Die Sophisten waren für Platon keine Lehrer der Weisheit

Das, was einst das Wesen einer Universität ausmachte, die Freiheit in Forschung und Lehre, ist laut Konrad Paul Liessmann zu einer lästigen Randerscheinung geworden, die den Betrieb nur noch stören, nicht mehr zu befördern vermag. Der Verdacht, dass die Wissenschaft und ihre Lehre nicht mehr frei, sondern auch an staatlichen Universitäten und Hochschulen an letztlich ökonomische Kriterien und Erwartungen gebunden sind, ist für Konrad Paul Liessmann nicht unbegründet: „Das mag im Trend einer Zeit liegen, in der Messbarkeit und wirtschaftliche Effizienz zu den obersten Maximen geworden sind, aber auch Menschen, die wenig dagegen haben, dass auf dieser Erde nahezu alles käuflich ist, beschleicht ein Unbehagen, wenn die Rede davon ist, dass die Wahrheit vor Gericht, die Wahrheit in der Politik und eben auch die Wahrheit in der Wissenschaft nur eine Frage des angemessenen Preises ist. Prof. Dr. Konrad Paul Liessmann ist Professor für Methoden der Vermittlung von Philosophie und Ethik an der Universität Wien und wissenschaftlicher Leiter des Philosophicum Lech.

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Jede Liebesgeschichte ist eine potentielle Leidensgeschichte

Der „Independent“ schrieb über das neue Buch „Lebensstufen“ von Julian Barnes folgendes: „Jeder, der einen geliebten Menschen verloren hat und leidet, oder jeder, der leidet, sollte es lesen.“ Wie Julian Barnes im dritten Kapitel „Der Verlust der Tiefe“ seine Trauer um seine geliebte Frau Pat beschreibt, mit der er 29 Jahre verheiratet war, ist in der Tat einzigartig. Die Liebe schenkt dem Menschen zwar ein Gefühl von Glaube und Unbesiegbarkeit, aber Julian Barnes glaubt, dass jede Liebesgeschichte gleichzeitig eine potentielle Leidensgeschichte sei. Seine Frau Pat war für den Schriftsteller sein Herzblut und sein Lebenssinn. Umso tragischer war es für ihn, dass zwischen der Diagnose und dem Tod seiner Frau nur 37 Tage lagen. Julian Barnes erhielt zahlreiche europäische und amerikanische Buchpreise. Im Jahr 2011 wurde er mit dem Man Booker Prize ausgezeichnet.

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Deutschland braucht gut ausgebildete Wirtschaftsflüchtlinge

Zu den beeindruckenden Fortschritten der Bundesrepublik Deutschland gehört, dass die allermeisten Einheimischen die vielen Flüchtlinge trotz aller Krisengefühle willkommen heißen. Deutschland lernt sich in der Flüchtlingskrise gerade selber kennen. Dabei werden teils widersprüchliche, teils auch komplementäre Erfahrungen gemacht. Armin Nassehi erklärt: „Wir sehen brennende Flüchtlingsheime, und wir sehen ein charismatische Entgegenkommen, eine – wie man etwa am Münchner Bahnhof erleben konnte – wahrlich herzergreifende Willkommenskultur. Aber ohne die radikalen Proteste gäbe es diese besondere Freundlichkeit vermutlich nicht.“ Viellicht sind beide Formen der Reaktion allzu starke Vereinfachungen: Die rechten Asylkritiker tun so, als sei eine ethisch und kulturell homogene Gesellschaft leichter zu steuern. Die charismatische Hilfsbereitschaft entdeckt die konkrete Notsituation, hat dabei aber die Probleme der Integration noch gar nicht im Fokus. Armin Nassehi ist Professor für Soziologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München und Herausgeber des Kursbuches.

