Die Literatur der Reformationszeit ist vielschichtig

Die Literatur des 16. Jahrhunderts kann kaum in ihrer Vielfalt gewürdigt werden, wenn nicht eine Voraussetzung erfüllt ist: die Beschreibung der Reformation, die sich bald nach ihrem Beginn in eine Fülle von Reformationen aufspaltete, in ihrer europäischen Dimension. Ein zutreffendes Bild der Reformation selbst bloß in Deutschland würde verfehlen, wer sie als einzigartiges deutsches Ereignis beschriebe, das losgelöst vom europäischen Protestantismus und der gleichzeitigen Geschichte Europas denkbar wäre. Zwar war Martin Luther der Initiator der Vorgänge, die ab 1517 für anderthalb Jahrhunderte die religiöse und auch politische Entwicklung fast aller Staaten stark bestimmten, und ihm fiel auch für das Jahrzehnt der Frühreformation (1517 – 1526) die hegemoniale Position in der Bewegung zu, die allmählich zur Protestantisierung wichtiger Regionen des Kontinents führte.

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Schon Aristoteles kannte die Effizienz der Arbeitsteilung

Effizienz durch Arbeitsteilung ist natürlich keine Erfindung aus den Zeiten des großen Nationalökonomen Adam Smith, der von 1723 bis 1790 lebte. Schon der geniale griechische Philosoph Aristoteles erwähnt sie. Rupert M. Scheule ergänzt: „Die Neuerung der letzten beiden Jahrhunderte war aber, dass das Prinzip der Arbeitsteilung gewissermaßen zivilisationsprägend wurde.“ Die ersten Gesellschaftsbereiche, wie etwa die Wissenschaft, begannen bereits im Hochmittelalter ein Eigenleben zu führen, nach ihren besonderen Gesetzen und eigenen Zielen. Danach setzte sich diese sogenannte funktionale Differenzierung flächendeckend im Abendland durch. Die Folgen waren gewaltig. So setzt es natürlich erhebliche Spezialisierungsgewinne frei, wenn sich beispielsweise die Wirtschaft nur um die Wirtschaft kümmern darf. Rupert M. Scheule ist Professor für Moraltheologie und Christliche Sozialwissenschaft an der Theologischen Fakultät Fulda.

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Die Weltbevölkerung produziert täglich 3,5 Millionen Tonnen Müll

„Reduzieren“ bedeutet für Serge Latouche zunächst einmal, eine Produktionsweise und ein Konsumverhalten zu entwickeln, die sich weniger negativ auf die Biosphäre auswirken. Dabei geht es vor allem darum, den Überkonsum zu beschränken und die weitverbreitete Wegwerfmentalität abzulegen. Serge Latouche kritisiert: „80 Prozent der auf den Markt gelangenden Güter werden, wenn überhaupt, nur ein einziges Mal benutzt, bevor sie direkt in den Abfalleimer geworfen werden.“ Im Jahr 2013 produzierte die Weltbevölkerung rund 3,5 Millionen Tonnen Müll pro Tag. Die Industrieländer in Europa und Nordamerika produzieren dabei den meisten Müll: Ein Europäer 522 Kilogramm Hausmüll pro Jahr, ein Amerikaner 675 Kilogramm. Serge Latouche ist emeritierter Professor für Wirtschaftswissenschaften der Universität Paris-Sud. Der Ökonom und Philosoph gilt als einer der wichtigsten Vordenker des französischen Konzepts der Rücknahme des Wachstums.

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Innige Zuwendung fördert die Entwicklung des Kleinkinds

Bekommen Kinder früh und viel Zuwendung, entwickeln sie sich schneller und umfassender – und zwar geistig wie körperlich. Kleinkinder registrieren viel mehr, als ihnen die meisten Menschen zutrauen. Werner Bartens erklärt: „Je mehr Zuwendung die Eltern einem Kind schenken, desto aufnahmefähiger wird es. Dann lernt es zum Beispiel früher sprechen und entwickelt rascher soziale Kompetenzen.“ Haben Eltern und Kinder ein frühzeitig gepflegte liebevolle und stabile Beziehung, macht das Kinder später widerstandsfähiger gegen Stress und Depression und begünstigt zudem einen gleichmäßigeren Herzrhythmus, der sie als Erwachsene weniger anfällig für Infarkte macht. Da der Tastsinn der erste Sinn ist, der sich entwickelt, kann er auch schon früh stimuliert werden. Werner Bartens ist Autor von Bestsellern wie „Das Ärztehasser-Buch“, „Körperglück“ und „Was Paare zusammenhält“.

