In gewissen Epochen häufen sich die Chancen auf ein neues Leben

Jede Epoche hatte dies kostbarste aller Güter: das Bild des erhofften, begehrten, möglichen „Neuen Lebens“. Henri Lefebvre schreibt: „Für das Neue Leben war man imstande zu sterben, folglich auch zu töten.“ Gekennzeichnet ist die Suche nach einem Neuen Leben durch eine mehr oder minder radikale Kritik des Bestehenden sowie die gründliche Zurückweisung der bestehenden Ordnung. Denn das Neue Leben ist bereits da, in der Nähe, ist möglich, fast gegenwärtig, allerdings noch unterdrückt im Abseits und harrt dort des Augenblicks der Befreiung. Das innovative Dasein, das etwas zum Vorschein bringen soll, ist indes nur scheinbar neu. Es ist absolut, außerhalb der Zeit – ebenso alt wie neu. Es ist mit den Worten Henri Lefebvres gesprochen Wiederholung, Wiedergeburt, Rückkehr zum Verlorenen, Wiederherstellung des Unverstümmelten sowie Auferstehung.

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Der Kapitalismus hat seine inneren und äußeren Grenzen erreicht

Die Raten der Zustimmung für den Kapitalismus sind überall auf der Welt, einschließlich in den westlichen Ländern seines Ursprungs, dramatisch gesunken. Die Frage nach dem Weg aus dem Kapitalismus scheint noch nie so aktuell gewesen zu sein wie heute. Sie stellt sich in radikaler Dringlichkeit und in einer vorher unbekannten Art und Weise. Wolfgang Hetzer vermutet: „Der Kapitalismus hat womöglich eine inner und äußere Grenze erreicht, die er nicht zu überschreiten vermag.“ Es ist die Rede von einem System, das nur mit Hilfe von Tricks die Krise seiner grundlegenden Kategorien wie Arbeit, Wert und Kapital überlebt. Laut Wolfgang Hetzer sollte man dabei allerdings nicht vergessen, dass es den Kapitalismus nur in der Mehrzahl gibt. Wolfgang Hetzer, Dr. der Rechts- und Staatswissenschaft, leitete von 2002 bis 2011 die Abteilung „Intelligence: Strategic Assessment & Analysis“ im Europäischen Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) in Brüssel.

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Theodor W. Adorno untersucht den Begriff der Autorität

Theodor W. Adorno weist darauf hin, dass man mit dem Begriff der Autorität einen gewissen Unfug anrichtet. Für ihn selbst ist die Autorität zunächst ein sozialpsychologisches Phänomen, das nicht ohne weiteres die soziale Wirklichkeit selber bedeutet. Sondern der Begriff der Autorität erhält seinen Stellenwert innerhalb des sozialen Kontextes, in dem er aufkommt. Die Art, in der ein Mensch, psychologisch gesprochen, zu einem autonomen, also mündigen Menschen wird, hat für Theodor W. Adorno nicht einfach etwas mit dem Aufmucken gegen jede Art von Autorität zu tun. Theodor W. Adorno, geboren am 11. September 1903 in Frankfurt am Main, gestorben am 6. August 1969, lehrte in Frankfurt als ordentlicher Professor für Philosophie und Direktor des Instituts für Sozialforschung an der Johann Wolfgang Goethe-Universität.

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Das Rätsel Mensch konnte nur über das Tier gelöst werden

Im Buch „Tiere. Der Mensch und seine Natur“ ist eine Zusammenfassung des 16. Philosophicums im österreichischen Lech am Arlberg, bei dem Philosophen, Biologen, Verhaltensforscher und Kulturwissenschaftler über das Verhältnis von Tier und Mensch in allen Facetten diskutierten. Denn kaum ein Thema hat in den letzten Jahren soviel Aufregung, Beachtung und Erbitterung verursacht, wie die Frage des Umgangs des Menschen mit dem Tier. In seinem Beitrag, der dem Buch den Titel gab, sagt Konrad Paul Liessmann, dass der Aufruf, dem Tier endlich angemessen zu begegnen und ihm Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, nur vom Menschen kommen kann, der zumindest tendenziell aufgehört hat, ein Tier zu sein. Zu den Autoren des Buchs „Tiere. Der Mensch und seine Natur“ zählen unter anderem: Eugen Drewermann, Kurt Kotrschal, Reinhard Brandt, Jean-Claude Wolf, Dieter Birnbacher und Thomas Macho.

