Die Frage „Will ich zu viel – oder zu wenig?“ wirft viele Rätsel auf

Das Titelthema des neuen Philosophie Magazins 05/2017 beschäftigt sich mit der Frage: „Will ich zu viel – oder zu wenig?“ Eigentlich beruht die gesamte Lebensweise der modernen Staaten des Westens auf dem Imperativ des immer Mehrwollens. Sowohl im privaten Bereich als auch im Beruf führt dieser Wille oft zu einer dauerhaften Selbstüberforderung. Die Lust am Leben wird so eher gemindert anstatt gesteigert. Aus beglückender Fülle werden Leere und Angst. Scheinbar ist also klar: Wer weniger will, wird seltener enttäuscht, ist also entspannter und lebt so möglicherweise zufriedener. Das Wollen selbst sei die Wurzel allen Unglücks – das behaupten zumindest Denker von der Stoa bis zu Arthur Schopenhauer. Doch ganz so einfach ist es nicht. Ist es nicht gerade die Suche nach mehr Intensität, die dem eigenen Leben erst Spannung und Sinn gibt?

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Der Homo Deus könnte das Ende des Homo sapiens bedeuten

In seinem neuen Buch „Homo Deus – Eine Geschichte von Morgen“ entwirft Yuval Noah Harari ein düsteres Bild des 21. Jahrhunderts, in dem gerade die idealisierten Träume zur technologischen Optimierung der Gesellschaft, an denen in Silicon Valley gearbeitet wird, schließlich zur Erschaffung eines neuen „Übermenschen“ und zum möglichen Ende des Homo sapiens führen. Außerdem behauptet der Autor, dass der Mensch sich im 21. Jahrhundert neuen Zielen zuwenden kann, weil er seine drei größten Feinde in den Griff bekommen hat, nämlich Krieg, Krankheiten und Hunger. Er nennt ein Beispiel: „Zum ersten Mal in der Geschichte sterben mehr Menschen, weil sie zu viel essen, nicht, weil sie zu wenig essen.“ Yuval Noah Harari ist Professor für Geschichte an der Hebrew University of Jerusalem.

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Das Selbst soll sich in den Momenten des Glücks spiegeln

Michel de Montaigne (1533 – 1592) war ein Experte des gepflegten Vergnügens. Das Leben ist ihm einfach zu kurz, um sich zu versagen, was es zu bieten hat. Michel de Montaigne schreibt: „Darum steht es auch nur denen an, sich des Sterbens nicht zu grämen, die sich des Lebens freuten. Man muss es haushälterisch genießen. […] Je kürzer die Zeit, die ich das Leben noch besitze, desto tiefer und voller will ich es besitzen.“ Die gesteigerte Wahrnehmung, das tiefe Spüren und Erfahren der schönen Momente, ausgelöst durch das Bewusstsein der Vergänglichkeit, erfordert wache Aufmerksamkeit. Ludger Pfeil ergänzt: „Sie wird unterstützt durch Reflexion, das Nach- und Vordenken über erlebte und zu erwartende Genüsse.“ Der Philosoph Dr. Ludger Pfeil machte nach seinem Studium Karriere in der Wirtschaft als Projektleiter und Führungskraft und ist als Managementberater tätig.

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Der Mensch sollte das Leben als gut auffassen

Beim französischen Philosophen Alain (eigentlich Émile-Auguste Chartier, 1868 – 1951) war ein Glücksfinder bodenständiger Prägung. Für ihn steht am Beginn einer positiven Welterfahrung zunächst einmal der Wille, sein Wollen selbst zu bestimmen und sich zu entschließen, das Leben als gut aufzufassen. Ludger Pfeil erklärt: „Solche Eigenmächtigkeit verlangt, dass man seinen Geist umfangreiche Freiheits- und Gestaltbarkeitsgrade zugesteht und ihm Einfluss auf unser körperliches Wohlbefinden einräumt.“ Dem, der diese Voraussetzung mitträgt, präsentiert Alain eine reichhaltige Palette praktisch orientierter Ratschläge: „ Mimikry der guten Laune“ bedeutet, einfach mal so zu tun, als ob man fröhlich wäre – diese Idee hatte Alain lange vor der Verbreitung des Lach-Yoga. Der Philosoph Dr. Ludger Pfeil machte nach seinem Studium Karriere in der Wirtschaft als Projektleiter und Führungskraft und ist als Managementberater tätig.