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Die soziale Ungleichheit nimmt weiter zu

Lohndumping ist einer der Faktoren für die steigende Ungleichheit in Deutschland und bedeutet im Grunde nichts anderes, als dass die Früchte der Produktion immer mehr jenen zugutekommen, die Karl Marx Kapitalisten nannte, und immer weniger jenen, die er als Proletariat bezeichnete und die man heute Prekariat nennt. Thomas Seifert erklärt: „Diese Entwicklung beschleunigt die Dynamik der privaten Kapitalakkumulation, die zwangsläufig zu einer immer stärkeren Konzentration von Reichtum und Macht in den Händen weniger führt, wie Marx im 19. Jahrhundert annahm.“ Thomas Piketty schreibt in seinem Bestseller „Das Kapital im 21. Jahrhundert“: „Durch die Fortschritte und die Ausbreitung des Wissens konnte die marxistische apokalyptische Vision zwar vermieden werden, aber dadurch hat sich an den Tiefenstrukturen des Kapitals und den Ungleichheiten nichts geändert.“ Thomas Seifert ist stellvertretender Chefredakteur und Leiter der Außenpolitik bei der Wiener Zeitung.

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Ulrich Greiner analysiert die Begriffe Scham und Schuld

Es gibt so gut wie keine Gesellschaft, in der die Scham derart ausschließlich handlungsgeleitet wäre, dass nicht auch Fragen des Gewissens und der Schuld eine Rolle spielten. Umgekehrt gibt es auch keine Gesellschaft, in der Schuldgefühle nicht auch von Scham begleitet würden. Ulrich Greiner erklärt: „Die Begriffe Schamkultur und Schuldkultur sind also nicht dazu geeignet, eine Entwicklung zu beschreiben, die von einer primitiven Kulturstufe zu einer komplexeren führen würde.“ Sie eignen sich aber wohl dazu, das weitläufige Feld von Scham und Schuld zu analysieren und zu strukturieren. Ulrich Greiner war zehn Jahre lang der Feuilletonchef der ZEIT. Als Gastprofessor lehrte er in Hamburg, Essen, Göttingen und St. Louis. Außerdem ist er Präsident der Freien Akademie der Künste in Hamburg.

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Immobilienmärkte stehen oft im Zentrum einer Finanzkrise

Ein Markt, der bei Finanzkrisen häufig im Zentrum steht, ist der Immobilienmarkt. Ob in Spanien, Irland oder in den USA – die Immobilienblase war in diesen Ländern der Kern der Finanzkrise und hat sie ökonomisch an den Abgrund geführt. Aber auch in anderen Ländern gab es Schwierigkeiten bei der Immobilienfinanzierung. In Ungarn zum Beispiel haben Immobilienkäufer ihre Häuser über Fremdwährungen finanziert, insbesondere in Schweizer Franken. Als diese Währung in der Krise massiv aufwertete, waren ihre Kredite plötzlich extrem schwer zu bedienen. Umso mehr muss man laut Gerhard Schick aufmerken, wenn jetzt viel Kapital nach Deutschland strömt: „Viele Investoren versuchen, ihr Geld angesichts der Unsicherheit an den Finanzmärkten in „Betongold“ sicher anzulegen.“ Der grüne Politiker Gerhard Schick zählt zu den versiertesten Ökonomen im Deutschen Bundestag.