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Großzügigkeit im Alltag ist ein sicherer Weg zum Glück

Der österreichische Philosoph Robert Pfaller, der an der Universität für angewandte Kunst in Wien lehrt, beschäftigt eine Frage besonders: „Wofür lohnt es sich zu leben?“ Für die großen Glücksmomente des Lebens lohnt es sich seiner Meinung sogar relativ viel Geld auszugeben. Die Menschen müssen hin und wieder ihre Sparsamkeit überwinden und sich selbst und anderen gegenüber großzügig sein. Robert Pfaller sagt: „Wenn wir zum Beispiel also Champagner trinken, dann müssen wir damit so umgehen, als könnte er endlos fließen. Dann sind wir souverän – sozusagen als Führungskräfte auf Augenhöhe mit dem Leben.“ Außerdem rät der Philosoph sich sehr viel Zeit zu nehmen, um Bücher zu lesen. Auch solche Verschwendung kostet meist sehr viel Geld, weil sie Ruhe und Ungestörtheit voraussetzt und weil dadurch viele andere Dinge auf der Strecke bleiben, die eigentlich erledigt werden müssten.

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Ulrich Beck untersucht die Verteilung von Reichtum und Risiko

Der berühmte deutsche Soziologe Ulrich Beck vertritt die These, dass die gesellschaftliche Produktion von Reichtum in der fortgeschrittenen Moderne einhergeht mit der Erzeugung von Risiken. Entsprechend werden seiner Meinung nach Probleme und Konflikte bei der Verteilung der Mangelgesellschaft überlagert durch die Schwierigkeiten und Spannungen, die aus der Produktion, Definition und Verteilung wissenschaftlich-technisch produzierter Konflikte entstehen. Ulrich Beck erklärt: „Dieser Wechsel von der Logik der Reichtumsverteilung in der Mangelgesellschaft zur Logik der Risikoverteilung in der entwickelten Moderne ist historisch an zwei Bedingungen gebunden.“ Er vollzieht sich erstens in dem durch das erreichte Niveau der menschlichen und technologischen Produktivkräfte sowie durch rechtliche und sozialstaatliche Sicherungen, die dafür sorgen, dass echte materielle Not objektiv verringert und sozial ausgegrenzt werden kann. Ulrich Beck war bis 2009 Professor für Soziologie an der Ludwig-Maximilians-Universität in München. Seither ist er Gastprofessor für Soziologie an der London School of Economics and Political Science.

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Der Begriff „Banalität des Bösen“ machte Hannah Arendt berühmt

Den Zwängen ihrer Zeit setzte die deutsche Philosophin Hannah Arendt ein unerschrockenes und unabhängiges Denken entgegen. Sie versuchte, eine neue Form der Politik zu begründen, wobei ihr die Freiheit und die Pluralität als die Grundbedingungen des Menschseins galten. Laut Hannah Arendt ist die Verschiedenartigkeit der Menschen eine Vorraussetzung des Politischen. Wenn hingegen, wie im Totalitarismus, gewaltsam ein Monismus hergestellt wird, bedeutet dies für sie die Zerstörung des Politischen. Hannah Arendt bezeichnet die totalitären Regime als „organisierte Verlassenheit“, in denen die Prinzipien der Demokratie wie Repräsentation, der Schutz der Meinungsfreiheit und das Recht auf körperliche Unversehrtheit nicht mehr gelten. Stattdessen wird die Herrschaft durch die Verbreitung von Angst und Terror aufrechterhalten, wobei eine Ideologie die theoretische Legitimationsgrundlage bildet. Auf jeden kritischen Versuch der Überprüfung des geschlossenen Systems wird feindlich reagiert.

