Die Werte einer Beziehung sind durch den Zorn stark bedroht

Häufig heißt es, der Zorn – sei er bisweilen auch übermäßig und unangebracht – stellt in vertrauten und persönlichen Beziehungen einen wertvollen Ausdruck von Selbstachtung dar, der kultiviert werden soll, vor allem von Menschen mit leicht angreifbarem Selbstwertgefühl – Frauen werden oft als Beispiel angeführt. Martha Nussbaum wendet sich gegen diese Argumentation und behauptet, dass die für die persönliche Vertrautheit charakteristischen Werte auf den Zorn verzichten können und durch ihn sogar stark bedroht sind. Natürlich kommen Verletzungen und Vertrauensbrüche vor und sie sind oftmals Anlass für kurzeitigen Zorn oder langjährige Trauer. Dennoch ist die Trauer über einen Verlust besser als das sture Festhalten dran, den Verlust jemand anderem zuzuschieben. Martha Nussbaum ist Philosophin und Professorin für Rechtswissenschaften und Ethik an der University of Chicago. Sie ist eine der einflussreichsten Philosophinnen der Gegenwart.

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Die Lust am Sex hält eine Partnerschaft am Leben

Wenn es bei einer Beziehung ernst wird, übernimmt der Körper das Kommando und signalisiert, wen Mann oder Frau gerne anschaut und riecht, wen sie küssen und berühren wollen und wer ihnen im Bett besonders viel Freude bereitet. Thomas Junker erklärt: „Die Lust beim Sex ist nicht das einzige Kriterium, natürlich nicht. Aber es dürfte bis zu einem bestimmten Alter schwierig werden, eine Partnerschaft am Leben zu erhalten, wenn es mit dem Sex nicht oder nicht mehr klappt.“ Selbst dann, wenn viele andere Gründe dafürsprechen. Umgekehrt geht das schon viel eher. Wenn der Sex gut ist, dann kann anderes leicht nebensächlich werden. Es gilt nicht mehr als moralisch verwerflich, sich bei der Suche nach dem idealen Partner von etwas so Schnödem wie der sexuellen Lust leiten zu lassen. Thomas Junker ist Professor für Biologiegeschichte an der Universität Tübingen.

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Die Liebe entzieht sich der Kontrolle des Willens

Im philosophischen Denken spielt die Liebe seit jeher eine ganz wesentliche Rolle. Die großen Philosophen der Antike bis zu denjenigen Gegenwart stellten sich unter anderem folgende Fragen: Was ist das Wesen der Liebe? Ist sie eine Tugend oder ein Laster? Welche Bedeutung hat die Liebe für das Verhältnis eines Menschen zu seinen Mitmenschen, für seinen Zugang zur Welt, zu Wahrheit und Weisheit, ja sogar zu Gott? Und wie prägt die Gesellschaft, in der man lebt, die Formen, in denen die Liebe sich äußert? Der Reclam-Band „Was ist Liebe?“ vereint die wichtigsten Texte von Platon bis zu Eva Illouz. Obwohl die Grundlage der Philosophie ausdrücklich aus einer spezifischen Liebe, nämlich der „Liebe zur Weisheit“, besteht, ist es umso erstaunlicher, dass die Mehrzahl der akademisch tätigen Philosophen in der Liebe immer noch keinen eigenständigen Gegenstand des denkerischen Interesses sieht.

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Burn-out ist eine Störung des ganzen Menschen

Sind die Deutschen ein Volk der Erschöpften? Brennt gerade eine ganze Gesellschaft aus? Kaum etwas beherrscht seit Jahren die Management-Presse und Vorträge für Führungskräfte stärker als das Thema Burn-out. Es gibt spezielle Therapieangebote und längst haben sich Kurkliniken und Rehaeinrichtungen darauf eingestellt. Der Begriff Burn-out meint nichts anderes, als dass die Batterie leer ist. Besser als „Nervenzusammenbruch“ klingt er allemal. Klaus Biedermann stellt fest: „Mehr als die Hälfte der Beschäftigten klagt über Termin- und Leistungsdruck, jeder Fünfte der befragten Arbeitnehmer fühlt sich überfordert.“ Burn-out ist keine Infektionskrankheit, die mit plötzlichem hohen Fieber und einem schlimmen Ausschlag beginnt. Es handelt sich vielmehr um eine Störung des ganzen Menschen. Dr. phil. Klaus Biedermann leitet seit mehr als 30 Jahren Selbsterfahrungskurse und Burn-In-Seminare in seiner Sommerakademie auf der Insel Korfu.