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Die Philosophie prägt das Selbstverständnis des 18. Jahrhunderts

Schon den Zeitgenossen gilt das 18. Jahrhundert als das philosophische. Dass die Philosophie das Selbstverständnis eines Zeitalters maßgeblich prägen kann, sagt etwas über ihren wachsenden Anspruch auf öffentliche Wirksamkeit aus. Darin spiegelt sich der Versuch wider, die Gesellschaft, die Moral und das komplette Wissen der Zeit mithilfe der Vernunft rational abzusichern und sie auf vernünftigen Grundlagen neu zu entwickeln. Nicht zuletzt manifestiert sich in diesem Anspruch auch das Selbstbewusstsein einer neuen Elite von Intellektuellen, die sich aus religiösen und staatlichen Abhängigkeiten und Bevormundungen zu lösen beginnt und sich machtvoll als Vordenker und Sprachrohr dessen begreift, was sich seit dem ausgehenden 17. Jahrhundert als öffentliche Meinung herausbildet. Teile der intellektuellen Eliten treten aus ihren ständischen Bindungen und aus ihren alten Funktionszusammenhängen heraus.

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Säuglinge besitzen sehr unterschiedliche Temperamente

Schon immer haben Eltern gewusst, dass ihre Kinder sehr unterschiedliche Temperamente besitzen, die sich bald nach der Geburt manifestieren. Walter Mischel erklärt: „Kinder kommen mit physiologischen Unterschieden in ihrer emotionalen Reaktionsfähigkeit, ihrem Aktivitätsniveau und der Fähigkeit, ihre Aufmerksamkeit zu steuern und zu regulieren, auf die Welt.“ Auch wenn diese Unterschiede genetisch „vorprogrammiert“ sind, wurden sie bis zur Geburt schon viele Monate durch die uterine Umgebung weiter ausgeformt. Diese Unterschiede beeinflussen erheblich ihr Fühlen, Denken und Handeln und prägen ihre Persönlichkeit – auch ihre Fähigkeit zur Selbstkontrolle und zum Belohnungsaufschub. Es dürfte kaum eine Neuigkeit sein, dass die meisten Säuglinge geradezu ein Bündel von Emotionen sind. Da gibt es zum Beispiel sehr aktive, die viel lächeln und lachen und schon früh im Leben intensive Freude zeigen. Walter Mischel gehört zu den wichtigsten und einflussreichsten Psychologen der Gegenwart.

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Kinder benötigen eine intensive und liebevolle Bindung

Es gibt für Werner Bartens kein Patentrezept, wie Kinder zu seelisch stabilen und körperlich robusten Erwachsenen heranreifen. Manche beneidenswerte Menschen sind von jungen Jahren an ungeheuer belastungsfähig, kümmern sich später aufopferungsvoll um Beruf und Familie und wirken dennoch ruhig und ausgeglichen. Andere fühlen sich hingegen permanent gestresst und überfordert, und auch bei vermeintlich geringen Anforderungen signalisieren sie, dass sie nicht mehr können. Werner Bartens betont: „Es gibt keine Garantie dafür, dass Kinder bei einem bestimmten Verhalten der Eltern psychisch widerstandsfähig werden und gegenüber den Widrigkeiten des Lebens besser bestehen können.“ Ein paar hilfreiche Umstände, die dazu beitragen, dass Kinder Kraft und Energie aufnehmen können und die Wahrscheinlichkeit steigt, dass sie nicht so leicht verzagen und ihnen alles zu viel wird, gibt es allerdings sehr wohl. Werner Bartens ist Autor von Bestsellern wie „Das Ärztehasser-Buch“, „Körperglück“ und „Was Paare zusammenhält“.

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Der Staat handelt nicht immer im Interesse des Gemeinwohls

Ebenso wie die Märkte unterliegen auch staatliche Strukturen einer Dynamik, die nicht automatisch dazu führt, dass der Staat im Interesse des Gemeinwohls agiert. Gerhard Schick erklärt: „Auch staatliche Macht kann problematisch sein. Und gerade zurzeit wird der Staat von vielen Menschen als der „Staat der anderen“ wahrgenommen.“ Machtwirtschaft ist auch dem staatlichen Bereich nicht fremd. Denn die Strategie, mittels staatlicher Institutionen individuelle Interessen zu verfolgen, ist häufig lukrativ. Einer der für Gerhard Schick wichtigsten Ökonomen bei der Analyse machtwirtschaftlicher Strukturen ist Mancur Olson. Der Kern seiner Arbeit betraf Machtstrukturen in Markt und Staat und wie diese jegliche positive Entwicklung hemmen können. In seinem Werk „Die Logik des kollektiven Handelns“ beschreibt er, wie kleine Interessengruppen den Staat überaus effizient für ihre Belange einspannen. Der grüne Politiker Gerhard Schick zählt zu den versiertesten Ökonomen im Deutschen Bundestag.

