Kurzfristiges Glück ist kein gutes Lebensziel

Immanuel Kant (1724 – 1804) stellte die scharfe Waffe seines Verstandes auch in den Dient der Moralphilosophie. Auch persönlich brachte er einen wesentliche Grundvoraussetzung mit, an der Möchtegern-Pflichtbewusste scheitern: Selbstdisziplin. Ludger Pfeil erklärt: „Er hatte sich aufgrund seiner kränklichen Konstitution an strengste Regeln im Tagesablauf gewöhnen müssen. Die Königsberger sollen ihre Uhren nach seinem Spaziergang gestellt haben.“ Erstaunlicherweise war Immanuel Kant alles andere als eine Spaßbremse. Seine täglichen Mittagsgesellschaften, bei denen Neuigkeiten aller Art durchgekaut wurden, galten als unterhaltsame und beliebte Veranstaltungen. Immanuel Kants Ethik vollzieht jedoch als Lebensziel nicht die kurzfristige gesellige Glückseligkeit, sondern die Glückswürdigkeit, die nur durch Pflichterfüllung zu erreichen sei. Der Philosoph Dr. Ludger Pfeil machte nach seinem Studium Karriere in der Wirtschaft als Projektleiter und Führungskraft und ist als Managementberater tätig.

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Es gibt für Immanuel Kant nur eine Wirklichkeit

Bei Immanuel Kant muss die Metaphysik der kritischen Analyse der Erkenntnis weichen. Ger Groot erläutert: „Es ist das menschliche Erkenntnisvermögen, das die Welt zu dem macht, was sie ist.“ „Die Metaphysik der Sitten“ besagt daher nichts anderes, als dass die Voraussetzungen des moralischen Lebens in der menschlichen Konstitution gefunden werden müssen. Damit glaubt Immanuel Kant, eine Lösung für die widersprüchliche Art und Weise gefunden zu haben, in der sich die Menschen selbst als menschliche Wesen sehen. Anders als bei René Descartes gibt es bei ihm nur eine Wirklichkeit und eine Materie. Aber darin erscheint das vernünftige Wesen, das der Mensch ist, unter zwei Standpunkten. Ger Groot lehrt Kulturphilosophie und philosophische Anthropologie an der Erasmus-Universität Rotterdam und ist Professor für Philosophie und Literatur an der Radboud Universität Nijmegen.

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Mit der Wahrheit kamen der Irrtum und die Lüge in die Welt

Für Friedrich Nietzsche hat die „tragische Existenz“ des Menschen ihren Grund im menschlichen Glauben an die Wahrheit. Diese verband er mit der Leistung des Erkennens. Die „schrecklichste Minute der Weltgeschichte“ so meinte er, sein jene, „in der die Menschen das Erkennen erfanden“. Erst mit dem Erkennen komme die Wahrheit in die Welt – und mit ihr der Irrtum und die Lüge. Für Friedrich Nietzsche stand deshalb außer Zweifel, dass diese „klugen Tiere“, die das Erkennen „erfanden“ und sich bis heute „Menschen“ nennen, gar kein anderes Schicksal haben können, als „bald zu sterben“. Volker Gerhardt hält dagegen: „Das wahrhaft Tragische ist nur, dass wir diesen Glauben an die Wahrheit, trotz der Kritik Friedrich Nietzsches, gar nicht aufgeben können.“ Volker Gerhardt war bis zu seiner Emeritierung 2014 Professor für Philosophie an der Humboldt-Universität in Berlin.