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Der Glaube an den Fortschritt überzeugt Yuval Noah Harari nicht

In den vergangenen fünfhundert Jahren hat die Menschheit eine schwindelerregende Abfolge von Revolutionen erlebt. Die Erde wuchs während dieser Zeit zu einer einzigen ökologischen und historischen Sphäre zusammen. Yuval Noah Harari ergänzt: „Die Wirtschaft wuchs exponentiell und die Menschheit genießt heue einen Reichtum, wie man ihn früher nur aus dem Märchen kannte. Die Wissenschaften und die Industrielle Revolution haben uns übermenschliche Kräfte und nahezu grenzenlose Energie verliehen.“ Die Gesellschaftsordnungen, die Politik, der Alltag und die menschliche Psyche – überall fanden gravierende Veränderungen statt. Aber sind die Menschen heute deswegen glücklicher? Die meisten Ideologien und politischen Programme haben sehr unausgegorene Vorstellungen vom menschlichen Glück. Nationalisten behaupten zum Beispiel, die politische Selbstbestimmung sei der Schlüssel zum menschlichen Glück. Yuval Noah Harari ist Professor für Geschichte an der Hebrew University of Jerusalem.

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Serge Latouche vertritt das Konzept der Wachstumsrücknahme

In der jüngsten Zeit ist in den unterschiedlichsten Medien der Begriff „Degrowth“ zu lesen. Selbst die Politik beschäftigt sich seit Neuestem mit der Wachstumsrücknahme – nicht nur die Grünen. Serge Latouche fügt hinzu: „Außerdem steht Degrowth im Mittelpunkt der zunehmend militanten regionalen wie lokalen Proteste gegen Großprojekte.“ In Italien und Frankreich und neuerdings auch in Spanien und Belgien bilden sich spontan Gruppen die dem unendlichen Wachstum kritisch gegenüberstehen. Sie organisieren Demonstrationen und Protestmärsche und richten Netzwerke ein. Außerdem ist der wachstumskritische Ansatz die Basis von individuellen wie gemeinschaftlichen Aktionen. Dazu zählen auch Zusammenschlüsse von Verbrauchern, die einen bewusst schlichten Lebensstil propagieren. Serge Latouche ist emeritierter Professor für Wirtschaftswissenschaften der Universität Paris-Sud. Der Ökonom und Philosoph gilt als einer der wichtigsten Vordenker des französischen Konzepts der Rücknahme des Wachstums.

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Ein Gesichtsverlust ist immer mit einer Demütigung verbunden

Die Menschen leben einen großen Teil ihres Lebens unter dem Blick der anderen. Sie müssen sich für sie auf eine bestimmte Weise darstellen. Sie zeigen ihnen ihr Gesicht. Dieses Gesicht ist für Peter Bieri die sichtbare Identität, die soziale Fassade, auch die Maske, hinter der sich Menschen verstecken können. Gesicht im engeren Sinne bedeutet die Gesichtszüge und der Ausdruck, die eine Person hineinlegt. Peter Bieri fügt hinzu: „Es gehört aber auch vieles dazu, was mit den Gesichtszügen nichts mehr zu tun hat: die soziale Rolle; all das, was wir uns an Fähigkeiten, Einfluss und Macht zuschreiben; das Muster aus Gewohnheiten und Einstellungen, dass wir Charakter nennen; die nach außen hin verkündeten Gedanken und Gefühle.“ Peter Bieri, geboren 1944 in Bern, studierte Philosophie und Klassische Philologie und lehrte als Professor für Philosophie in Bielefeld, Marburg und an der Freien Universität Berlin.

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Durch Morgenrituale tanken die Menschen Kraft für den Tag

Gewohnheiten sind eine alltägliche Übung, die jedem Tag eine Struktur verleiht. Viele Menschen setzen sich gerne an denselben Platz an einem Ort, den sie öfter besuchen und bestellen sich vorzugsweise das Gleiche in einem Restaurant. Sie sind froh, wenn sie die gleichen Dinge immer wieder tun können. Die meisten Menschen haben Morgenrituale, mit denen sie den Tag beginnen. Durch sie tanken Sie Kraft für einen langen Tag. Denn aufgepasst, ein Tag kann sich wirklich ganz schön in die Länge ziehen. Der Philosoph Clemens Sedmak, der unter anderem eine Professur am Londoner King´s College innehat, erklärt: „Am Anfang eines Tages liegt ein weißes Blatt vor einem Menschen, der dieses Papier dann Stunde um Stunde füllt.“ Jeder Tag ist eine Welt für sich. „Jeder Tag hat seine eigene Plage“, heißt es in der Bergpredigt.