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Der homo oeconomicus ist ein Zerrbild

Der homo oeconomicus gilt als Grundlage wissenschaftlicher Modelle und beschreibt einen Menschen, dessen Interesse sich lediglich auf die Maximierung seines persönlichen Nutzens in Form eines immer höheren Einkommens reduziert. Für Gerhard Schick ist das ein Zerrbild des Menschen, denn eine Politik, die sich daran orientiert, kann dem Menschen nicht gerecht werden. Der Mensch ist nämlich kein rationaler, egoistischer Maximierer seines Nutzens – und die Gesellschaft ist mehr als ein Markt. Gerhard Schick erklärt: „Der Markt ist ein Teil der Gesellschaft und sollte sie nie in ihrer Gesamtheit prägen. Vielmehr sollten Gesellschaften darüber entscheiden, welche Aspekte des menschlichen Zusammenlebens wettbewerblich-marktwirtschaftlich und welche Aspekte anders organisiert werden.“ Welche Güter wie bereitgestellt werden, ist das Ergebnis von gesellschaftlichen Werteentscheidungen. Der grüne Politiker Gerhard Schick zählt zu den versiertesten Ökonomen im Deutschen Bundestag.

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Serge Latouche fordert den Ausstieg aus der Arbeitsgesellschaft

Eine drastische Senkung der Arbeitszeit ist für Serge Latouche der beste Schutz vor Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit. Das Recht auf Arbeit muss dabei nicht nur erhalten bleiben, sondern sogar gestärkt werden. Es kann die unerlässliche Rücknahme des Wachstums zur erleichtern. Serge Latouche ergänzt: „Mindestlöhne in vernünftiger Höhe sind vonnöten, um die falsche Theorie mancher Ökonomen von der freiwilligen Arbeitslosigkeit auszuhebeln.“ Zudem ist es dringend geboten, der Arbeit ihren Charakter als Ware zu nehmen. Der derzeitige Trend zum „Sozialdumping“ ist ebenso inakzeptabel wie der zum „Ökologiedumping“. Die meisten Angestellten erleben keineswegs das Ende der Arbeit, wie es die sinkenden Wochenarbeitszeiten vermuten lassen sollte. Serge Latouche ist ein französischer Ökonom und Philosoph, Professor a.D. der Universität Paris-XI und gilt als einer der Vertreter des Konzepts der Rücknahme des Wirtschaftswachstums.

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Die Bildung des Charakters erfordert Mitgefühl

In der modernen Gesellschaft genießen Menschen hohes Ansehen, die egoistisch ihre eigenen Ziele verfolgen. Verhalten, das zum Erfolg führt, wird belohnt. Kalkül und Eigennutz stehen ganz oben auf der Werteskala. Aber machen diese Eigenschaften einen Menschen auch zu einer wertvollen Persönlichkeit? David Brooks verneint in seinem neuen Buch „Charakter“ diese Frage. Seiner Meinung geht es nicht darum, die Welt zu erobern, sondern sich ihr zu verpflichten. Die Menschen können alle nur gewinnen, wenn sie sich eine einfache Wahrheit verpflichtet fühlen. Wer sich selbst verwirklichen will, muss sich auch selbst vergessen können. Für die Charakterbildung ist die ehrliche Auseinandersetzung mit sich selbst sowie Demut und Mitgefühl erforderlich. David Brooks arbeitet als Kommentator und Kolumnist bei der New York Times. Sein Buch „Das soziale Tier“ (2012) wurde ein internationaler Bestseller.