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Die Fähigkeit zum Genuss ist das höchste Glück des Menschen

Aristipp von Kyrene (435 – 350 v. Chr.) war ein Schüler des Sokrates und ein Zeitgenosse des Diogenes. Er verkehrte am Hof des Tyrannen Dionysios. Für Aristipp und seine Schule der Kyrenaiker können der Wahlfreiheit eines Menschen ausschließlich die eigenen Empfindungen als Richtschnur gelten. Ludger Pfeil ergänzt: „Aristipps Bedürfnisse gingen allerdings weit über Diogenes` minimalistisches Einfachstleben hinaus. Und Dionysios bot ihm die einträgliche Geldquelle zu deren Finanzierung.“ Die Fähigkeit zum Genuss erklärt Aristipp kurzerhand zum höchsten Glück des Menschen und zur einzigen Tugend, die er gelten lassen will. Lustgewinn heißt das von ihm ausgerufene Ziel, wobei die Lust des Augenblicks als einzig wirkliche angesehen wird und keine Vertröstungen duldet. Der Philosoph Dr. Ludger Pfeil machte nach seinem Studium Karriere in der Wirtschaft als Projektleiter und Führungskraft und ist als Managementberater tätig.

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Beim Orgasmus entlädt sich große sexuelle Erregung

Das Gefühl des Orgasmus und seine körperlichen Begleiterscheinungen lassen sich auch in der Sprache der Wissenschaft beschreiben. Weitgehende Einigkeit besteht, dass es sich um die plötzliche Entladung großer sexueller Erregung handelt, die als extrem lustvoll und entspannend empfunden wird. Thomas Junker erklärt: „Beim Mann ist damit meist eine Ejakulation verbunden, bei der Frau kommt es zu Kontraktionen von Vagina und Uterus.“ Begleitet wird der Orgasmus bei beiden Geschlechtern von rhythmischen Muskelkontraktionen im ganzen Körper, unwillentlichen Lautäußerungen wie Stöhnen oder Schreien, Bewusstseinseintrübung und einem Gefühl der Euphorie. Hauptsächlicher Auslöser ist die Stimulation des Penis beziehungsweise der Klitoris bei der Masturbation, beim Geschlechtsverkehr oder bei anderen erregenden Aktivitäten. Worin besteht der Zweck eines so komplexen Vorgangs? Thomas Junker ist Professor für Biologiegeschichte an der Universität Tübingen.

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Die Lustaggression hat einen aktiv suchenden Charakter

Es gibt aggressive Handlungen, durch die ein Mensch nichts gewinnt, nichts abwendet und niemanden für eine Tat bestraft. Hans-Peter Nolting erklärt: „Es kommt vor, dass Menschen von sich aus Gelegenheit suchen, andere zu verprügeln, andere zu schikanieren oder gar grausam zu quälen. Es muss ihnen in irgendeiner Weise Spaß machen, sonst würden sie es nicht tun.“ Insofern kann man hier von „Lustaggression“ sprechen. Lustaggression gibt es in unterschiedlichen Varianten. Die extremste Ausprägung ist der Sadismus. Zu der Variante, die man als Kampflust bezeichnen kann, gehört folgendes Beispiel: Fußball-Hooligans freuen sich auf das Wochenende, an dem sie sich eine Schlacht mit gegnerischen „Fans“ liefern können – wobei in diesem Fall die Freude auf beiden Seiten besteht. Dr. Hans-Peter Nolting beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit dem Themenkreis Aggression und Gewalt, viele Jahre davon als Dozent für Psychologie an der Universität Göttingen.