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Im spekulativen Realismus wird Denken wieder zum Abenteuer

Ins Wanken geriet die scheinbar feststehende Beziehung zwischen Subjekt und Objekt oder der Sprache und der Welt durch den französischen Philosophen Quentin Meillassoux. Für ihn sind die Datierungen der Wissenschaften nicht irgendwelche hypothetischen Konstruktionen, sondern reale Tatsachen, die unabhängig vom Denken entstanden sind und existieren. Denn laut Quentin Meillassoux gibt es sehr, sehr lange Zeiträume in der Geschichte der Welt, die unabhängig vom Menschen und seinem Denken waren und sind, da das Universum vor etwa 13,5 Milliarden Jahren und die Erde vor 4,45 Milliarden Jahren entstand, während der Mensch erst vor zwei Millionen Jahren in der Welt auftauchte. Und weil die Fakten der vorlebendigen und vormenschlichen Welt der Realität entsprechen, hat sich die Philosophierichtung, die Quentin Meillassoux angestoßen hat, den Namen „spekulativer Realismus“ gegeben.

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Für Peter Scholl-Latour ist die Welt total aus den Fugen geraten

Die Weltpolitik gleicht für den Journalisten und ausgewiesenen Kenner des Nahen Ostens derzeit einem aufziehenden Gewittersturm. Ob in Lateinamerika, Arabien, dem Mittleren Osten oder Schwarzafrika, überall braut sich Unheil zusammen. Auch Europa und die Vereinigten Staaten von Amerika, Orte der Stärke und Stabiliät, werden von Krisen erschüttert wie schon lange nicht mehr. Im ersten Teil seines Buches „Die Welt aus den Fugen“ analysiert Peter Scholl-Latour die aktuelle Weltlage, angefangen von der Mongolei über China, Russland, Libyen, Syrien bis hin zu Deutschland. Der zweite Teil umfasst ältere Artikel und Interviews aus den Jahren 2008 bis 2012. Peter Scholl-Latour arbeitet seit 1950 als Journalist, unter anderem viele Jahre als ARD-Korrespondent in Afrika und Indochina, als ARD-Studioleiter in Paris, als Fernsehdirektor der WDR, als Herausgeber des STERN. Seit 1988 ist er als freier Publizist tätig.

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Im Fall Griechenland haben der Staat und die Märkte versagt

Die Diagnose Staatsversagen trifft für den Wirtschaftsweisen Peter Bofinger auf Griechenland uneingeschränkt zu. Dem Land ist es bis zum Jahr 2007, trotz eines weit überdurchschnittlichen Wirtschaftswachstums nicht gelungen, sein Defizit des Budgets unter die Marke von drei Prozent zu drücken. Das Problem waren dabei nicht einmal in erster Linie die Ausgaben des griechischen Staates, da diese in Relation zur Wirtschaftsleistung in den Jahren 2000 bis 2007 mit 45,8 Prozent sogar etwas unter dem Durchschnitt des Euro-Raums mit 48 Prozent lagen. Peter Bofinger erklärt: „Das hohe Defizit resultierte vor allem aus zu geringen Staatseinnahmen. In Relation zur Wirtschaftsleistung erreichten sie einen Wert von 40,2 Prozent, was erheblich weniger war als der Durchschnitt des Euro-Raums (45,1 Prozent).“ Peter Bofinger ist seit 1992 Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Würzburg. Seit März 2004 ist der Ökonom als sogenannter „Wirtschaftsweiser“ Mitglied im Sachverständigenrat der Bundesregierung zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung.