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Frauen und Männer gehen unterschiedlich mit Stress um

Dass Männer und Frauen unterschiedlich sind, ist inzwischen allgemein bekannt. Erstaunlich ist allerdings, wie groß die Differenzen zwischen den Geschlechtern auch im Erleben und in der Wahrnehmung von Stress sind. Werktage empfinden Frauen und Männer noch ähnlich belastend, während am Wochenende die Frauen zumeist weniger glücklich sind als ihre männlichen Partner. Möglicherweise liegt das daran, dass sie ihren Mann dann länger zu ertragen haben, und er nicht so gut weiß, war seiner Frau in dieser gemeinsamen Zeit guttut. Werner Bartens fügt hinzu: „Was Männer und Frauen einander antun müssen, um sich das Leben zur Hölle zu machen, wissen die meisten Menschen in Zweierbeziehungen hingegen ziemlich gut.“ Werner Bartens ist Autor von Bestsellern wie „Das Ärztehasser-Buch“, „Körperglück“ und „Was Paare zusammenhält“.

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Die Bindung zwischen Mutter und Kind ist extrem wichtig

Dass kleine Kindern Berührungen guttun, ist hinlänglich bekannt. Doch damit sind nicht nur die Streicheleinheiten der Eltern gemeint. Werner Bartens erklärt: „Auch bei Neugeborenen zeigt sich, dass sie von einer Massage profitieren und schneller wachsen und an Gewicht zunehmen, wenn sie nur richtig angefasst werden.“ Der umstrittene Verhaltensforscher Harry Harlow führte in den 1950er Jahren aus heutiger Sicht grausame Experimente mit jungen Rhesusaffen durch. Er trennte sie von ihrer Mutter und ließ ihnen ausreichend Nahrung und Platz zum Herumtollen und sorgte für etliche andere Annehmlichkeiten. Den Affen fehlte es an nichts, außer dass sie keinen Kontakt zu ihrer Mutter hatten. Schon nach wenigen Wochen zeigte sich der Entwicklungsrückstand der Tiere. Werner Bartens ist Autor von Bestsellern wie „Das Ärztehasser-Buch“, „Körperglück“ und „Was Paare zusammenhält“.

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Wolfram von Eschenbach schreibt den Bestseller des Mittelalters

Vermutlich stammt Wolfram von Eschenbach aus der Nähe von Ansbach, ist jedoch unbegütert und auf den Lehensdienst angewiesen. Daher gibt es einige Grafen, die den Dichter unterstützt haben. Wolfram von Eschenbach ist der eigenwilligste Epiker der staufischen Literaturepoche. So hält er beispielsweise den höfischen Ritter aus der Art geschlagen, lehnt dessen Bildung ab, die ja noch immer in den Händen von Geistlichen liegt, und verweigert, wie seine Äußerungen zu Reinmars Dichtung zeigen, auch den Frauendienst. Wolfram von Eschenbach löst sich als selbstbewusster ritterlicher Laie von der geistlichen Unterweisung. Sein „Parzifal“ gehört zu den meistgelesenen Versepen des Mittelalters. Über 75 Handschriften und Fragmente weisen auf die außerordentlich weite Verbreitung hin. Auch Wolfram von Eschenbach fußt mit seinem „Parzifal“ auf Chrétien de Troyes, dessen 1185 begonnener „Perceval“ allerdings Fragment geblieben ist.

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Unangemessene Erwartungen gefährden eine Partnerschaft

Ein großes Problem in vielen Partnerschaften sind unrealistische oder überhöhte Erwartungen. Die meisten Menschen sehnen sich nach einer stabilen, glücklichen Beziehung und hoffen, darin Lebensglück und Erfüllung zu finden. Entsprechend hoch sind die Ansprüche an den Partner. Guy Bodenmann zählt sie auf: „Der Partner sollte treu, zuvorkommend, interessiert, zärtlich, wertschätzend, stimulierend sein, die eigene Entwicklung fördern und einen im Leben weiterbringen, dazu möglichst noch attraktiv, intelligent und geistreich, humorvoll und witzig, tolerant und einvernehmlich, einkommensstark und großzügig sein.“ Außerdem sollte er einem zur Seite stehen, einen unterstützen, spüren, was man braucht, und einem Wünsche von den Lippen ablesen, gleichzeitig Freiräume lassen und einen nicht in seinen Wünschen, Interessen und Zielen einschränken oder behindern. Nicht zuletzt sollte auch der Sex gut sein. Guy Bodenmann ist Professor für Klinische Psychologie an der Universität Zürich.