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Der Philosoph ist ein Abenteurer des Geistes

Indem die Weisheit den Einzelnen auffordert, sich selbst und die Welt kennenzulernen, sein Wissen und seine Vernunft zu entwickeln, innerlich frei zu werden und sich gemäß seiner Natur zu entfalten, ist die Weisheit zutiefst subversiv. Frédéric Lenoir erläutert: „Denn sie stellt sich den religiösen und politischen Mächten entgegen, die gemeinsam daran arbeiten, den Zusammenhalt und die Stabilität der sozialen Gruppe bisweilen sogar mit Gewalt aufrechtzuerhalten.“ Wenn der Einzelne beginnt, sich mit seinem Seelenheil oder persönlichen Glück zu beschäftigen, wenn er seine Vernunft und Fähigkeit zur Erkenntnis entwickelt, läuft er Gefahr, den kollektiven Normen nicht mehr zuzustimmen. Ein Blick zurück in die Vergangenheit zeigt, dass die Suche nach Weisheit einst das wichtigste Ziel der Philosophie war, als sie im ersten Jahrtausend v. Chr. in Griechenland entstand. Frédéric Lenoir ist Philosoph, Religionswissenschaftler, Soziologe und Schriftsteller.

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Autorität funktioniert durch freiwillige Unterwerfung

Die Suche nach dem Ursprung von Autorität führt laut Paul Verhaeghe zu keiner überzeugenden Antwort. Sämtliche Versuche laufen ins Leere und haben sogar den entgegengesetzten Effekt. Am erhellendsten beschreibt dies Hannah Arendt. Autorität beruht ihrer Meinung nach auf einer externen und höheren Instanz, von der man die Befehlsgewalt beziehen kann, die sie einem jedoch auch wieder entziehen kann. Das „Höhere“ bewirkt, dass Autorität nach einer Pyramidenstruktur funktioniert. Wer am oberen Ende der Pyramide steht, ist dem Allerhöchsten am Nächsten und besitzt daher die meiste Befehlsgewalt. Die Autorität nimmt ab, je weiter man in der Pyramide nach unten geht. Zudem sind die verschiedenen Ebenen eng integriert und miteinander verbunden. Paul Verhaeghe lehrt als klinischer Psychologe und Psychoanalytiker an der Universität Gent.

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Hegel denkt und lebt die Freiheit

Klaus Vieweg zeichnet in seiner großartigen Biographie „Hegel“ ein neues Bild des bedeutendsten Vertreters des deutschen Idealismus, der nicht zuletzt auch der Begründer einer modernen Logik und Gedankens eines sozialen Staates ist. Nach Kindheit und Jugend in Stuttgart und Studium im benachbarten Tübingen ging der junge Philosoph Hegel zunächst als Hauslehrer nach Bern und Frankfurt am Main. Seine akademische Laufbahn begann Hegel mit einer Privatdozentur in Jena, wo er eng mit dem einstigen Tübingern Kommilitonen Schelling zusammenarbeitete und eines seiner berühmtesten Werke, die „Phänomenologie des Geistes“, schrieb. Erst nach Stationen in Franken als Zeitungsredakteur und als Direktor eines Gymnasiums wurde er an die Philosophische Fakultät in Heidelberg berufen. Im Jahr 1818 schließlich wurde Hegel Nachfolger auf dem Lehrstuhl von Johann Gottlieb Fichte in Berlin, wo er zum herausragenden Philosophen des Zeitalters aufstieg. Klaus Vieweg ist Professor für klassische deutsche Philosophie an der Friedrich-Schiller Universität Jena und einer der international führenden Hegel-Experten.

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Die Wissenschaft erhebt sich über die Macht Gottes

Die Idee einer menschlichen Maschine und damit eines machbaren Menschen nimmt in der Kultur des 18. Jahrhunderts allmählich Gestalt an. Etwa fünfzig Jahre nach Julien Offray de La Mettrie schreibt Mary Shelley darüber eines der berühmtesten Bücher des Science-Fiction-Literatur. Ihr Roman „Frankenstein“ aus dem Jahr 1818 erzählt von der Erschaffung eines Menschen mittels wissenschaftlicher Kunstgriffe, auch wenn dabei noch reichlich von vorhandenem menschlichem Material Gebrauch gemacht wird. Ger Groot ergänzt: „Die Ehrfurcht gebietende Möglichkeit, dass die Wissenschaft wirklich an den Punkt gelangen könnte, nicht nur das Rätsel des Lebens, sondern sogar das des menschlichen Lebens zu entwirren, und sich damit über die Macht Gottes zu erheben versucht, kommt im Untertitel den Shelley ihrem Buch gegeben hat, klar zum Ausdruck: >The Modern Prometheus<.“ Ger Groot lehrt Kulturphilosophie und philosophische Anthropologie an der Erasmus-Universität Rotterdam und ist Professor für Philosophie und Literatur an der Radboud Universität Nijmegen.