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Konrad Paul Liessmann lobt die Grenzen und die Unterschiede

Leben heißt für Konrad Paul Liessmann Unterscheidungen zu treffen. Wer als Mensch wissen will, wer er ist, muss erkennen, von wem er sich unterscheidet. Wenn ein Mensch ein Risiko eingehen möchte, muss er wissen, wann er den Bereich der Sicherheit verlässt. In seinem neuen Buch „Lob der Grenze“ analysiert der Philosoph Konrad Paul Liessmann Grenzen und Unterscheidungen, ohne die weder der Einzelne noch die Gesellschaft überleben könnten. Seine Überlegungen und Reflexionen beziehen sich unter anderem auf die Grenzen zwischen Sein und Nichts, Mensch und Tier, Jung und Alt sowie dem Unterschied zwischen Lohnarbeit und menschlichem Handeln. Konrad Paul Liessmann ist Professor für Philosophie der Universität Wien. Zu seinen bekanntesten Büchern zählen „Die Theorie der Unbildung“ und „Das Universum der Dinge.“

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Walter Benjamin analysiert das Naturrecht und das positive Recht

Die Aufgabe einer Kritik der Gewalt umschreibt Walter Benjamin als die Darstellung ihres Verhältnisses zu Recht und Gerechtigkeit. Denn zur Gewalt im eigentlichen Sinne des Wortes wird eine wie immer wirksame Ursache erst dann, wen sie in sittliche Verhältnisse eingreift. Walter Benjamin erklärt: „Die Sphäre dieser Verhältnisse wird durch die Begriffe Recht und Gerechtigkeit bezeichnet.“ Das elementarste Grundverhältnis einer jeden Rechtsordnung ist seiner Meinung nach dasjenige von Zweck und Mittel. Zudem ist Walter Benjamin klar, dass Gewalt zunächst nur im Bereich der Mittel, nicht der Zwecke aufgesucht werden kann. Der deutsche Philosoph, Literaturkritiker und Übersetzer Walter Benjamin wurde am 15. Juli 1892 in Berlin geboren. Am 26. September 1940 nahm er sich auf der Flucht vor der Gestapo an der spanischen Grenze das Leben.

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Die Währungsunion verursacht nicht die hohe Staatsverschuldung

Das wichtigste Qualitätsmerkmal ist für den Ökonomen und Wirtschaftsweisen Peter Bofinger die Inflationsrate. Ist diese niedrig, können die Menschen sicher sein, dass ihre Geldersparnisse auf Dauer ihren Wert behalten. In der volkswirtschaftlichen Literatur sind sich die meisten Geldtheoretiker darüber einig, dass eine Inflationsrate von 2 Prozent einen guten Zielwert für eine Geldpolitik darstellt, die sich an Stabilität orientiert. Peter Bofinger erklärt, dass dieser Wert durchaus sehr ehrgeizig ist. Dies kann man daran erkennen, dass die deutsche Bundesbank in den Jahren von 1949 bis 1998, in denen sie die geldpolitische Verantwortung für Deutschland innehatte, im Durchschnitt eine Inflationsrate von 2,7 Prozent erzielte. Wer sich in der Wirtschaftsgeschichte gut auskennt, weiß allerdings auch, dass es bei einer aktuell niedrigen Inflationsrate zu einer massiven Geldentwertung kommen kann, wenn die Staatsverschuldung zu stark zunimmt. 

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Marcel Fratzscher: „Den Euro wird es noch in 100 Jahren geben“

Marcel Fratzscher, der künftige Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) hat die Vision von Europa, dass eines Tages alle 27 EU-Länder dem Euro angehören werden. Er sagt: „Langfristig wäre es schon mein Wunsch, dass alle Länder, die der EU beitreten, auch den Euro einführen.“ Aber genau dies sieht der EU-Vertrag ohnehin vor. Also hält Marcel Fratzscher seine Vorstellung auch nicht für besonders originell. Er ist allerdings fest davon überzeugt, dass der Euro der richtige Weg für die Integration in Europa ist. Die Frage ist seiner Meinung nach nur, wie man ihn beschreitet und wie man sicherstellt, dass er von Erfolg gekrönt ist. Ab Februar 2013 soll der Ökonom Marcel Fratzscher, der in Kiel, Oxford, Harvard und Florenz studiert hat, das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) leiten.