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Friedrich Ebert wird von Max von Baden zum Reichskanzler ernannt

Friedrich Ebert, der vom Prinzen Max von Baden zum Reichskanzler ernannt wurde, stand seit dem 9. November 1918 einer Übergangsregierung, dem „Rat der Volksbeauftragten“ vor, der einen Tag später von der Vollversammlung der Berliner Arbeiter- und Soldatenräte bestätigt wurde. Ulrich Herbert erklärt: „Sein Hauptziel war zunächst die Eindämmung jener revolutionären Dynamik, der er seine eigene Machtübernahme verdankte. Um Ordnung, Sicherheit und Wohlfahrt herzustellen, wurden daher bereits in den ersten Tagen der Revolution vier Grundsatzentscheidungen getroffen, welche die weitere Entwicklung der deutschen Revolution nachhaltig prägten.“ Entscheidend war hier zunächst die Kontinuität der Behördentätigkeit: Polizei und Krankenhäuser, Finanzämter und Ministerialbürokratie sollten weiterarbeiten. Ulrich Herbert zählt zu den renommiertesten Zeithistorikern der Gegenwart. Er lehrt als Professor für Neuere und Neueste Geschichte an der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg.

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Ulrich Herbert beleuchtet die Zeit vor dem Ersten Weltkrieg

In der europäischen Außenpolitik hatte sich seit der Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jahrhundert ein Paradigmenwechsel ergebe. Durch den Bau der Flotte und der Propagierung der deutschen Weltpolitik hatte sich das Deutsche Reich in einen Gegensatz zu der einzigen tatsächlichen Weltmacht der Zeit, Großbritannien, gesetzt, ohne ein starkes Bündnis aus seiner Seite zu haben. Ulrich Herbert ergänzt: „Dieser Gegensatz dominierte in den folgenden Jahren die Entwicklung in Europa.“ In Reaktion auf die Herausforderung Deutschlands legte Großbritannien seine Konflikte mit Russland und Frankreich bei und baute die Verbindungen zu beiden Mächten in weniger als fünf Jahren zu einem so festen, wenngleich informellen Bündnis aus, dass Deutschland dadurch in jene Isolation geriet, die es zuvor selbst mit in Gang gebracht hatte und nun als Einkreisung wahrnahm. Ulrich Herbert zählt zu den renommiertesten Zeithistorikern der Gegenwart. Er lehrt als Professor für Neuere und Neueste Geschichte an der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg.

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Die Oktoberrevolution wurde zum Vorbild für die extreme Linke

Die deutsche Revolution von 1918/19 vollzog sich vor dem Hintergrund der Ereignisse in Russland, wo seit dem Sommer 1918 der offene Bürgerkrieg herrschte. Ulrich Herbert erklärt: „Antirevolutionäre Kräfte der verschiedensten Richtungen bekämpften dort das neue Regime an allen Fronten, unterstützt von Truppen der Westmächte, die ein Ausgreifen des revolutionären Elans nach Westen fürchteten.“ Die Randstaaten des Reiches erklärten ihre Unabhängigkeit, der russische Vielvölkerstaat schien auseinanderzubrechen. Die Wirtschaft versank im Chaos, die Produktion von Gütern ging dramatisch zurück, die Inflation stieg in schwindelerregende Höhen, wodurch ein riesiger Schwarzmarkt entstand. Der immer heftiger geführte Bürgerkrieg gefährdete auch die Versorgung mit Lebensmitteln in den Städten und führte schließlich zu Hungersnöten, denen rund zwei Millionen Menschen zum Opfer fielen. Ulrich Herbert zählt zu den renommiertesten Zeithistorikern der Gegenwart. Er lehrt als Professor für Neuere und Neueste Geschichte an der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg.