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Zum Glücklichsein braucht ein Mensch nicht viel

Durch seine Analyse verschiedener Kategorien von Bedürfnissen festigt Epikur seine Ansicht vom wahren Vergnügen als Freiheit von Schmerz und Sorge. Ludger Pfeil erläutert: „Wenn man die leibliche Unversehrtheit und den Seelenfrieden zum Maßstab nimmt, lassen sich die Begierden leicht sortieren. Weniges ist lebensnotwendig oder zur Erhaltung der Gesundheit erforderlich, zum Glücklichsein brauchen wir nicht viel mehr und schon gar keine unnatürlich erzeugten Genüsse.“ Wenn der Schmerz gestillt ist und die Wogen der inneren Unruhe geglättet sind, hat man das Entscheidende bereits erreicht. Die Freude kommt dann von selbst. Mehr sollte man laut Epikur nicht vom Leben erwarten. Der Philosoph Dr. Ludger Pfeil machte nach seinem Studium Karriere in der Wirtschaft als Projektleiter und Führungskraft und ist als Managementberater tätig.

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Selbstbewusstsein macht glücklich

Steffen Ritter beantwortet in seinem neuen Buch „Selbstbewusstsein“ unter anderem folgende Fragen: „Was machen selbstbewusste Menschen anders als andere?“ und „Wie gelingt es uns und wie lange dauert es, selbstbewusster zu werden?“ Steffen Ritter betont: „Selbstbewusstsein macht glücklich, Selbstbewusstsein schafft schöne Erlebnisse, Selbstbewusstsein macht sogar attraktiv.“ Der Autor wirft zu Beginn seines Buchs einen Blick hinter die Kulissen fehlenden Selbstbewusstseins. Gegliedert hat er sein Werk in die Teile „Selbstwert“, „Selbstvertrauen“ und „Selbstliebe“. Selbstbewusstsein ist etwas, was bei allen Menschen über viele Jahre hinweg gebildet wird – durch die Erziehung, durch das Umfeld. Die Voraussetzungen dafür, selbstbewusst werden zu können, sind definitiv nicht für alle Menschen identisch. Aber eines ist gleich: „Jeder kann sich irgendwann dafür entscheiden, an seinem Selbstbewusstsein zu arbeiten.“ Steffen Ritter ist Redner, Autor und seit 1992 Leiter des Instituts Ritter. Er trainiert Menschen auf ihrem Weg zu einem selbstbestimmte Leben.

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Ein freundliches Nein ist besser als ein hartes Nein

Es liegt zum großen Teil am Auftreten der eigenen Person, wie das Umfeld auf ein Nein kurzfristig reagiert. Tanja Baum kann sich vorstellen, dass ein knappes und hart formuliertes Nein eher auf Unverständnis beim Gegenüber stößt als eine freundliche Absage. Schnell wird dieses Verhalten als fehlende Hilfsbereitschaft, Antipathie, Gleichgültigkeit oder Ablehnung interpretiert. Tanja Baum betont: „Mithilfe der Körpersprache, der Art des Sprechens, der Wortwahl und des gesamten Auftretens kann ein Nein verbindlich und dennoch bestimmt formuliert werden. Die Reaktion der Umwelt fällt dann weniger scharf aus.“ Die Reaktionen auf ein Nein sind natürlich auch unterschiedlich, da jede Situation in einen bestimmten Zusammenhang eingebettet ist. Tanja Baum, systemische Organisationsberaterin und Coach, gründete 1999 in Köln die Agentur für Freundlichkeit mit den Arbeitsschwerpunkten Beratung, Coaching, Training und Meditation.

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Der größte Genuss des Lebens liegt im Denken

Viele Menschen vergessen oft die einzigartigen Freuden, die einem am Ende des Lebens noch offenstehen, und eine davon ist ganz sicher das stille, gelassene Denken. Daniel Klein hatte immer große Freude an der Art, wie Bertrand Russell (1872 – 1970) die Dinge darstellt: „Es klingt oft nach einer Mischung aus britischer Elite-Uni und der Redeweise einfacher Leute.“ Bertrand Russell ordnet sich mit seinen Statements in eine lange Reihe von Philosophen ein, die glauben, dass einer der größten Genüsse des Lebens im Denken liegt. Als John Stuart Mill, der Sozialphilosoph des 19. Jahrhunderts, das Prinzip des größten Glücks zum Grundbaustein des Utilitarismus machte, unterstrich er, dass die rein animalischen Vergnügungen seinen Anforderungen nicht gerecht werden. Daniel Klein, Jahrgang 1939, studierte Philosophie in Harvard. Zusammen mit Thomas Cathcart schrieb er „Platon und Schnabeltier gehen in eine Bar“, das in 26 Sprachen übersetzt wurde.

