Die Rechte des Einzelnen haben Vorrang vor dem Gemeinwohl

Michael J. Sandel schreibt: „Ihren umfassendsten philosophischen Ausdruck fand die Version des Liberalismus, die Amerikas politische und verfassungsrechtliche Debatte in den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg bestimmte, in den 1970er Jahren.“ Besonders in „Eine Theorie der Gerechtigkeit“ von John Rawls. Gegen die utilitaristischen Annahmen, die weite Bereiche der angloamerikanischen Philosophie des 20. Jahrhundert beherrschten, brachte John Rawls vor, bestimmte Rechte des Einzelnen seien so wichtig, dass sie Vorrang vor Erwägungen zum Gemeinwohl oder zum Mehrheitswillen hätten. Somit seien „die auf der Gerechtigkeit beruhenden Rechte kein Gegenstand politischer Verhandlungen oder sozialer Interessenabwägungen“. Die Vorstellung, dass gewisse individuelle Rechte Vorrang vor utilitaristischen Erwägungen haben, ist natürlich nicht allein dem Liberalismus der prozeduralen Republik eigen. Michael J. Sandel ist ein politischer Philosoph. Er studierte in Oxford und lehrt seit 1980 in Harvard. Er zählt zu den weltweit populärsten Moralphilosophen.

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