Klaus von Beyme prüft die Verflechtung von Politik und Medien

Neben den direkten Einflüssen durch die Politik der Parteien entwickeln sich Verflechtungen zwischen Politik und Medien durch die ständige Ausweitung ihrer Kommunikation. Gefälligkeitsjournalismus ist bei weitem keine Seltenheit. Die Eliten sitzen sozusagen in einem Boot. Klaus von Beyme weist darauf hin, dass in Europa schon darüber diskutiert wird, ob die Medienvertreter nicht schon ein Teil der politischen Klasse sind. Der Politikwissenschaftler schreibt: „Je mehr die entideologisierte Politik über Ereignisse und Personen vermittelt wird, umso mehr wächst die Tendenz in den Medien, Kooperation statt Kontrolle zu suchen.“ Dazu kommt ein weiterer Punkt. Je professioneller die Medienarbeit der Regierung und der Parteien wurde, desto stärker wurde die Tendenz der Journalisten, angesichts der Überflutung mit Informationen schlicht die offizielle Verlautbarung in großen Teilen zu übernehmen. Der deutsche Politikwissenschaftler Klaus von Beyme war von 1974 bis 1999 Professor am Institut für Politische Wissenschaft der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg.

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Politische Parteinen dominieren den demokratischen Staat

In einer entwickelten Demokratie müssen bei einer Analyse der politischen Klasse die Parteien ins Zentrum der Betrachtung gerückt werden. Ein großer Teil der Prozesse, die eine abgehobene politische Klasse erkennbar werden lassen, spielen sich im Bereich des Parteienstaats ab. Frühere Theorien über Eliten untersuchten Parteien meist von der inneren Organisation her, um den alles durchdringenden Prozess der Bürokratisierung in der Gesellschaft zu belegen. Heute funktioniert das nicht mehr. Klaus von Beyme fordert daher: „Eine zeitgemäße Theorie der politischen Klasse muss sich vor allem mit der Außenwirkung der Parteienorganisation befassen. Ins Zentrum rückt die Kolonialisierung von Staat und Gesellschaft durch die Parteien.“ Der deutsche Politikwissenschaftler Klaus von Beyme war von 1974 bis 1999 Professor am Institut für Politische Wissenschaft der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg.

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Theodor W. Adorno reflektiert über die Klassentheorie

Geschichte ist, der Theorie zufolge, eine Aufeinanderfolge von Klassengkämpfen. Laut Theodor W. Adorno ist der Begriff der Klasse mit dem Auftreten des Proletariats verbunden. Noch als revolutionäre Gesellschaftsgruppierung nannte die Bourgeoisie sich den dritten Stand. Theodor W. Adorno fügt hinzu: „In der Ausdehnung des Klassenbegriffs auf die Vorzeit denunziert die Theorie nicht bloß die Bürger, deren Freiheit mit Besitz und Bildung die Tradition des alten Unrecht fortsetzt. Sie wendet sich gegen die Vorzeit selber.“ Der Schein patriarchalischer Gutmütigkeit, den jene seit dem Sieg des unerbittlichen kapitalistischen Kalküls angenommen hat, wird zerstört. Theodor W. Adorno, geboren am 11. September 1903 in Frankfurt am Main, gestorben am 6. August 1969, lehrte in Frankfurt als ordentlicher Professor für Philosophie und Soziologie und war Direktor des Instituts für Sozialforschung an der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität.

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Die Metamorphosen des Teufels sind voller Überraschungen

Gerade jene, die den Teufel gemeinsam mit dem lieben Gott ausgetrieben haben, die guten, braven und loyalen Materialisten, haben laut Henri Lefebvre die naivste dualistische Vorstellung der Welt begründet. Nämlich die Gegensätze zwischen den Guten und den Bösen, zwischen dem wir und den anderen sowie zwischen den positiven Helden und den negativen Schurken. Henri Lefebvre schreibt: „Auf ihre Art haben sie die Dialektik des Dämonischen und des Göttlichen, des Guten und des Bösen, des Lichts und der Finsternis fortgesetzt. Der Teufel rächt sich; gemeinsam mit dem lieben Gott kommt er durch die Hintertür wieder herein.“ Die Metamorphosen des Teufels sind vielfältig und voller Überraschungen. Ihre Spur durchzieht, sie belebend, ebenso die Geschichte Gottes wie die des Seins der Philosophen.

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Ulrich Beck untersucht die Verteilung von Reichtum und Risiko

Der berühmte deutsche Soziologe Ulrich Beck vertritt die These, dass die gesellschaftliche Produktion von Reichtum in der fortgeschrittenen Moderne einhergeht mit der Erzeugung von Risiken. Entsprechend werden seiner Meinung nach Probleme und Konflikte bei der Verteilung der Mangelgesellschaft überlagert durch die Schwierigkeiten und Spannungen, die aus der Produktion, Definition und Verteilung wissenschaftlich-technisch produzierter Konflikte entstehen. Ulrich Beck erklärt: „Dieser Wechsel von der Logik der Reichtumsverteilung in der Mangelgesellschaft zur Logik der Risikoverteilung in der entwickelten Moderne ist historisch an zwei Bedingungen gebunden.“ Er vollzieht sich erstens in dem durch das erreichte Niveau der menschlichen und technologischen Produktivkräfte sowie durch rechtliche und sozialstaatliche Sicherungen, die dafür sorgen, dass echte materielle Not objektiv verringert und sozial ausgegrenzt werden kann. Ulrich Beck war bis 2009 Professor für Soziologie an der Ludwig-Maximilians-Universität in München. Seither ist er Gastprofessor für Soziologie an der London School of Economics and Political Science.