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Gute Gefühle führen zwangsläufig zu einem erfolgreichen Leben

Gute Gefühle sind wesentlich für Erfolg im Privatleben und im Beruf. Das ist so, weil sich Menschen mit schlechten Gefühlen ruinieren, persönlich und unternehmerisch. Der Autor des Buchs „Gute Gefühle“, Alexander Goebel, der schon seit 40 Jahren erfolgreich im Emotionsgeschäft unterwegs ist, unterhält seine Leser mit Geschichten aus Unterhaltung, Theater und Musik. Außerdem zeigt die erstaunlichen Zusammenhänge zur normalen Welt der Arbeit und beweist über die emotionalen Themen, wie sehr die Kooperation von Kunst und Wirtschaft Sinn macht. Von dieser Zusammenarbeit profitieren nicht nur der Mensch und seine Beziehungen, sondern ebenso die Unternehmen und sogar das ganze Land. Alexander Goebel betrachtet die Emotion als eigenen Faktor, dem großes Veränderungspotential inneliegt. Der Autor macht in seinem Buch „Gute Gefühle“ neue Vorschläge, wie Menschen diese Kraft in ihrem Leben und ihrem Unternehmen berücksichtigen können.

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Daniel Zimmer stellt verschiedene Formen der Gerechtigkeit vor

 

In der griechischen Antike wurde die Gerechtigkeit zu den Tugenden gerechnet. Der Philosoph Platon zählte sie neben der Weisheit, Tapferkeit und Besonnenheit zu den Kardinaltugenden. Sein Schüler Aristoteles entwickelt in seiner „Nikomachischen Ethik“ das Konzept der Gerechtigkeit weiter, indem er zwischen ausgleichender und austeilender Gerechtigkeit unterschied. Erstere beschrieb die Bereitschaft, anderen das ihnen Zustehende zu gewähren. Daniel Zimmer erklärt: „Hierher zählt das Prinzip der Tauschgerechtigkeit bei Verträgen wie dem Kauf, bei denen Leistung und Gegenleistung gerechterweise im Wert entsprechen.“ Zur ausgleichenden Gerechtigkeit gehört auch die korrigierende Form, insbesondere der Grundsatz des vollwertigen Ausgleichs eines Schadens durch den Schädiger. Professor Dr. Daniel Zimmer ist Vorsitzender der Monopolkommission und Direktor des Center for Advanced Studies in Law and Economics der Universität Bonn.

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Risiken spiegeln menschliche Handlungen und Unterlassungen

Die Risikogesellschaft ist für den renommierten Soziologen Ulrich Beck im Gegensatz zu allen früheren Epochen wesentlich durch einen Mangel gekennzeichnet: nämlich der Unmöglichkeit externer Zurechenbarkeit von Gefahrenlagen. Die Gesellschaft von heute ist im Umgang mit Gefahren mit sich selbst konfrontiert. Ulrich Beck schreibt: „Risiken sind historisches Produkt, das Spiegelbild menschlicher Handlungen und Unterlassungen, Ausdruck hochentwickelter Produktivkräfte.“ Wo Risiken die Menschen beunruhigen, liegt der Ursprung der Gefahren nicht mehr im Äußeren, sondern in der historisch gewonnenen Fähigkeit der Menschen zur Selbstvernichtung der Reproduktionsbedingungen allen Lebens auf dieser Erde. Die Quellen der Gefahren sind nicht länger Nichtwissen, sondern Wissen. Ulrich Beck war bis 2009 Professor für Soziologie an der Ludwig-Maximilians-Universität in München. Seither ist er Gastprofessor für Soziologie an der London School of Economics and Political Science.