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Burn-out ist für Alexander Goebel eine Geschichte der Ja-Sager

Burn-out ist eine Katastrophe, die durch emotionale Entscheidungen beziehungsweise Entscheidungsschwäche entsteht, durch Emotion beschleunigt wird und somit von den Erkrankten ebenso wie von Organisationen auch nur emotional bewältigt werden kann. Burn-out ist die Geschichte der Ja-Sager. Alexander Goebel hat, wann immer er darum gebeten wurde, sich etwas zum Thema Burn-out zu überlegen, stets darauf bestanden, den Begriff Burn-out zu vermeiden: „Balance – nicht anderes ist es. Wer unter Burn-out leidet, hat die Balance für seine persönlichen Verhältnismäßigkeiten verloren, die Balance zwischen Arbeitswelt und Privatwelt, die Balance zwischen Selbstbewusstsein und Anerkennung von außen.“ Die komplette Hingabe an die Arbeitswelt, die Bestimmung des Jobs als des einzig Wichtigen im Leben, das ist eine schleichende Entwicklung. Alexander Goebel ist seit 40 Jahren erfolgreich im Emotionsgeschäft unterwegs.

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Zivilisation bedeutet nicht zwangsläufig Fortschritt

Schamgefühle haben sich im Lauf der Geschichte differenziert und verfeinert. Es gibt eine Entwicklung hin zur stärkeren Selbstkontrolle. Der Philosoph Norbert Elias hat diese Thesen in seiner berühmten Schrift „Über den Prozeß der Zivilisation“ (1939) aufgestellt und näher begründet. Ende der achtziger Jahre begann der Ethnologe Hans Peter Duerr mit einer fünfbändigen Widerlegung mit dem Titel „Der Mythos vom Zivilisationsprozeß“. Hans Peter Duerr hielt die Zivilisationstheorie von Norbert Elias für einen ausgemachten Schwindel. Hans Peter Duerr schreibt im ersten Band: „Dieser Mythos besagt, dass die derzeitige Domestikation unserer tierischen Natur das Ergebnis eines langwierigen Prozesses sei, der im westlichen Europa gegen Ende des Mittelalters und bei den Primitiven – vor kurzem noch Wilde genannt – erst in allerjüngster Zeit begonnen habe.

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Die Mörder von Paris sind keine „Irren“ im volkstümlichen Sinn

Auf die Frage, ob die Mörder von Paris psychisch Kranke im klinischen Sinne sind, antwortet Nahlah Saimeh: „Nein. Zwar sind terroristische Ausbildungslager für dissoziale, psychopathische junge Männer anziehend. Diese Orte sind ein Eldorado der hemmungslosen, sadistischen Gewaltausübung. Sie können dort morden und vergewaltigen, und das noch mit Absolution.“ Außerdem entspricht Gewalt und Terror dem hypermaskulinen Rollenstereotyp von Härte und Unerschrockenheit. Aber auch diese Leute sind für Nahlah Saimeh keine „Irren“ im volkstümlichen Sinn, denn sie haben nicht den kompletten Bezug zur Realität verloren, wie es bei Psychosen oder Schizophrenien der Fall sein kann. Das gilt auch für die Mörder von Paris. Nahlah Saimeh ist Ärztliche Direktorin des LWL-Zentrums für forensische Psychiatrie in Lippstadt, Westfalen. Im Jahr 2012 erschien ihr Buch „Jeder kann zum Mörder werden“.

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Gerhard Schick macht auf die Instabilität der Märkte aufmerksam

Die Instabilität der Finanzmärkte ist kein Zufall, da sie anders funktionieren als andere Märkte. Gerhard Schick erklärt: „Im Kern geht es darum, dass die Akteure an den Finanzmärkten wie eine aufgescheuchte Kuhherde in die eine und andere Richtung laufen und dabei regelmäßig erkennbar weit über die Werte hinausgehen, die ökonomisch noch als sinnvoll bezeichnet werden können.“ George Akerlof und Robert Shiller erklären solche Entwicklungen in ihrem Buch „Animal Spirits“ mit der Irrationalität menschlichen Verhaltens. Doch irrationales Verhalten gibt es überall. In normalen Märkten macht das aber nicht so viel aus, weil es Bremsmechanismen gibt. Die Kauflust wird zum Beispiel durch ein begrenztes Budget eingeschränkt. Der grüne Politiker Gerhard Schick zählt zu den versiertesten Ökonomen im Deutschen Bundestag.

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