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Das Lernen aus dem Leben führt zur Weisheit

Weisheit ist eine seltene und außergewöhnliche Eigenschaft, und den meisten Menschen wird es nicht vergönnt sein, sie in hohem Maße zu erwerben. Deshalb müssen Weisheitsforscher immer wieder hinterfragen, inwieweit ihre Vorstellungen von Weisheit vielleicht nur ihren persönlichen Vorstellungen von optimaler Entwicklung wiedergeben. Judith Glück stellt fest: „Ab den 1980er-Jahren begann die Psychologie, sich für das Thema Weisheit zu interessieren. Ein wichtiger Grund dafür war zweifellos das zunehmende wissenschaftliche Interesse am Altern überhaupt.“ In Zukunft wird ein immer größerer Anteil der Bevölkerung über 60, 70, ja über 100 Jahre alt sein. Mit dieser Erkenntnis wuchs auch das wissenschaftliche Interesse daran, was das Altern eigentlich mit den Menschen macht, ob und wie es das Denken, das Gedächtnis und die Persönlichkeit verändert. Judith Glück ist seit 2007 Professorin für Entwicklungspsychologie an der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt.

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Die Wissenschaft ist die größte Errungenschaft der Menschheit

Bereits im Alter von 24 Jahren schrieb Alfred Jules Ayer (1910 – 1989) ein Buch, in dem er erklärte, dass der Großteil der Geschichte der Philosophie leeres Geschwafel oder gar kompletter Unsinn sei. Das 1936 veröffentlichte Werk trug den Titel „Sprache, Wahrheit und Logik“. Das Buch wurde zu einer wichtigen Streitschrift für eine neue philosophische Richtung, die man als logischen Positivismus oder logischen Empirismus bezeichnete. Nigel Warburton erklärt: „Für die logischen Empiristen ist die Wissenschaft die größten Errungenschaft der Menschheit.“ „Metaphysik“ ist ein Begriff, der verwendet wird, um diejenige Realität zu bezeichnen, die jenseits der sinnlich erfahrbaren physischen Welt lieg. Dass es eine solche Realität gab, stand für Philosophen wie Immanuel Kant, Arthur Schopenhauer und Georg Wilhelm Friedrich Hegel fest. Der Philosoph Nigel Warburton ist Dozent an der Open University. Er gibt außerdem Kurse über Kunst und Philosophie am Tate Modern Museum.“

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Die Liebe ist rar und kostbar

Im Leben der Menschen ist von wenig anderem mehr die Rede als von der Liebe – von der, die man sich wünscht, von der, die man als großes Glück empfindet und die folglich niemals missen möchte, und von der, die man verloren hat – sei es durch wechselseitige Enttäuschung, innere Entfremdung, Treulosigkeit oder durch Tod. Volker Gerhard fügt hinzu „Vor diesem Hintergrund erscheint es weniger abwegig, von der Liebe zum Menschen zu sprechen. Denn die Liebe hat auch in der Suche nach dem Partner oder nach dem Kreis von Freunden, zu denen man sich hingezogen fühlt und denen man vertraut, etwas durchaus Unwahrscheinliches, Seltenes und rasch wieder vergängliches; sie ist rar und kostbar, auch deshalb wird sie so beharrlich mit dem Glück assoziiert.“ Volker Gerhardt war bis zu seiner Emeritierung 2014 Professor für Philosophie an der Humboldt-Universität in Berlin.