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Immanuel Kant erklärt a priori gültige Erkenntnisse

Immanuel Kant ist davon überzeugt, dass die Menschen im Besitz gewisser Erkenntnisse a priori sind und dass sogar der gewöhnliche Verstand über solche verfügt. Das sind Erkenntnisse, die nicht durch Erfahrungen oder Wahrnehmungen gewonnen werden, sondern deren Wahrheit bereits feststeht. Er stellt ein Merkmal in den Vordergrund, wodurch sicher die reine Erkenntnis von der empirischen unterschieden werden kann. Die Erfahrung lehrt, dass etwas so oder so beschaffen ist und nicht anders sein könne. Immanuel Kant schreibt: „Findet sich also erstlich ein Satz, der zugleich mit seiner Notwenigkeit gedacht wird, so ist er ein Urteil a priori; ist er überdem auch von keinem abgeleitet, als der selbst wiederum als ein notweniger Satz gültig ist, so ist er schlechterdings a priori.“

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Deutschland liegt im Welthandel im Jahr 1910 mit an der Spitze

Zwischen 1870 und 1913 versechsfachte sich die industrielle Produktion in Deutschland. Vor allem das rasante Tempo der Industrialisierung rief vor allem im Ausland Staunen hervor. In den 1860er Jahren hatte der deutsche Anteil der Weltindustrieproduktion nur 4,9 Prozent betragen, während Großbritannien fast 20 Prozent erwirtschaftete. Schon im Jahr 1913 hatte Deutschland einen höheren Anteil an der Weltproduktion als Großbritannien: 14,8 zu 13,6 Prozent. Der andere große Aufsteiger dieser Jahrzehnte war die USA, die ihren Anteil bis zum Jahr 1913 auf sagenhafte 32 Prozent steigern konnten. Ulrich Herbert fügt hinzu: „Auch beim Welthandel gehörte Deutschland um 1900 mit Großbritannien und den USA zu den drei führenden Nationen.“ Ulrich Herbert zählt zu den renommiertesten Zeithistorikern der Gegenwart. Er lehrt als Professor für Neuere und Neueste Geschichte an der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg.

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Die antike Tradition begriff das Denken selbst noch als Begehren

Für Sokrates war Denken ein Akt der Zeugung, vollzogen im gemeinsamen, lebendigen Gespräch. Svenja Flaßpöhler, Stellvertretende Chefredakteurin des Philosophie Magazins, stellt die Frage, was aus dem Eros im digitalen Informationszeitalter wird. Der Eros wird im Deutschen mit Liebe oder Verlangen gleichgesetzt und dadurch charakterisiert, dass der erotisch Liebende mit großer Heftigkeit für sich die Erlangung des Liebesobjekts oder die Vereinigung mit diesem anstrebt. Bei dem Objekt des Eros muss es sich nicht um einen Menschen handeln – es kann beispielsweise für einen Philosophen auch etwas rein Geistiges wie eine Idee oder Tugend sein. Die Unterstützung und auch der Ersatz der eigenen Denkkraft durch Daten bedeutet für Sonja Flaßpöhler durchaus nicht einfach Fortschritt im Sinne einer wundervollen Optimierung von Denkprozessen. Diese Veränderung ist ihrer Meinung nach viel grundsätzlicher und auch bedenklicher.

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Die Wirtschaftspolitik in Deutschland ist eine Erfolgsgeschichte

Makroökonomie bedeutet die Steuerung der Wirtschaft eines Staates oder einer Region wie der Europäischen Union. Allerdings wird das Thema oft gnadenlos vereinfacht. Für die Anhänger von John Maynard Keynes geht es in der Makroökonomie um die kurzfristige Steuerung der Gesamtnachfrage. Konservative dagegen wollen die Staatverschuldung möglichst niedrig halten. Beide Sichtweisen sind zu sehr auf einen Punkt fixiert. Denn richtig verstanden, sollte sich die Makroökonomie um das wirtschaftliche Wohlergehen der nächsten Generation kümmern. So gesehen ist die deutsche Wirtschaftspolitik nach Meinung vieler Ökonomen gut ausgerichtet, dennoch fehlen ihr einige wichtige Dimensionen. Zuerst einmal konzentriert sich die deutsche Wirtschaftspolitik zu Recht auf Fundamentaldaten. Eine gesunde Wirtschaft hängt vom Fortschritt in der Technik, von der globalen Wettbewerbsfähigkeit, flexiblen Löhnen, einem niedrigen bis mäßigen Schuldenstand sowie von einer niedrigen Inflation ab.