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Mohamed El-Erian hält Europa für ein gefährliches Pulverfass

Mohamed El-Erian, Chef des weltgrößten Anleiheninvestors Pimco, traut sich noch, Geld seiner Kunden in europäische Staatsanleihen anzulegen. Aber Pimco investiert nur dann, wenn zwei entscheidende Vorbedingungen erfüllt sind. Erstens müssen die Schuldenkennziffern eines Landes in Ordnung sein und zweitens sollte auch das Niveau der Rendite stimmen. Mohamed El-Erian gibt zu, dass die Anlagemöglichkeiten in Europa derzeit beschränkt sind. Er sagt: „Innerhalb des Euroraumes bringen wir nur noch einigen Ländern wie Deutschland, Österreich und Finnland uneingeschränktes Vertrauen entgegen.“ Zudem hält er norwegische und schwedische Staatsanleihen für hochsolide. Ganz anders sieht es laut Mohamed El-Erian in Südeuropa aus. Anleihen aus Griechenland und Portugal sind für ihn zu riskant, in italienische Staatspapiere investiert Pimco noch, wenn auch nicht im großen Stil.

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Dr. Gunnar Beck hält den Rettungsfonds ESM für rechtswidrig

Heute entscheidet das Bundesverfassungsgericht über die Verfassungsmäßigkeit des Europäischen Stabilitätsmechanismus, kurz ESM genannt. Der ESM soll Schuldenstaaten der Eurozone Kredite gewähren und Staatsanleihen direkt aufkaufen. Die Bundesregierung weist immer darauf hin, dass der ESM eine Obergrenze der Haftung von 700 Milliarden Euro vorsieht und der deutsche Anteil daran 190 Milliarden Euro beträgt. Dr. Gunnar Beck, der EU-Recht an der University of London lehrt, empören solche Aussagen. Er kritisiert: „Offenbar lasen unsere Politiker den Vertrag nicht oder sie verstehen ihn nicht. Denn der ESM ist eindeutig rechtswidrig.“ Erstens ist das Fondskapital nicht auf den Nominalwert von 700 Milliarden Euro begrenzt, sondern auf den Ausgabewert, der den Nennwert übersteigen darf. Zweitens haften solvente Mitgliedsstaaten wie Deutschland für Fehlbeträge, die entstehen, wenn andere Mitglieder des ESM ihrer Einzahlungspflicht nicht mehr nachkommen können.

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Kinder sind für Ildikó von Kürthy zu Prestigeobjekten geworden

Die Bestsellerautorin Ildikó von Kürthy beklagt, dass Kinder eine so ungeheuerliche Bedeutung bekommen haben. Viele Eltern leben ihrer Meinung nach nicht mehr mit ihren Kindern, sonder für ihren Nachwuchs. Ildikó von Kürthy sagt: „Kinder sind zu Prestigeobjekten geworden.“ Wenn es um die Mutterrolle geht, werden die Diskussionen sehr schnell sehr emotional, weil viele Mütter bei der leisesten Kritik, ihren ganzen Lebensentwurf bedroht sehen. Es reicht schon, dass jemand seine Kinder anders erzieht, und schon fühlen sich anderen Mütter infrage gestellt. Ildikó von Kürthy zählt zu den erfolgreichsten Autorinnen Deutschlands. Inzwischen hat sie acht Bücher geschrieben, die es alle auf die Bestsellerlisten schafften. Ingesamt hat sie mehr als sechs Millionen Exemplare ihrer Werke verkauft.