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Die Menschen sind nicht zu ewiger Skepsis verurteilt

An die Möglichkeit einer unerschütterlichen, absoluten Gewissheit begann manch ein Philosoph und Wissenschaftler im 16. und zu Beginn des 17. Jahrhunderts immer stärker zu zweifeln. Ger Groot fügt hinzu: „Darin zeichnete sich schon die Krise ab, die die Moderne dauerhaft kennzeichnen sollte. Das Band zu einem „absolutum“, das sich als weniger verlässlich erwies als angenommen, wurde durchschnitten.“ Aber was trat an seine Stelle? Sind die Menschen dazu verurteilt, fortwährend in Skepsis und Unsicherheit umherzuirren? Eine andere Frage lautete: „Lässt sich denn noch ein absoluter Punkt finden, in dem unser Leben verankert werden kann und sich unsere Erkenntnis ihrer selbst versichern kann?“ Ger Groot lehrt Kulturphilosophie und philosophische Anthropologie an der Erasmus-Universität Rotterdam und ist Professor für Philosophie und Literatur an der Radboud Universität Nijmegen.

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Die Freundschaft ist das höchste Vergnügen des Lebens

Eine eindrucksvolle Reihe von Philosophen – von den Hedonisten bis zu den Transzendentalisten – hat die Freundschaft als höchstes Vergnügen des menschlichen Lebens bewertet. Daniel Klein fügt hinzu: „Nicht den Sex, nicht irgendwelche Extremsportarten, ja nicht einmal das Aufsteigen einer originellen philosophischen Erkenntnis: einfach nur, einen sehr guten Freund zu haben.“ Epikur und Aristoteles dachten so, aber auch Michel de Montaigne und Francis Bacon, George Santayana und William James. Wenn man bedenkt, dass Philosophieren eine der introvertiertesten Beschäftigungen ist, die man sich überhaupt vorstellen kann, ist es schon faszinierend, dass alle diese Leute es so sehr schätzen, einen Gefährten zu haben. Daniel Klein, Jahrgang 1939, studierte Philosophie in Harvard. Zusammen mit Thomas Cathcart schrieb er „Platon und Schnabeltier gehen in eine Bar“, das in 26 Sprachen übersetzt wurde.

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Eigenständiges Denken ging Søren Kierkegaard über alles

Individualität muss nicht Isolation bedeuten, aber sie kann – freiwillig oder unfreiwillig – leicht dazu führen. Søren Kierkegaard (1813 – 1855) hatte sich in seinen Tagebüchern die beiden Worte „Jener Einzelne“ als Grabinschrift gewünscht, um zu betonen, dass er der Erkenntnis treu geblieben war, dass nur die individuelle Stellungnahme dem Leben einen Sinn zu geben vermag. Man trifft hier auf den Kern eines Denkers, der in gegensätzliche Weltanschauungen glaubhaft hineinzuschlüpfen vermochte. Ludger Pfeil ergänzt: „Dieser „Einzelne“ war durchaus kein Einzelgänger, denn bei seinem täglichen Flanieren durch die Straßen Kopenhagens traf er auf Zufallsbegegnungen aus allen Ständen, mit denen er gerne untergehakt ein Stück des Weges gemeinsam plaudernd und philosophierend zurücklegte.“ Der Philosoph Dr. Ludger Pfeil machte nach seinem Studium Karriere in der Wirtschaft als Projektleiter und Führungskraft und ist als Managementberater tätig.

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Meistens haben Menschen keinen Zugang zu ihrem Denken

Normalerweise haben Menschen das Gefühl, dass sie über die Vorgänge in ihrem Kopf recht gut Bescheid wissen – worüber sie gerade nachdenken und welche Denkprozesse gerade ablaufen. Aber diese Überzeugung ist laut Richard E. Nisbett meilenweit von der Wirklichkeit entfernt. Denn ein immenser Teil der Einflüsse auf die Urteile eines Menschen und sein Verhalten wirkt im Verborgenen. Reize, die man bewusst kaum wahrnimmt – falls man ihnen überhaupt Beachtung schenkt –, können sich auf das, was man tut, gravierend auswirken. Richard E. Nisbett ergänzt: „Viele der Reize, die wir bemerken, haben Konsequenzen, die über das, was uns plausibel erscheint, weit hinausgehen.“ Ein Mensch weiß zum Beispiel nicht, dass er langsamer geht, wenn er an alte Leute denkt. Richard E. Nisbett ist Professor für Psychologie an der University of Michigan.