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Elternhilfe bei Hausarbeiten bringt nicht den erwünschten Erfolg

Nahezu zwei Drittel aller Eltern erarbeiten den Lehrstoff für die Schule grundsätzlich gemeinsam mit ihren Kindern. Zu diesem Ergebnis kam eine repräsentative Umfrage der Universität Bielefeld. Und über 75 Prozent der Eltern helfen ihrem Nachwuchs bei der Vorbereitung auf Klassenarbeiten und Referate. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um Ganztagsschüler oder Halbtagsschüler handelt. Inzwischen glauben viele gestresste Eltern, dass das eigentliche Lernen fast ausschließlich nur noch zu Hause stattfindet. Ulrich Trautwein, Professor für empirische Bildungsforschung and der Universität Tübingen kennt diese Probleme und erklärt: „Eltern sind sehr emotional – wenn das Kind was nicht kann, verzweifeln sie und empfinden Schulprobleme als Kränkung und eigenes Versagen, vor allem, wenn das Kind ihr einziges und wichtigstes Projekt ist.“

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Das Finanzsystem soll einer Gesellschaft freier Menschen dienen

Der amerikanische Ökonom Robert J. Shiller will nicht die Vernichtung des Kapitalismus, wie es von Karl Marx gefordert worden war, sondern eine Verbesserung und Demokratisierung des Systems. Es zu verbessern heißt für ihn, den übergeordneten Zielen der Gesellschaft freier Menschen zu dienen. Dies war seiner Meinung nach stets die klügste aller Optionen. Robert J. Shiller schreibt: „Die eigentliche Herausforderung für die Politik bei Überlegungen zur Gestaltung der Zukunft des Finanzwesens ist, zu begreifen, dass es eingesetzt werden kann, um einer immer größeren klassenübergreifenden Gesellschaftsschicht immer breiteren Wohlstand zu bescheren, und dass seine Produkte anwendungsfreundlicher gemacht und besser in die Gesamtwirtschaft integriert werden können.“ Robert J. Shiller lehrt Wirtschaftswissenschaften an der Yale University und zählt zu den einflussreichsten Vordenkern in der globalen Wirtschaft. Seit Jahren wird er als einer der Topanwärter für den Wirtschaftsnobelpreis gehandelt.

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In Deutschland können 7,5 Millionen Menschen kaum lesen

Viele Pädagogen und Politiker stellen sich die Frage, wie es sein kann, dass Kinder, die mindestens neun Jahre in die Schule gehen müssen, nach Abschluss ihrer Schulausbildung weder schreiben noch lesen können. Etwa 60 Jugendliche verlassen jedes Jahr die Schule ohne Abschluss. In dieser Gruppe befinden sich viele, die möglicherweise einzelne Wörter lesen können, aber weder Briefe noch E-Mails, geschweige denn Verträge und Dokumente. Mit Dummheit hat das in den wenigsten Fällen etwas zu tun, denn viele Analphabeten sind sogar besonders geschickt darin, trotz ihres Handikaps die Probleme ihres Alltags zu meistern. Doch die sogenannte Leo-Studie wies im vergangenen Jahr auf die dramatische Situation in Deutschland hin. Demnach gibt es hierzulande 7,5 Millionen Erwachsene, die kaum oder nur sehr schlecht lesen und schreiben können.

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Die Malerin Oda Jaune will Schreckliches in Schönheit verwandeln

Oda Jaune malt, seitdem sie denken kann. Ihre Werke zeichnen sich durch eine Unerschrockenheit vor Dingen aus, bei denen die meisten anderen Maler wegschauen. Sie schaut aber nicht verbittert, sondern geradezu zärtlich auf die Abgründe dieser Welt. Seit vier Jahren lebt Oda Jaune, die in Düsseldorf an der Kunstakademie studierte, nun schon in Paris. Die gebürtige Bulgarin war von 1998 bis 2003 Meisterschülerin in der Klasse von Jörg Immendorff. Die junge Studentin und der berühmte ältere Maler wurden ein Paar. Wenige Tage nach ihrem Umzug nach Paris hatte sie schon einen Galeristen, Daniel Templon, gefunden. Dieser machte zuvor Künstler wie Roy Lichtenstein oder Richard Serra in Frankreich bekannt. Nach nur vier Monaten hatte Oda Jaune schon ihre erste große Einzelausstellung, eine weitere folgte im Jahr 2011.