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Paul Nolte würdigt das Zeitalter der klassischen Revolutionen

Für Paul Nolte, der Neuere Geschichte und Zeitgeschichte an der Freien Universität Berlin lehrt, ist ohne die Dynamik von Revolutionen die Entstehung moderner Demokratien und Republiken kaum vorstellbar. Die Sehnsucht der Menschen nach Innovationen und Freiheit kam mit dem Anspruch zusammen, Gesellschaft und Politik nach eigenen Maßstäben zu entwickeln: Politische Herrschaft sollte das Werk der Menschen selbst sein. Und schon im 18. Jahrhundert war zu erkennen, dass die Prinzipien der Demokratie die sozialen Beziehungen und das Leben im Alltag nicht unberührt lassen konnten – denn das politische Gefüge der Institutionen stand nicht am Ende des Prozesses. Paul Nolte schreibt: „Im 19. Jahrhundert beschleunigte sich die demokratische Entwicklung auch in Deutschland in einer Revolution. Selbst wenn es immer wieder stille, evolutionäre Wege der Demokratisierung gibt – die enge Verbindung mit revolutionären Ereignissen bleibt bis in die Gegenwart erhalten.“

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Sarah Wagenknecht benennt die Übel des Kapitalismus

Die Märkte sind für die Linken-Politikerin Sarah Wagenknecht nicht das Problem der gegenwärtigen Schuldenkrise, sondern der Kapitalismus ist ihrer Meinung daran schuld, dass sich wenige auf Kosten der Mehrheit bereichern können. Wo Märkte funktionieren und ihren Platz haben, erfüllen sie für Sarah Wagenknecht eine wichtige Funktion. Nichts zu suchen haben sie dagegen im Gesundheitsbereich oder im Bildungssektor, wo es um elementare Güter der Gesellschaft geht. Das betrifft auch den Finanzsektor. Sarah Wagenknecht sagt: „Es spricht viel dafür, dass auch Finanzen ein öffentliches Gut sind, dass man nicht Märkten überlassen sollte. Zumal der Finanzmarkt ohnehin kein funktionierender Markt ist.“ Sarah Wagenknecht würde sich allerdings nie als Liberale bezeichnen, auch wenn sie den klassischen Liberalismus im Marxismus verwurzelt sieht.

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Ferdinand von Schirach warnt vor direkter Demokratie

Der Bestsellerautor Ferdinand von Schirach glaubt, dass die repräsentativen Demokratien zwar Nachteile haben mögen, weil ihre Entscheidungsprozesse oft kompliziert sind und der Ausgleich von Interessen teilweise mit großen Mühen verbunden ist. Der Staat wirkt manchmal träge. Dennoch gibt es für Ferdinand von Schirach keine bessere Staatsform. Er schreibt: „Dennoch funktionieren sie besser als jede andere Staatsform, die wir kennen. Ihr Fundament ist es, dass die Repräsentanten für ihr Handeln einstehen müssen, sie sind uns verantwortlich. Die meisten Politiker nehmen das ernst, das Gewissen des Abgeordneten ist noch kein leerer Begriff.“ Gar nichts hält Ferdinand von Schirach vom Politikansatz der Piratenpartei, die seiner Meinung nach im Grunde eine andere Staatsform in Deutschland einführen möchte.

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Nur eine politische Union kann den Euro stabilisieren

Für den weltberühmten deutschen Philosophen Jürgen Habermas ist bisher die europäische Einigung von den politischen Eliten mehr oder weniger über die Köpfe ihrer Bevölkerung hinweg betrieben worden. Zunächst waren seiner Meinung nach ja auch nur die Staaten handlungsfähig, obwohl es auf der anderen Seite schon lange ein europäisches Parlament gibt. Jürgen Habermas stellt fest: „Trotzdem haben die politischen Parteien bisher in allen Mitgliedsländern die europäischen Wahlen und Referenden so angelegt, dass die Wähler nur über nationale Fragestellungen und Personen abstimmen konnten. Es hat bisher keine europäische Wahl gegeben, die diesen Namen verdient hätte.“ Jürgen Habermas war bis zu seiner Emeritierung im Jahr 1994 Professor für Philosophie in Frankfurt am Main. Er gilt as bekanntester Vertreter der so genannten „Frankfurter Schule“. Ende 2011 erschien im Suhrkamp Verlag sein Essay „Zur Verfassung Europas“.