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Tony Judt lüftet einige Geheimnisse der Erfolge des Marxismus

Die Attraktion des Marxismus, die dieser auf viele Menschen in den Ländern Europas ausübte, liegt möglicherweise daran, dass er mit verschiedenen nationalen linken Traditionen erstaunlich gut zu vereinbaren war. Überall auf dem alten Kontinent war der Marxismus das Fundament fortschrittlichen Denkens. Tony Judt schreibt: „Karl Marx verknüpfte, mehr als ihm bewusst war, zahlreiche Strömungen in Gesellschaftskritik und Wirtschaftstheorien des frühen neunzehnten Jahrhunderts.“ Tony Judt war Karl Marx zum Beispiel ein herausragender Kommentator der französischen Politik und der klassischen englischen Nationalökonomie. Zudem schenkte er der europäischen Linken die einzige Version ihres Erbes, die mit lokalen radikalen Traditionen vereinbar war und zugleich über sie hinauswies. Der britische Historiker Tony Judt, geboren 1948, studierte in Cambridge und Paris und lehrte in Cambridge, Oxford und Berkeley. Seit 1995 war er Erich-Maria-Remarque-Professor für Europäische Studien in New York. Er starb 2010 in New York.

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Arthur Schopenhauer verfügte über eine enorme Originalität

Arthur Schopenhauer (1788 – 1860) ist für Vittorio Hösle einer der größten Stilisten unter den deutschen Philosophen. Wo Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770 – 1831) nur sprachgewaltig ist, ist Arthur Schopenhauer zugleich unübertrefflich klar und elegant. Vittorio Hösle rät jedem, der deutsch zu schreiben wagt, seinen Essay „Über Schriftstellerei und Stil“ zu lesen. Vittorio Hösle fügt hinzu: „Sein phänomenologischer Blick ist durchdringend, die Fülle seiner Interessen ähnlich enzyklopädisch wie bei Hegel, sein architektonisches Talent beim Systembaubeachtlich.“ Die Originalität Arthur Schopenhauers ist enorm. Er ist es, der die seit den Griechen bestehende Logosphilosophie radikal herausgefordert hat, ohne auf die flache und ebenfalls seit der Antike vertraute Alternative des Materialismus zu verfallen. Vittorio Hösle ist Paul Kimball Professor of Arts and Letters an der University of Notre Dame (USA).

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Roboter werden den Menschen zukünftig viel Arbeit wegnehmen

In den modernen Industriegesellschaften könnte in den kommenden zehn bis zwanzig Jahren jeder zweite Job verloren gehen. Roboter werden die Menschen ersetzen. Das sagen zwei Zukunftsforscher aus Oxford voraus. Carl Benedict Frey und Michael A. Osborne haben in den USA 702 Berufe auf ihr Potential untersucht, früher oder später von einem Computer ausgeführt zu werden. Sie sind zu dem Ergebnis gekommen, dass 47 Prozent der Amerikaner in Risikoberufen arbeiten, die bald verschwunden sein werden. Erstes Opfer sind ihrer Meinung nach Routinearbeiter wie Bankkassierer oder Fahrkartenverkäufer, die schon heute weitgehend durch Automaten ersetzt worden sind. Mit dem technischen Fortschritt werden Computer aber in der Zukunft immer komplexere Aufgaben übernehmen können. Sie werden Auto fahren, Standardbriefe eines Rechtsanwalts schreiben oder medizinische Diagnosen stellen.

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In Deutschland breitet sich das Neobiedermeiertum aus

Dass Deutschland in naher Zukunft Innovationsweltmeister wird, ist so wahrscheinlich wie die Annahme, dass der nächste Fußballweltmeister San Marino heißt. Denn innovative, unternehmerische, risikobereite Menschen, dazu Wissenschaftler, Kreative oder auch nur die sogenannten Querdenker abseits des Massengeschmacks und Stromlinienform haben es in Deutschland schwer. Es herrschen hierzulande Normen und Traditionen, wenn nicht gar retroselige Rückwärtsgewandtheit. Schon der Begriff der Innovation – sprich der Erneuerung – löst bei vielen Deutschen geradezu juckende Allergien aus. Denn die Deutschen leben in einem Land, das die Bereitschaft zur Empörung pflegt. Die Gesellschaft retardiert sich immer mehr und sieht sich vom Burnout bedroht. Ein Neobiedermeiertum übernimmt immer mehr die Vorreiterrolle. Wer in Deutschland Visionen hat, wird nicht befördert oder gefördert, sondern im schlimmsten Fall zum Arzt geschickt.