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Der Drang nach Erkenntnis ist nicht unchristlich

Der um 1200 geborene Albertus Magnus war mit Anfang 20 in den Bettelorden der Dominikaner eingetreten und schon früh in Lehrämter berufen worden. Zuletzt hatte er als Magister einen der beiden Dominikaner-Lehrstühle an der Universität Paris innegehabt. Hartmut Sommer ergänzt: „Nach Köln ging er um 1248, um dort im Auftrag des Ordens ein Generalstudium, also … Weiterlesen

Eine gewisse Dosis von Minimalismus hilft fast jedem

Anfänglich gerät man beim Ausmisten leicht in einen Rausch. Fumio Sasaki weiß: „Hat einen der Minimalismus erst einmal in seinen Bann gezogen, wird die Trennung von Besitz zur obersten Direktive.“ Man ist stolz auf seine Erfolge – und fängt an, auf Leute herabzusehen, die eine Menge Krempel besitzen. Sowohl das Ausmisten als auch das Einkaufen erzeugt Reize in einem Menschen und man sollte beides nicht übertreiben. Beim Entrümpeln muss man sich fragen: „Brauche ich diesen Gegenstand wirklich?“ Gleichzeitig sollte man sich auch fragen: „Soll ich mich wirklich von diesem Gegenstand trennen? Will ich ihn nur los sein, um meinen Besitz weiter zu reduzieren?“ Auch wenn Fumio Sasaki vor den Gefahren eines übertriebenen Minimalismus warnt, betont er doch, dass eine gewisse Dosis von Minimalismus fast jedem hilft. Fumio Sasaki arbeitete als Cheflektor des japanischen Verlages Wani Books, bevor er freier Autor wurde.

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Die Urteilskraft minimiert die Gefahr der Täuschung

Der Besitz von Urteilskraft ist eine der wesentlichen Eigenschaften eines Philosophen. Diese Fähigkeit besteht darin, vor der Äußerung eines Urteils, der Zustimmung zu einer Aussage beziehungsweise ihrer Ablehnung oder der Entscheidung für eine Handlungsweise die dazu leitenden Vorstellungen beziehungsweise Beweggründe präzise zu analysieren und so alles auf sein wahren Prinzipien zurückzuführen. Da dieses Vorgehen eine klare Erkenntnis der Wahrheit, der Wahrscheinlichkeit, der Zweifelhaftigkeit oder der Falschheit der untersuchten Aussagen mit sich bringt, minimiert der Besitz von Urteilskraft die Gefahr diesbezüglicher Täuschung. Urteilskraft fungiert also als Instanz zur Bewertung des Verhältnisses von Aussagen zu den unabhängig von Aussagen bestehenden Sachverhalten und bewirkt die treffende, obgleich nicht schnelle Bewertung der Weise, in der Aussagen Aufschluss über die Wirklichkeit geben. Allgemein gefasst heißt das, dass die Urteilskraft Aussagen überhaupt erst in eine bewertbare Beziehung zur Wirklichkeit setzt.

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Die Demokratie ist keine Selbstverständlichkeit

Einen Satz sollte man nie wieder verwenden. Er lautet: „Das kann nie passieren.“ Philipp Blom vertritt die These: „Alles kann passieren, und vieles wird passieren, was viele Menschen heute noch für unmöglich halten. Die Menschheit befindet sich inmitten einer rasanten Transformation, auch wenn sie das nicht will. Das ist keine Frage der Lust oder der Präferenz des Konsums. Auf Umwälzungen ungeahnten Ausmaßes kann eine Gesellschaft nur entweder konstruktiv reagieren, oder sie kann sie erleiden. Wer Mauern baut, wird merken, dass sie eingedrückt werden. Außerdem gilt: Wachstum durch Ausbeutung, das Geschäftsmodell der westlichen Gesellschaften, ist bankrott. Leider sind Demokratie und Menschenrechte nicht die Norm und keine logische Folge des Fortschritts. Philipp Blom studierte Philosophie, Geschichte und Judaistik in Wien und Oxford und lebt als Schriftsteller und Historiker in Wien.