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Die Reue konfrontiert einen Menschen mit seiner Selbstverantwortung

Wikipedia erklärt Reue als „das Gefühl […] der Unzufriedenheit, der Abscheu, des Schmerzes und Bedauerns über das eigene fehlerhafte Tun und Lassen, verbunden mit dem Bewusstsein oder „der Empfindung) von dessen Unwert […]“ Und die Reue stellt sich häufig ein, wenn Menschen über sich und ihr Leben nachdenken. Reue ist sozusagen ein retrospektiver Zweifel. Anja Förster und Peter Kreuz nennen Beispiele: „Ach hätte ich damals bloß … den Traumjob angenommen, mehr Risiko gewagt, um die große Liebe gekämpft.“ Der entscheidende Punkt bei der Reue ist: Ein Mensch wird im Nachhinein nicht die Entscheidungen bereuen, die er trotz seiner Zweifel getroffen hat, sondern er wird die Momente bereuen, in denen sie zurückgewichen ist und das Risiko gescheut hat. Anja Förster und Peter Kreuz nehmen als Managementvordenker in Deutschland eine Schlüsselrolle ein.

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Das Unbewusste war schon lange vor Sigmund Freud bekannt

Trotz der offensichtlichen Inspiration durch Vorläufer wie Franz Anton Mesmer und Jean-Martin Charcot gilt Sigmund Freud in der breiten Öffentlichkeit bis heute als Entdecker des Unbewussten. Diese Einschätzung hat er laut Philipp Hübl selbst gefördert, indem er der Tradition vor ihm unterstellte, sie habe die Psyche, also den Geist, mit dem Bewusstsein gleichgesetzt und dabei übersehen, dass der Geist daneben das Unbewusste umfasst. Erst seine Psychoanalyse, die gleichzeitig eine Theorie des Geistes und eine Therapieform ist, habe diesen Missstand behoben. Nicht nur Mesmer und Charcot waren Vorläufer von Sigmund Freud, sondern die Idee des Unbewussten war schon lange zuvor in der Literatur und in der Forschung zu finden. Philipp Hübl ist Juniorprofessor für Theoretische Philosophie an der Universität Stuttgart.

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Viele Affären werden durch Intuition aufgedeckt

Betrogene Partner unterscheiden sich sehr stark in dem Bewusstsein, dass es Untreue in ihrer Beziehung gibt. Manche Betrogenen sind, wenn keine Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, vollkommen ahnungslos. Manche übersehen subtile Hinweise, einige verdrängen offensichtliche Hinweise und wieder andere sind vollkommen damit beschäftigt, typische Anzeichen aufzuspüren. Shirley P. Glass erklärt: „Viele Affären werden dadurch entdeckt, dass die Intuition einem sagt, dass etwas nicht stimmt und dass viele Kleinigkeiten einfach nicht zusammen passen.“ Manche Menschen haben definitive Gründe für ihre Entscheidung, ihren Partner nicht zu konfrontieren oder weiter nachzuforschen. Sie fürchten vielleicht, dass ihre Ehe beendet wäre, wenn die Affäre ans Tageslicht käme. Dr. phil. Shirley P. Glass war niedergelassene Psychologin und Familientherapeutin. Sie starb im Jahr 2003 im Alter von 67 Jahren an einer Krebserkrankung.

