Den sprichwörtlich „anderen“ gegenüber fehlt gegenwärtig eine grundlegende Zugewandtheit als Voraussetzung für Nähe und Verbundenheit. Judith Kohlberger nennt Beispiele: „Das zeigt sich im Umgang mit Geflüchteten und Migranten, Marginalisierten und Minderheiten, Obdachlosen und Arbeitslosen, den Exkludierten und „Überflüssigen“ unserer Zeit.“ Das geschieht nicht nur im persönlichen Umgang und in der Sprache, sondern auch in der Verrohung von Institutionen und der schleichenden Unterwanderung des demokratischen Grundkonsenses. Die Einheimischen sind hart an der Grenze – im tatsächlichen wie auch im übertragenen Sinne. Der Fremde soll draußen bleiben. Es gibt jedoch ein Gegenmodell: Offen sein und werden für die Erfahrung, Erlebnisse und Lebensrealitäten des anderen, der dann so anders gar nicht mehr ist – diese grundlegende Zugewandtheit kann persönliche Haltung wie politische Maxime gleichermaßen sein. Judith Kohlenberger ist Kulturwissenschaftlerin und Migrationsforscherin am Institut für Sozialpolitik der WU Wien und dem Österreichischen Institut für Internationale Politik (oiip).