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Paul Nolte beleuchtet die Krisenanfälligkeit der Demokratie

„Demokratie ist immer in der Krise“, schreibt Paul Nolte. Zeiten, in denen ihre Selbstverständlichkeit nicht hinterfragt wurde, hat es seiner Meinung nach kaum gegeben – vor allem nicht in Europa. Und dennoch hat sich die Demokratie nach 1945 zu einer Art Standardmodell entwickelt, allerdings nur in Westeuropa. Am Ende des 20. Jahrhunderts eroberte die demokratische Freiheit sogar Osteuropa. Dennoch tauchten immer wieder Zweifel an der Tauglichkeit der Demokratie im Westen auf. In ihre tiefste Krise geriet die Demokratie laut Paul Nolte, als eigentlich alle Vorzeichen für ihren endgültigen Siegeszug über alle Kontinente sprachen. Der Durchbruch einer Massengesellschaft ebnete zum Beispiel alte soziale Hierarchien ein. Aber paradoxerweise galt die Demokratie plötzlich selbst in Deutschland als ein Auslaufmodell, das einer hochkomplexen und zugleich nivellierten Gesellschaft nicht mehr gerecht zu werden schien. Paul Nolte ist Professor für Neuere Geschichte und Zeitgeschichte an der Freien Universität Berlin.

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Neunzig Prozent der Diagnosen von ADHS sind falsch

Bei jedem zehnten Jungen wird inzwischen in Deutschland das so genannte Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom oder Hyperaktivitätssyndrom, kurz ADHS, diagnostiziert. Mit dem Medikament Ritalin, das den Wirkstoff Methylphenidat (MPH) enthält werden sie ruhig gestellt und brav gemacht. Im schlimmsten Fall werden die Kinder abhängig. Wenn Jungen sich in der Schule nicht ruhig verhalten und dem Unterricht nur schwer folgen können, kann das die verschiedensten Ursachen haben: Eine zerrüttete Familie, überforderte Eltern, unfähige Lehrer, einen zu hohen Konsum von Computerspielen sowie den fehlenden Auslauf in der freien Natur. Am einfachsten ist es in einem solchen Fall für ein schwieriges Kind eine Krankheit zu erfinden – ADHS. Denn dann braucht keiner mehr die Verantwortung für den Nachwuchs zu übernehmen. Es gibt ja Pillen, die scheinbar die Aufmerksamkeit bei den Kindern steigern und sie gesund machen.

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Ralf Dahrendorf erforscht den Aufstieg der Bürgerrechte

Menschen haben nach Ralf Dahrendorf ein feines Gespür für Unrecht und auch für Vorrechte, lange bevor sich das öffentlich kundtut. Sie handeln aus ihrer grundeigenen Interessenlage, wobei es gleichgültig ist, ob es Parteien zu deren Organisation gibt oder nicht. Ralf Dahrendorf erklärt: „Soziale Kräfte sind also mehr als eine Erfindung der soziologischen Phantasie. Aber sie werden erst dann sichtbar, greifbar und vor allem wirksam, wenn sie in politischen Auseinandersetzungen und Entscheidungen ihren Ausdruck finden.“ Im gleichen Moment treffen sie dann auch auf andere Kräfte und Einflüsse, die die Lage unübersichtlich machen. Die Zugehörigkeit zu einer Klasse ist dabei für Ralf Dahrendorf nie die einzige Grundlage politischer Interessen.

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Der Staat verliert die Macht über den öffentlichen Raum

Der Zerfall des öffentlichen Sektors hat laut Tony Judt dazu geführt, dass die Menschen immer weniger wissen, was sie mit ihren Mitmenschen verbindet. Politik ist für ihn eine Funktion von Raum, da die Menschen dort wählen, wo sie wohnen und sich die Autorität und die Legitimation von Politikern sich auf das Land beschränken, in dem sie gewählt wurden. Kommunikation in Echtzeit mit Gleichgesinnten auf der anderen Seite des Globus über das Internet ist dafür kein Ersatz. Noch im ausgehenden 19. Jahrhundert war der Staat gemäß Tony Judt einfach ein Apparat, mit dem eine alteingesessene herrschende Klasse die Macht ausübte. Doch Schritt für Schritt übernahm er Aufgaben und Zuständigkeiten, die zuvor in den Händen von Einzelpersonen oder privaten Einrichtungen gelegen hatten.

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Carl von Linné entwirft das Ordnungssystem der Natur

Der Naturforscher und Arzt Carl von Linné fühlte sich von Gott berufen, ein Ordnungssystem der Natur zu entwerfen. Dazu entwickelte er das System der binären Nomenklatur, das sich aus Gattung und Art zusammensetzte und auf alle Lebewesen anwendbar war. Carl von Linnés Klassifikation richtete sich an den Geschlechtsorganen der Pflanzen aus. Der Naturforscher wurde in der Stadt Rashult in Schweden geboren. Als junger Knabe schon begeisterte er sich an der Vielfalt der Pflanzen und beschloss eine naturwissenschaftliche Karriere anzustreben.

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