Wilson schließt daraus, dass der Altruismus, der Wille zur Selbstaufopferung und generationenübergreifende Nachhaltigkeit sich damit als die wahren Erfolgsgaranten der Evolution erweisen. Es war also die Fähigkeit unserer Vorfahren, sich kooperativ und empathisch weiterzuentwickeln, die den Homo sapiens hervorbrachten. Wolfram Eilenberger schreibt deshalb: „Gerade das Tier in uns ist gut.“

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Max Frisch hält die Höflichkeit für eine Gabe der Weisen

Wenn ein Mensch zuweilen die Geduld verliert, seine Meinung unverfroren äußert und dabei bemerkt, dass der andere zusammensackt, beruft er sich mit Vorliebe darauf, dass er halt ehrlich ist. Und in der Folgezeit muss der Angesprochene überlegen, wie er mit den Ohrfeigen umgeht, die ihm die Tugend versetzt hat. Der Mensch, der hier die Wahrheit unverblümt ausgesprochen hat, hat das Problem, dass er dem anderen mit seiner Ansicht nicht helfen will. Der Schweizer Schriftsteller Max Frisch erklärt: „Der Wahrhaftige, der nicht höflich sein kann oder will, darf sich jedenfalls nicht wundern, wenn die menschliche Gesellschaft ihn ausschließt.“ Seiner Meinung nach darf sich so eine Person nicht brüsten und eine Gloriole tragen, die ihr nicht zukommt, denn sie übt eine Wahrhaftigkeit, die stets auf Kosten der anderen geht.

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Markus Hengstschläger stellt verschiedene Talentkategorien vor

Eine vor allem in Amerika weit verbreitete Kategorisierung von Talent und Begabung ist laut Markus Hengstschläger die sogenannte „Marland-Definition“. Sie wurde von einer Regierungskommission im Jahr 1971 unter der Leitung von P. Marland entwickelt. Das amerikanische Erziehungsministerium hatte damals das Ziel, bundesstaatliche Erziehungsprogramme für Hochbegabte zu Entwicklung zur Verfügung zu stellen. Talentiert, so die Marland-Definition kann jemand sein in seinen allgemeinen intellektuellen Fähigkeiten, in seiner spezifischen akademischen, schulischen Eignung, in seiner Kreativität und produktivem Denken, in den bildnerischen und darstellenden Künsten sowie in seinen psychomotorischen Befähigungen. Wobei es für Markus Hengstschläger wichtig ist, zu sagen, dass die Wissenschaft zusätzlich noch zwei grundlegend verschiedene Ansätze bei der personalen Zuordnung von Talenten kennt. Mit 16 Jahren war Markus Hengstschläger als Punk unterwegs. Mit 24 Jahren promovierte er zum Doktor der Genetik und 35-jährig zum jüngsten Universitätsprofessor für Medizinische Genetik berufen.

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Das Streben nach Wahrheit führt zum Leben in der Unendlichkeit

Wahrheit und Glück erscheinen Rudolf Eucken unter menschlichen Verhältnissen oft als unversöhnliche Gegner. In der Sehnsucht nach Wahrheit empfindet der Mensch sein unmittelbares Dasein als zu klein und zu eng. Er möchte solcher Einengung entfliehen und ein Leben mit der ganzen Weite der Unendlichkeit führen. Hier scheint für ihn die größte aller Befreiungen zu wirken. Rudolf Eucken ergänzt: „Die Befreiung von allen Niederungen der Selbstsucht und von der Zufälligkeit einer besonderen Art; ein reineres, edleres, unendliches Leben steigt damit auf, ein Leben, das selbst ein so maßvoller Denker wie Aristoteles für mehr göttlich als menschlich erklären konnte.“ Von so hohem Streben ergriffen, scheint der Mensch laut Rudolf Eucken sein eigenes Befinden gänzlich zurückzustellen, ja es willig aufopfern zu müssen, wenn es der Dienst der Wahrheit verlangt.

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Der entfesselte Skandal führt zu elementarem Kontrollverlust

In einer Welt des Internets und der Massenmedien scheint der Skandal hinter jeder Ecke zu lauern. Jeder kann ihn verursachen, jeder kann sein Opfer sein. Videos auf dem Handy können eine Karriere vernichten, Botschaften über Twitter Empörung auslösen, SMS-Nachrichten als Beweismittel verwendet werden. Bernhard Pörksen und Hanne Detel schreiben in ihrem neuen Buch „Der entfesselte Skandal“: „Dokumente der Blamage und der Demontage besitzen heute eine neue Leichtigkeit und Beweglichkeit. Sie können rasch kopiert, blitzschnell verbreitet, kaum noch zensiert werden – und sorgen im Extremfall weltweit für Empörung.“ Der Ruf eines Menschen, eines Untenehmen, ja sogar eines Staates lässt sich in Rekordzeit ruinieren. Der Skandal hat für die Autoren im digitalen Zeitalter eine neue Evolutionsstufe und neue Ebene der Eskalation erklommen. Er kann ein Spektakel der Grausamkeit sein, aber ebenso gut der Aufklärung dienen. Bernhard Pörksen ist Professor für Medienwissenschaft an der Universität Tübingen. Hanne Detel arbeitet als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Medienwissenschaft der Universität Tübingen.

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David Brooks stellt ein umfassendes Bild vom Menschen auf

Der amerikanische Journalist, der für die New York Times schreibt und ein Buch mit dem Titel „Das soziale Tier“ veröffentlicht hat, ist davon überzeugt, das Menschen viel besser durch Geschichten lernen als durch Argumente. Eine große Rolle spielt dabei auch die Macht und die Wichtigkeit von Emotionen. Bei seinen Recherchen war er geschockt darüber, wie massiv das Unterbewusstsein die Meinungen und Entscheidungen eines Menschen beeinflusst, da er seinen Geist nicht direkt kontrollieren kann. Aber ein Individuum hat die Möglichkeit, seine Umwelt zu beeinflussen und darüber dann auch sein Denken. David Brooks erklärt: „Ich meine, dass die Menschen über die Jahrhunderte gelernt haben, ihr Umfeld zu strukturieren und ihr Unbewusstes dadurch auch zu beeinflussen. Durch Manieren, durch Regeln, durch gesellschaftlich geteilte Erziehungsideale.“

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