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Belohnungen blockieren die Motivation

Alle Menschen handeln immer sinnvoll. Ihr Handeln ist in jedem Augenblick voller Sinn. Aus ihrer Sicht. Mag es aus der Sicht eines anderen noch so verrückt aussehen. Aus ihrer eigenen Perspektive ist es wichtig und richtig, so zu handeln. Die Strategie „Belohnen“ und „Bestrafen“ kümmert sich nicht um Gründe. An dem Warum ist sie nicht interessiert. Reinhard K. Sprenger erklärt: „Sie will Anpassung.“ Oft wird deshalb nicht getan, was sinnvoll ist, sondern was belohnt wird. Belohnungen verführen Menschen dazu, auch etwas völlig Sinn- und Freudloses zu tun, wenn nur die Belohnung hoch genug ist. Die Belohnung bestimmt, was zu tun ist. Das erzeugt gegenüber der Sache selbst eine Haltung der Gleichgültigkeit und des Desinteresses. Reinhard K. Sprenger ist promovierter Philosoph und gilt als einer der profiliertesten Managementberater und Führungsexperte Deutschlands.

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Gutscheine regen zu Lustkäufen an

Die Psychologie des Schenkens ist vielseitig und spannend, weshalb sich die amerikanischen Sozialpsychologen auf ihrer Jahreskonferenz in Long Beach 2015 zum Thema als Schwerpunkt gewidmet haben. Einige Erkenntnisse sind ebenso überraschend wie alltagstauglich – und bieten praktische Hilfe für die Wahl der Gaben an Weihnachten oder für den Geburtstag. Werner Bartens nennt ein Beispiel: „Wer für besonders wählerische Menschen Geschenke aussuchen muss, ist zumeist wenig motiviert und schiebt die Entscheidung gerne hinaus. Vermutlich hat der Schenkende den Eindruck, es dem anderen sowieso nicht recht machen zu können.“ Als Geschenk bekommen wählerische Zeitgenossen daher oft Gutscheine – oder genau das, was sie sich gerade gewünscht haben, was den meisten Menschen übrigens die größte Freude bereitet, auch wenn es vielen Schenkenden als einfallslos und nicht gerade kreativ gilt. Werner Bartens ist Autor von Bestsellern wie „Das Ärztehasser-Buch“, „Körperglück“ und „Was Paare zusammenhält“.

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Das menschliche Gehirn ist ein raffinierter Trickbetrüger

Es ist eine Tatsache, dass sich Menschen nicht auf ihr Gedächtnis verlassen können. Von eigebildeten Erinnerungen über falsche Zeugenaussagen bis zu digitaler Amnesie: Die Psychologin Julia Shaw führt in ihrem neuen Buch „Das trügerische Gedächtnis“ den Beweis, dass das menschliche Gehirn ein raffinierter Trickbetrüger ist. Auf der Basis ihrer wissenschaftlichen Forschung zeigt sie, welchen Erinnerungen man trauen kann und welchen nicht – und wir man das Beste aus seinem trügerischen Gedächtnis herausholt. Zudem erklärt Julia Shaw, warum das Gedächtnis ähnlich wie eine Wikipedia-Seite funktioniert: Jeder kann den Inhalt selbst verändern, aber andere können es auch. Dabei stützt sich die Forscherin auf ihre richtungsweisende Forschung, in der sie Probanden davon überzeugt, sie hätten Straftaten begangen, die in Wahrheit nie verübt wurden. Die Rechtspsychologin Julia Shaw lehrt und forscht an der London South Bank University.