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Die Wahrheit wird von einem sozialen Dialog bestimmt

Wer anderen mit Vorurteilen begegnet, ist selbst bereits einer Beeinflussung seiner freien Willensbildung erlegen. Der freie Wille, so würde man es sich auf den ersten Blick wohl wünschen, sollte aber nicht auf Beeinflussungen, sondern auf der Erkenntnis der Wahrheit beruhen. Allerdings gilt: Alle Meinungs- und Willensbildungen, an deren Ende man etwas als wahr und gültig erkennt, resultieren aus sozialen Prozessen der Verständigung, die unausweichlich immer auch mit Beeinflussungen verbunden sind. Joachim Bauer fügt hinzu: „Diese Beeinflussungsprozesse sind Teil des natürlichen Bedingungsgefüges, in dem sich der freie Wille formiert. Sie sind teils offener, teils verborgener Natur.“ Das Ziel kann nicht sein, sie zu verhindern, denn dies wäre ein Ding der Unmöglichkeit. Der Neurobiologe, Arzt und Psychotherapeut Joachim Bauer lehrt an der Universität Freiburg.

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Die Philosophen waren in der Antike sehr populär

Die griechische Welt der Antike war eine Börse der Ideen und ein Experimentierfeld der Politik. Man bekämpfte einander, fand sich zu Bündnissen zusammen, experimentierte mit bundesstaatlichen Modellen. Bernd Roeck weiß: „Kriege und innere Krisen, wie sie Athen in dichter Folge seit dem Tod des Perikles, 429 v. Chr., erlebte, wirkten sich keineswegs ungünstig auf das kulturelle Leben aus.“ Im Gegenteil vergrößerten Umbruch und Chaos den Markt für Philosophen, weil sie Orientierung versprachen und eine Erziehung anboten, die half, sich in einer komplizierten Gesellschaft durchzusetzen und Erfolg zu haben. Außerdem zeigte sich ein lernbegieriges Publikum bereit, Gelehrsamkeit und Rhetorik – wichtiges Handwerkszeug im politischen Geschäft – zu entgelten. Bernd Roeck ist seit 1999 Professor für Neuere Geschichte an der Universität Zürich und einer der besten Kenner der europäischen Renaissance.

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Die Philosophie der Stoa erlebt eine Renaissance

Heutzutage erleben die antike praktische Philosophie, insbesondere die Stoa, und Philosophen wie Epikur, Seneca, Epiktet, Mark Aurel und andere eine Renaissance. Albert Kitzler nennt die Gründe: „Das liegt zum einen am hohen Nutzen ihrer praktischen Philosophie zur Lebensbewältigung; zum anderen an der wieder erwachten Einsicht, dass die Philosophie sehr wohl geeignet und bestimmt ist, den Menschen auf seinem Lebensweg stützend, helfend und beratend zu begleiten.“ Die Philosophie erschöpft sich nach Seneca nicht im Nachdenken, Forschen und Erkennen um ihrer selbst willen. Die Erkenntnisse und Einsichten, mögen sie auch noch so vorläufig sein, müssen lebendig werden, um in Dasein des Einzelnen ihre wohltuenden Wirkungen zu entfalten. Der Philosoph und Jurist Dr. Albert Kitzler ist Gründer und Leiter von „MASS UND MITTE“ – Schule für antike Lebensweisheit.

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Die Wirklichkeit ist von Fake News immer schwieriger zu unterscheiden

Die Erkenntnistheorie beschäftigt sich insbesondere mit der Frage, was menschliche Erkenntnis ist und wie weit sie reicht. Was können Menschen wissen beziehungsweise erkennen? Aber man braucht kein Fachphilosoph zu sein, um sich erkenntnistheoretische Fragen zu stellen. Markus Gabriel erklärt: „Wir sind längst alltäglich mit dem Problem konfrontiert, dass es immer schwieriger wird, die Wirklichkeit von Fakes, also Illusionen zu unterscheiden.“ In sozialen und politischen Fragen kommt noch hinzu, dass man die Dinge meistens durch die Brille der eigenen Werte und Vorurteil sieht und anders beurteilt. In dieser Hinsicht scheint man in seinen Meinungen gefangen zu sein und keine objektive Wirklichkeit erfassen zu können. Seit 2009 hat Markus Gabriel den Lehrstuhl für Erkenntnistheorie und Philosophie der Neuzeit an der Universität Bonn inne und ist dort Direktor des Internationalen Zentrums für Philosophie.