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Thomas Rentsch beleuchtet das Menschenbild in der Philosophie

Die traditionelle Philosophie setzt sich mit dem Menschen oft nur indirekt auseinander, indem sie von Geist, Leib und Seele, Freiheit, Individuum, Person, Subjekt und Selbstbewusstsein spricht. An die Stelle einer Anthropologie tritt die Einordnung des Menschen in umfassende, transhumane Konzepte wie beispielsweise die Seinsordnung in der Metaphysik, die göttliche Schöpfungsordnung in der Theologie, die Fortschritts- oder Verfallsgeschichte in der Geschichtsphilosophie, oder in subhumane Bereiche wie Natur, Evolution oder Genetik. Thomas Rentsch fügt hinzu: „Auch die Bestimmung des Menschen über die Sprache, die Vernunft oder ethische Kategorien trifft seine Lebenswirklichkeit nur selektiv. Diese „Abwesenheit“ des Menschen in der Philosophie entspricht eine latente Allgegenwärtigkeit ungeklärter anthropologischer Grundlagen und Implikationen in der Reflexion und Theoriebildung.“ Thomas Rentsch ist Professor für Philosophie an der TU Dresden. Er arbeitet vor allem zur Hermeneutik, zur Sprachphilosophie und zur praktischen Philosophie.

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Der Menschheit steht grenzenlose Energie zur Verfügung

 

Für Yuval Noah Harari ist die Industrielle Revolution im Grunde genommen nichts anderes als eine Revolution der Energieumwandlung. Dank dieser Revolution stehen der Menschheit heute nahezu grenzenlose Mengen von Energie zur Verfügung. Die einzige Grenze ist die Unwissenheit der Menschen. Alle paar Jahre wird auf der Erde eine neue Energiequelle entdeckt, sodass die Gesamtsumme der verfügbaren Energie immer weiter wächst. Ganz offensichtlich herrscht heute kein Mangel an Energie. In vielen Fällen wissen die Menschen nur noch nicht, wie sie sie umwandeln und für ihre Zwecke nutzen können. Yuval Noah Harari erklärt: „Die in den fossilen Brennstoffvorkommen der Erde gespeicherte Energiemenge ist winzig im Vergleich zu der Energie, die die Sonne jeden Tag kostenlos ins All schleudert.“ Yuval Noah Harari ist Professor für Geschichte an der Hebrew University of Jerusalem.

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Wole Soyinka ist der einzige Literaturnobelpreisträger Afrikas

Der Schriftsteller Wole Soyinka, der aus Nigeria stammt, ist der erste und bis heute einzige Literaturnobelreisträger aus Schwarzafrika. Im Jahr 1986 nahm Wole Soyinka die Auszeichnung stellvertretend für ganz Afrika an, wobei er seine Dankesrede Nelson Mandela widmete: „Diese Vergangenheit muss sich ihrer Gegenwart stellen.“ Der Literaturnobelpreis katapultierte den Schriftsteller in die Weltöffentlichkeit, etablierte ihn als einen Mahner für die Freiheit, als einen „writer and fighter“, der sich für Nigeria und ganz Afrika einsetzt. Wole Soyinka war immer wieder im Gefängnis gelandet, weil er gegen die nigerianische Militärdiktatur protestierte. Zwei Jahre wurde er in Isolationshaft gesperrt, anschließend musste er für lange Zeit ins Exil gehen. Wole Soyinka erklärt dazu: „Letztlich bin ich lieber im Kampf gefangen als in der Entfremdung von meiner eigenen Gesellschaft.“ Am 13. Juli ist Wole Soyinka 80 Jahre alt geworden.