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George Eliot beschreibt das Schicksal junger Frauen

Die englische Schriftstellerin George Eliot, die eigentlich 1819 unter dem Namen Mary Anne Evans geboren wurde, schrieb: „Ein Menschenleben, so meine ich, sollten in einem heimatlichen Flecken tief verwurzelt sein, wo es die Liebe zärtlicher Verbundenheit für das Gesicht der Erde erfährt, für die Arbeiten, die die Leute verrichten, für die Klänge und Akzente, für alles, was dieser frühen Heimat eine unverwechselbare Vertrautheit verleiht inmitten der Erfahrungen, die noch kommen werden.“ In dem berühmten Vorwort zu ihrem Roman „Middlemarch“ schreibt George Eliot von den Schwierigkeiten vieler junger Frauen, ihre Bestimmung im Leben zu finden. Sie spüren in ihrem Innern eine starke Sehnsucht, schrieb sie, eine geistige Inbrunst, ihre Energien auf ein gewichtiges, hohes und bedeutsames Ziel zu lenken. Sie werden von hehren moralischen Ambitionen angetrieben, dem dringenden Bedürfnis, ihr Leben in den Dienst einer heroischen gerechten Sache zu stellen.

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Es gibt nur wenige grundlegende Emotionen

Die Gefühle eines Menschen sind selten klar und eindeutig, sondern fühlen sich je nach Situation und Umständen mal so und mal anders an, sie vermischen sich und werden auch von jedem Menschen individuell empfunden. Es gibt einen weltweiten Kampf unter Forschern über die Frage, ob Emotionen nun angeboren oder doch kulturabhängig sind. Ulrich Schnabel erklärt: „Die einen beharren auf weltweit einheitlichen Universalemotionen, die klar bestimm- und unterscheidbar seien und gewissermaßen die diskreten Elemente unseres Gefühlslebens darstellen. Die anderen halten das für eine unzulässige Simplifizierung, die die Vielfalt und Veränderlichkeit der Gefühle in keiner Weise gerecht werde, und betonen stattdessen den starken Einfluss der jeweiligen Kultur und Gesellschaft.“ Wie Wahrheit liegt wohl, wie so oft, in der Mitte. Ulrich Schnabel ist Wissenschaftsredakteur der Wochenzeitung „Zeit“ und Autor mehrerer erfolgreicher Sachbücher.

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Die Diners mit Gala sind ein Feenmärchen von dionysischem Jubel

Die „Gala-Diners“ von Salvador Dalí sind in Bild und Wort einzig den Freuden des Gaumens gewidmet. Im dritten von zwölf Kapitel geht es um Vorspeisen, die das spanische Malergenie als „Große Köstlichkeiten aus Winzigem“ bezeichnet. Dazu zählt Salvador Dalí beispielsweise „Blutwurstsoufflé mit Maronen“, „Rinderhirn in Speck“ oder „Gegrillter Hammelkopf“. Jedes Rezept ist detailliert beschrieben und mit einer Zutatenliste versehen. Zu den einzelnen Kapiteln hat Salvador Dalí eigens zwölf Tafeln entworfen und signiert. Das Buch enthält außerdem sechsundfünfzig farbig illustrierte Rezepte, darunter einundzwanzig von den ungekrönten Königen der französischen Gastronomie: Lasserre, La Tour d`Argent, Maxim`s und Le Buffet de la Gare de Lyon. Fleisch ist für Salvador Dalí nichts anderes als sodomisierte Zwischengerichte. Das Bahnhofsrestaurant in Lyon steuert für dieses Kapitel sein Rezept „Roastbeef im Gemüsekranz“ bei.

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Große Umbrüche führen zu besonderer Erregung

Es entspricht der Logik der Gefühle, dass permanente Vergnügungen sich abnutzen und permanente Entbehrungen ihre Schärfe verlieren. Das gilt auch für die Liebe. So zeigen zum Beispiel Studien, dass die Häufigkeit sexueller Kontakte mit einem Partner umso mehr sinkt, je länger eine Beziehung besteht. Nach einem Jahr Ehe ist die sexuelle Frequenz in der Regel nur noch halb so groß wie im ersten Ehemonat, danach sinkt sie langsamer. Der Gefühlsforscher Aaron Ben-Ze`ev stellt fest: „Das mag man zwar bedauern, aber so funktioniert nun einmal unser emotionales System.“ So sei etwa ein gewisses Maß an Veränderung die Voraussetzung für Glücklichsein. Besondere Erregung spüren Menschen immer bei großen Umbrüchen im Leben. Ulrich Schnabel nennt Beispiele: „Bei einer Hochzeit, der Geburt eines Kindes, bei einem neuen Job, aber auch bei einer Trennung oder Scheidung.“