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Die Postmoderne hält das Gerede von Identität für einen Wahn

Um kaum einen Begriff herrscht seit Jahrzehnten solch ein Gezerre wie um das Wort „Identität“. Die Linke trägt ihn stolz vor sich her, wenn sie „Identitätspolitik“ betreibt. Die Rechte, allen voran die „Identitäre Bewegung“, versucht, ihn neuerdings für ihre Zwecke zu kapern. Die Postmoderne hält jegliches Geschwätz von Identität für einen Wahn. Vielleicht kann die Wissenschaft hier für mehr Klarheit sorgen. Thea Dorn schreibt: „Die Freiheit der Forschung ist ein weiteres hohes Gut, auch in unserem Land. Ebenso wie die Freiheit des Glaubens.“ Aber sobald im politischen Diskurs wissenschaftliche Annahmen – keine hinreichend gesicherten Erkenntnisse – und religiöse Überzeugungen als vermeintlichen Totschlagargumente aus der Tasche gezogen werden, sind sie tatsächlich nur noch eins: Totschläger. Thea Dorn studierte Philosophie und Theaterwissenschaften. Sie schrieb eine Reihe preisgekrönter Romane, Theaterstücke und Essays.

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Der Homo sapiens tauchte vor rund 200.000 Jahren auf

Als tierische Spezies zeichnet sich der Homo sapiens hauptsächlich durch sein großes Gehirn und seine geistigen Fähigkeiten aus. Emmanuel Todd ergänzt: „Er beobachtet, sammelt Erkenntnisse und häuft Wissen an.“ Einige seiner entscheidenden Fähigkeiten, etwa der Gebrauch von Werkzeug oder die Nutzung des Feuers, waren schon unter seinen Vorgängern verbreitet. Mit dem Auftauchend des Homo sapiens vor rund 200.000 Jahren beschleunigte sich der Erwerb neuer Techniken in einer exponentiellen Größenordnung. Seine Ausbreitung über alle Kontinente, seine Sesshaftwerdung an verschiedenen Orten und die Erfindung der Landwirtschaft um 9000 v. Chr. im Nahen Osten machten es möglich, dass die Population des Homo sapiens in beachtlichem Maße anwuchs. Um 3300 v. Chr. entstanden in Mesopotamien und vor 3000 v. Chr. in Ägypten erste Formen von Schrift und erste Städte. Emmanuel Todd ist einer der prominentesten Soziologen Frankreichs.

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Die Weisheit ist die Kunst des Lebens

Der römische Philosoph und Staatsmann Seneca schreibt: „Liebe ist Vernunft! Diese Liebe wird die wappnen auch gegen das Härteste.“ Gleichwohl ist diese Einsicht nur die eine Seite der Weisheit. Ein Mensch muss sie auch umsetzen können. Seneca fährt fort: „Die Weisheit ist eine Kunst, eine Kunst des Lebens.“ Albert Kitzler weiß: „Erst im Laufe der Zeit verfestigt sich die Weisheit durch kontinuierliches Üben, Praktizieren und durch Erfahrungen zu einer inneren Haltung und tatsächlichen Bewältigung des Lebens, die Freude und Erfüllung verschafft und Fehlverhalten weitgehend vermeidet.“ Durch anhaltendes Üben wird das Erlernte zu einer festen Lebenspraxis und zu einem Teil des Charakters. Der Philosoph und Jurist Dr. Albert Kitzler ist Gründer und Leiter von „MASS UND MITTE“ – Schule für antike Lebensweisheit.

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