Das „Als ob“ ist im praktischen Leben unentbehrlich

Das 24. Philosophicum Lech widmete sich der Kraft der Fiktionen. So beruhen zum Beispiel alle Formen der Höflichkeit auf solch einer Fiktion, auf einem „So tun als ob“. Sogar der gesamte Bereich der sozialen Kommunikation lebt von solch einem „Als ob“. Der Philosoph Hans Vaihinger schreibt im späten 19. Jahrhundert: „Das „Als ob“ ist also auch im praktischen Leben unentbehrlich: ohne solche Fiktionen ist kein feineres Leben möglich.“ Konrad Paul Liessmann weist in seinem Beitrag „Als ob“ darauf hin, dass jeder Begriff den Reichtum des Seienden aufs Äußerste verknappen muss, um seine Funktion erfüllen zu können. Dass die Fiktion eine Lebensnotwendigkeit darstellt, hat schon vor Friedrich Nietzsche niemand Geringerer als Immanuel Kant vermutet. Sogar die Freiheit ist für den Philosophen aus Königsberg vorab nichts anderes als eine Idee, eine Fiktion eine Unterstellung.

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Nahezu jede Aussage hat einen fiktionalen Anteil

Unter einer Fiktion versteht Markus Gabriel die Darstellung eines Sachverhalts, die den Rahmen desjenigen überschreitet, was einem Menschen unmittelbar in sensorischer Anschauung als Szene des eigenen Lebens erscheint. „Fiktion“ ist also kein Gattungsmerkmal einer Textsorte oder ausschließliches Definieren von Kunstwerken. Markus Gabriel nennt Beispiele: „Fiktionen gibt es ebenso im Recht wie in den Naturwissenschaften, der Theologie, Philosophie und in unseren ganz alltäglichen Tagträumen.“ Nahezu jede Aussage und jeder Tatsachenbericht hat einen fiktionalen Anteil. Das bedeutet jedoch nicht, dass alle nicht sensorisch präsenten Gegenstände wahrer Aussagen „fiktional“ bzw. „fiktiv“ sind. Die Transzendenz über jede gegebene Situation hinaus ist der Grund der Kontaktaufnahme mit dem Fiktionalen. Markus Gabriel hat seit 2009 den Lehrstuhl für Erkenntnistheorie und Philosophie der Neuzeit an der Universität Bonn inne. Zudem ist er dort Direktor des Internationalen Zentrums für Philosophie.

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Fiktionen existieren nicht unabhängig

Einige Gegenstände des Nachdenkens sind fiktiv. Sie existieren, wenn überhaupt, dann nur deswegen, weil die Menschen ihnen durch ihre diskursiven Praktiken die Existenz gewissermaßen leihen. Markus Gabriel stellt fest: „Sie existieren nicht unabhängig von uns.“ Eine Möglichkeit, diese geläufige Vorstellung näher zu bestimmen, besteht darin, fiktive Gegenstände an Fiktionen zu binden. Sie also nicht nur als fiktiv, sondern überdies als fiktional, also ausgedacht, zu betrachten. „Fiktional“ wären dann diejenigen Gegenstände, von denen Fiktionen handeln, also literarische oder allgemeiner ästhetische Darstellungsformen in allen Kunstgattungen. Dies gilt, sofern in ihnen Gegenstände zur Darstellung gelangen, von denen man gemeinhin urteilen würde, sie existieren nicht. Seit 2009 hat Markus Gabriel den Lehrstuhl für Erkenntnistheorie und Philosophie der Neuzeit an der Universität Bonn inne. Zudem ist er dort Direktor des Internationalen Zentrums für Philosophie.

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Der Schein ist Sein

In seinem neuen Buch „Fiktionen“ entwickelt Markus Gabriel eine realistische Philosophie der Fiktionalität. Diese legt zugleich die Fundamente einer Theorie der Objektivität der Geisteswissenschaften. Markus Gabriel hat damit nicht mehr und nicht weniger als ein philosophisches Grundlagenwerk geschaffen. Im Zentrum seines Denkens steht die „Selbstbildfähigkeit“ des Menschen. Diese wird fundamental sozial reproduziert, ohne deswegen sozial reproduziert zu sein. Fiktionen sind laut Markus Gabriel wirksame Prozesse der Selbstdarstellung der geistigen Lebensform des Menschen. Um dies anzuerkennen muss der anthropologischen Zentralstellung der Einbildungskraft zu ihrem Recht verholfen werden. Auf diese Weise überwindet der Neue Realismus von Markus Gabriel den falschen Gegensatz von Sein und Schein. Seit 2009 hat Markus Gabriel den Lehrstuhl für Erkenntnistheorie und Philosophie der Neuzeit an der Universität Bonn inne und ist dort Direktor des Internationalen Zentrums für Philosophie.

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