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Der Begriff der Sünde ist aufgegeben worden

Heute hat das Wort „Sünde“ seine Macht und furchteinflößende Eindringlichkeit verloren. Es wird heute vor allem in Verbindung mit dick machenden Nachspeisen verwendet. David Brooks erläutert: „Die meisten Menschen sprechen in der alltäglichen Unterhaltung kaum über individuelle Sünden. Wenn sie überhaupt über das Böse sprechen, dann verorten sie dieses gewöhnlich in den Strukturen der Gesellschaft – in Ungleichheit, Unterdrückung, Rassismus und so weiter –, nicht im Einzelnen.“ Die Menschen haben den Begriff der Sünde aufgegeben, weil sie, erstens, die Auffassung, die menschliche Natur sei verdorben, hinter sich gelassen haben. Zweitens wurde das Wort „Sünde“ zu vielen Zeiten und an vielen Orten dazu verwendet, der Lust den Krieg zu erklären, selbst den gesunden Freuden der Sexualität und der Unterhaltung. David Brooks arbeitet als Kommentator und Kolumnist bei der New York Times. Sein Buch „Das soziale Tier“ (2012) wurde ein internationaler Bestseller.

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Rupert M. Scheule erörtert den Begriff der Freiheit

Vielleicht ist es mit der Freiheit von Unterdrückung, Beengung, Hunger und so weiter wie bei der Freude bei nachlassendem Schmerz. In dem Moment, das Menschen von wie auch immer beengenden Fesseln befreit werden, spüren sie das Glück der Freiheit besonders intensiv. Viele Menschen der Moderne sind für ganz offensichtlich gebrannte Kinder des Absolutismus und des Totalitarismus. Rupert M. Scheule erklärt: „Sie verstehen Freiheit primär als negative Freiheit, als Freiheit von staatlicher Einmischung und Bevormundung.“ In einem ganzen Arsenal von Abwehrrechten hat sich die negative Freiheit ein juristisches Denkmal gesetzt, was pikanterweise wieder einen Staat voraussetzt, der die Abwehrrechte garantiert. Wenn die Ethik hier von negativer Freiheit spricht, drängt sich natürlich die Frage auf, ob es denn auch eine positive Freiheit gibt und worin sie besteht. Rupert M. Scheule ist Professor für Moraltheologie und Christliche Sozialwissenschaft an der Theologischen Fakultät Fulda.

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Das pure Vergnügen ist der einzige Lebenszweck

Der griechisch-lybische Philosoph Aristippos, der von 435 bis 356 vor Christus lebte, schrieb einst: „Die Kunst zu leben liegt darin, die an uns vorüberziehenden Freuden zu ergreifen. Die größten Freuden sind nicht die geistigen, und moralisch sind sie auch nicht immer.“ Daniel Klein erinnert sich noch gut daran, was er fühlte, als er sich diesen Sinnspruch notierte: „Herausfordernd! Gewagt!“ Die sechziger Jahre mit ihrem Ethos totaler Freiheit begannen aufzudämmern, und er fühlte sich auf die Probe gestellt. Plötzlich kam ihm Epikurs vorsichtiger Hedonismus wie der Bluff eines schüchternen Mannes vor. Aristippos war der echte Stoff – ein war ein ungezügelter Hedonist. Daniel Klein, Jahrgang 1939, studierte Philosophie in Harvard. Zusammen mit Thomas Cathcart schrieb er „Platon und Schnabeltier gehen in eine Bar“, das in 26 Sprachen übersetzt wurde.