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Jens Weidmann präsentiert sich als Hüter der Stabilität

Gestern vor einem Jahr hat Jens Weidmann den Posten des Bundesbankpräsidenten übernommen und sich seitdem als präsenter Gegenspieler von Mario Draghi, dem Präsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB), in Position gebracht. Erst vor kurzem war wieder einmal eine spannende Auseinandersetzung zwischen den beiden Bankmanagern zu beobachten. Die EZB untersucht Möglichkeiten, wie die maroden spanischen Banken Geld aus dem Stabilitätsfonds EMS erhalten könnten. Jens Weidmann kritisiert solche Pläne: „Das kommt überhaupt nicht in Frage. Nur Staaten dürfen EMS-Hilfen erhalten – und auch nur gegen strikte Sparauflagen.“ Ähnliche Duelle gab es auch schon in der Vergangenheit. Zweimal lieh die Europäische Zentralbank Privatbanken rund eine Billion Euro zu einem äußerst günstigen Zinssatz, um eine drohenden Kreditklemme zu verhindern.

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Tomáš Sedláček erzählt die Geschichte der Ökonomie

In seinem Buch „Die Ökonomie von Gut und Böse“ begibt sich der Wirtschaftswissenschaftler Tomáš Sedláček auf eine Expedition über die Grenzen der Ökonomie hinaus und erforscht die Verbindung der Wirtschaft zur Geschichte, zur Psychologie und zu den alten Mythen. Er unterstreicht damit, wie tief die Ökonomie in der Kultur der Menschheit verwurzelt ist. Sie reicht weit in die Geschichte zurück. Schon etwa 400 vor Christus sagte Xenophon, dass es etwas wie eine Wissenschaft der Ökonomie gibt, selbst wenn jemand über keinen Reichtum verfügt. Tomáš Sedláček lehrt an der Prager Karls-Universität, ist Chefökonom der größten tschechischen Bank und Mitglied des Nationalen Wirtschaftsrats in Prag.

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Richard Wilhelm stellt die Philosophie Chinas vor

Die vorliegende Schrift des Sinologen Richard Wilhelm führt den Leser knapp und allgemeinverständlich in die Chinesische Philosophie ein. In sieben Kapiteln handelt er die Entwicklungslinien und Grundpfeiler der einzelnen fernöstlichen Lehren ab – angefangen im 6. vorchristlichen Jahrhundert über den Taoismus, den Konfuzianismus, den Buddhismus bis hin zur chinesischen Philosophie des 18. Jahrhunderts. Richard Wilhelm schreibt zu Beginn seines Buchs über die Entstehung des philosophischen Denkens in China, wobei er die Schule der Schriftgelehrten und die der Propheten vorstellt. Richard Wilhelm, der 1873 in Stuttgart geboren wurde und 1930 in Tübingen starb, war einer der bedeutendsten deutschsprachigen Sinologen. Zudem war er als Theologe und Missionar tätig.

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Markus Hengstschläger warnt vor der Durchschnittsfalle

Markus Hengstschläger kritisiert in seinem Buch „Die Durchschnittsfalle“ ein System, in dem alle Menschen möglichst nah an einem gemeinsamen Durchschnitt sind, weil dieses in keinerlei Weise für die Zukunft gerüstet ist. Er schreibt: „Das Problem ist die fehlende Varianz, die fehlende Individualität.“ Individualität ist laut Markus Hengstschläger das höchste Gut, wenn es darum geht, sich auf die Zukunft vorzubreiten, der Durchschnitt dagegen sinnlos und gefährlich. Wenn sich heute eine Gesellschaft optimal auf die Zukunft vorbereiten will, muss es ihr Ziel sein, jedem Einzelnen die Chance zu geben, seine individuellen Leistungsvoraussetzungen zu entdecken und sie durch harte Arbeit in eine besondere Leistung zu verwandeln. Im Alter von 16 Jahren war Markus Hengstschläger als Punk unterwegs. Mit 24 Jahren promovierte er zum Doktor der Genetik und wurde elf Jahre später zum jüngsten Universitätsprofessor für Medizinische Genetik berufen.

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