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Mythen vermitteln tiefe Einblicke in die menschliche Seele

Die neue Sonderausgabe 02/2014 des Philosophie Magazins trägt den Titel „Die griechischen Mythen. Was sie über uns verraten“. Chefredakteur Thomas Lehmkuhl erklärt im Editorial den Unterschied zwischen Literatur und Mythen: „Mythen freilich sind etwas anderes als Literatur, denn Literatur ist im Wesentlichen durch ihre sprachliche Gestalt bestimmt, wohingegen Mythen so oder so erzählt werden können und sich über die Jahrhunderte auch immer wieder verändert haben.“ Das abendländische Denken stützt sich auf die beiden Säulen Mythos und Logos. Die Mythen handeln von Helden, Göttern und Halbgöttern, von Wesen, an die die Menschen einst glaubten. Der Ägyptologe und Kulturtheoretiker Jan Assmann glaubt, dass es in Einzelfällen schon möglich sein könnte, dass Mythen einen wahren Kern enthalten. Die Wahrheit der Mythen ereignet sich seiner Meinung nach allerdings im Erzählen, in der rituellen Aufführung und im Akt der Identifikation.

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Kann der Zweck in allen Fällen die Mittel rechtfertigen?

Oftmals ist die Frage sehr schwer zu beantworten, ob ein Mittel den Zweck rechtfertigen kann. Wie zum Beispiel folgende: „Kann es richtig sein, unschuldige Menschen zu töten, um viele weitere Menschenleben zu retten?“ Darüber hinaus wird auch kontrovers darüber diskutiert, ob es statthaft ist, Formen der Folter zuzulassen, um an Informationen zu gelangen, die das Leben anderer Menschen retten könnten. Eine andere, weniger öffentliche Debatte wird laut Julian Baggini um die Rechtfertigung von Strafen geführt, wobei man immer berücksichtigen muss, dass kein Strafsystem vollkommen ist. Julian Baggini ist Mitbegründer und Herausgeber des „Philosopher`s Magazine“. Er schreibt regelmäßig für große Zeitungen und hat mehrere Bestseller veröffentlicht. Zu seinen Werken zählen unter anderem die Bücher „Ethik“ und „Der Sinn des Lebens“.

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Die ruhigen Momente im Leben weisen den Weg zum Selbst

Die deutsche Philosophin, Literaturwissenschaftlerin und Autorin Svenja Flaßpöhler vertritt die These, dass der technische Forschritt, eine Steigerungslogik und ständig wachsende Leistungsanforderungen den Tagesablauf der meisten Menschen takten. Svenja Flaßpöhler stellt sich die Frage, ob es wirklich nur soziale Mechanismen sind, die Effizienz und Beschleunigung fordern, oder ob die Gründe dafür vielleicht doch beim Menschen selbst verortet sind. Sie schreibt: „Obwohl allenthalben mehr Muße eingeklagt wird, scheinen wir tatsächlich kaum fähig, Zeit überhaupt auszuhalten.“ Jedes sich öffnende Zeitfenster weckt bei vielen Menschen die Neigung, es sogleich zu takten und zu füllen. Dabei könnten es gerade die ruhigen Momente im Leben sein, die den Weg zum Selbst weisen, vor allem wegen ihrer Eigenart, sich in ihnen dem Nichts ausgeliefert zu fühlen. Sinn bekommt das Sein für Svenja Flaßpöhler erst durch die Konfrontation mit dem Nichtsein.

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Das 19. Jahrhundert bringt gesellschaftliche Änderungen hervor

Mit der Industrialisierung des 19. Jahrhunderts war in Europa ein noch nie dagewesener Zuwachs der Bevölkerung verbunden, der die Einwohnerzahlen der Industrieländer auf das Zwei- bis Dreifache emporschnellen ließ. Ein Hauptgrund dafür war die Zuwanderung von Menschen aus dem Agrarsektor und aus dem Handwerk. Abhängige Arbeitskräfte, die bis dahin vielfach zur Ehelosigkeit verurteilt gewesen sind, gründeten zumindest in der ersten Generation äußerst kinderreiche Arbeiterfamilien. Dazu kamen die Fortschritte der Hygiene der ärztlichen Versorgung, die zur Senkung der Sterblichkeitsrate und zur Verlängerung der Lebensdauer maßgeblich beitrugen. Diese neue Schicht der Proletarier schien unaufhaltsam zu wachsen und damit den Klassenkampf marxistischer Vorstellung unausweichlich zu machen. Es ist ein Kuriosum der Geschichte, dass zur selben Zeit, als die russische Revolution den gewaltsamen Weg zur klassenlosen Gesellschaft einschlug, sich die Prognose vom ungehemmten Wachstum der Arbeiterschaft als falsch erwies.

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