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Steven Spielbergs Filme gehen in der Regel gut aus

Eine bekannte Maxime des weltberühmten Regisseurs Steven Spielberg lautet, eine erfolgversprechende Filmidee müsse auf einen Bierdeckel passen. Sein vielleicht berühmtester Satz lautet: „Jeder meiner Filme basiert auf etwas, was in meiner Kindheit geschehen ist.“ Sein neuester Film heißt BFG – das Kürzel steht für Big Friendly Giant. Er basiert auf Roald Dahls Kinderbuch „Sophiechen und der Riese“ von 1982. Der freundliche Riese, von dem Roald Dahl erzählt, hat es sich zur Aufgabe gemacht, „Schlummys“ in Kinderzimmer zu pusten, „schöne bunte Träume, die den, der sie träumt, glücklich machen.“ Kommt der freundliche Riese nicht zu einem, muss man darauf gefasst sein, „Todesangst-Schocker“ zu träumen, bei denen einem „die Zähne zu Berge stehen“ und „die Adern zu Eiszapfen erstarren“. Auf die Frage, was die Nächte seiner Kindheit beherrscht hat, ob Schlummy oder Todesangst-Schocker, antwortet Steven Spielberg: „Meine Alpträume habe ich lebendig vor Augen.“

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Ein Leidender stößt in unbekannte Tiefen vor

Wenn die meisten Menschen an die Zukunft denken, wünschen sie sich einen Zustand stabiler Zufriedenheit im Leben. Aber es gibt ein interessantes Phänomen. Wenn sich Menschen an die entscheidenden Ereignisse erinnern, die ihre Persönlichkeit formten, sind dies in der Regel keine „Glücksmomente“. David Brooks erklärt: „Am prägendsten scheinen vielmehr die leidvollen Erfahrungen zu sein. Die meisten Menschen greifen nach dem Glück, haben aber das Gefühl durch Leiden geformt zu werden.“ Für die meisten Menschen ist Leiden nichts an sich Wertvolles oder Edles. So, wie Scheitern manchmal einfach nur Scheitern ist, so ist Leiden manchmal nur zerstörerisch und sollte so schnell wie möglich beendet oder therapeutisch behandelt werden. David Brooks arbeitet als Kommentator und Kolumnist bei der New York Times. Sein Buch „Das soziale Tier“ (2012) wurde ein internationaler Bestseller.

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Für viele Menschen sind Bilder die Sprache des Denkens

Es gibt zwei Bereiche des Bewusstseins: einen äußeren und einen inneren. Der äußere umfasst Wahrnehmungen der Außenwelt und des eigenen Körpers. Der innere besteht aus Erinnerungen und Gedanken, die sich ein Mensch macht. Natürlich kann man Dinge, an die man sich erinnert oder die man sich ausgedacht hat, im übertragenen Sinn ebenso wahrnehmen und überprüfen wie die Außenwelt. David Gelernter stellt fest: „Für viele Menschen ist visuelles Denken – einschließlich der Erfindung von und den Umgang mit abstrakten Bildern – ausgesprochen wichtig. Aber das visuelle Denken ist kaum erforscht.“ Für viele Menschen sind Bilder die Sprache des Denkens. David Foulkes schreibt: „Träumen ist die bruchlose Fortsetzung unseres wachen reflexiven Vermögens, in Bildern zu denken.“ David Gelernter ist Professor für Computerwissenschaften an der Yale University.

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Ulrich Schnabel beschreibt den Zirkel der Freude

Das anfängliche emotionale Leben eines Kindes ist einem ständigen Wechselspiel zwischen Erfahrung und Entwicklung unterworfen. Ulrich Schnabel erläutert: „Zwar ist die nötige genetische Grundausstattung in uns allen angelegt, doch die einzelnen Funktionen müssen erst durch die konkrete Erfahrung aktiviert werden.“ Fehlt eine Rückmeldung von außen, verschalten sich zum Beispiel im Gehirn die einschlägigen Neuronen und Areale nicht richtig, sodass sich die entsprechenden Fähigkeiten sich nicht entwickeln können. Zugleich wird in den ersten Tagen und Wochen der emotionale „Grundton“ gesetzt, der für das Gefühlsleben eines Kindes entscheidend wird. Denn das innere Erleben eines Kleinkindes wird vor allem über die emotionalen Reaktionen seiner Bezugspersonen definiert. Wird es babygerecht angesprochen und angelächelt, erlebt sich das Kind selbst als freudeerzeugendes Wesen, das Liebe hervorruft. Ulrich Schnabel ist Wissenschaftsredakteur der Wochenzeitung „Zeit“ und Autor mehrerer erfolgreicher Sachbücher.

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