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Zum Glück gibt es immer Alternativen

Als geistiger Baumeister der Welt hat der Psychologe William James schon vor mehr als hundert Jahren das Bewusstsein beschrieben: „Mein Erleben ist das, worauf ich mich entschieden habe, meine Aufmerksamkeit zu richten.“ Es ist also eine Frage des Blickwinkels: Für den einen ist das Glas halb voll, für den anderen halb leer. Offensichtlich sind es nicht die sogenannten Tatsachen, die die Welt regieren, sondern die innere Reaktion eines Menschen auf sie. Reinhard K. Sprenger ergänzt: „Es ist nicht der äußere Rahmen, sondern die Art des inneren Erlebens, die Einstellung, die die Erfahrung bestimmt. Uns bleibt immer ein Spielraum in der Interpretation des Vorgefundenen. Da gibt es immer Alternativen.“ Reinhard K. Sprenger ist promovierter Philosoph und gilt als einer der profiliertesten Managementberater und Führungsexperte Deutschlands.

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Der Zweifel ist der Weisheit Anfang

Die Fähigkeit zu lernen geht nicht an einem bestimmten Punkt im Leben verloren. Selbst eingeschliffene Denkmuster kann jeder Mensch jederzeit ändern, sogar noch im hohen Alter. Anja Förster und Peter Kreuz erklären: „Neuroplastizität heißt die Fähigkeit unseres Gehirns, zwischen seinen Nervenzellen ständig neue Verknüpfungen herzustellen. Damit ist es in der Lage, sich lebenslang auf neue Anforderungen einzustellen und seinen Kurs zu verändern.“ Damit steht auch fest: Entschiedenheit kann man lernen. Dazu benötigt man allerdings Selbstreflexion, Disziplin, Mut und auch … Zweifel. Obwohl in der heutigen Zeit keine Zweifler gefragt sind, sondern eher Macher. Es herrscht die Erwartung, dass man seine Zweifel beiseiteschiebt und Gewissheit verbreitet, auch dann, wenn es nur Hoffnungen oder Erwartungen sind. Anja Förster und Peter Kreuz nehmen als Managementvordenker in Deutschland eine Schlüsselrolle ein.

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Das Leib-Seele-Problem ist noch immer nicht gelöst

Auf die Frage „Was ist Schmerz?“ kann man zwei Antworten geben. Erstens: „Schmerz ist, wenn es weh tut“, zweitens: „Schmerz ist ein Zustand, der von Gewebeverletzungen verursacht wird und der seinerseits Schmerzverhalten wie Schreien verursacht.“ Philipp Hübl erklärt: „Die erste Antwort nennt das subjektive Erleben von Schmerz aus der Innenperspektive, die zweite die objektive, von außen beschreibbare Ebene der kausalen Prozesse.“ Die Geschichte der Philosophie kennt zahlreiche Lösungsvorschläge des Leib-Seele-Problems. Doch die meisten verkennen den schwierigen Forschungsgegenstand, nämlich das phänomenale Bewusstsein. So sagen zum Beispiel die Computer-Funktionalisten, der menschliche Geist verhält sich zum Gehirn wie eine Software zu einer Hardware. Wenn man den Geist als ein Computerprogramm auffasst, kann man die Verarbeitung von Informationen im Gehirn gut veranschaulichen. Philipp Hübl ist Juniorprofessor für Theoretische Philosophie an der Universität Stuttgart.

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Jede Handlung könnte die letzte im Leben sein

Mark Aurel (121 – 180), römischer Kaiser und Philosoph, erklärt: „Verscheuche jeden anderen Gedanken, und das wirst du können, wenn du jede deiner Handlungen als die letzte deines Lebens betrachtest.“ Wenn es eine einzige Lektion gäbe, die Daniel Klein bis an seinen letzten Tag mit sich tragen möchte, dann wäre es diese. Wenn Mark Aurels Aussage auch noch heutzutage so vertraut klingt, liegt das daran, dass Philosophen und religiöse Denker von alters her mehr oder weniger das gleiche sagen. Daniel Klein erläutert: „Sei jetzt hier. Sei stets achtsam. Lebe in der Gegenwart.“ Daniel Klein, Jahrgang 1939, studierte Philosophie in Harvard. Zusammen mit Thomas Cathcart schrieb er „Platon und Schnabeltier gehen in eine Bar“, das in 26 Sprachen übersetzt wurde.

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Selbstbewusstsein macht glücklich

Steffen Ritter beantwortet in seinem neuen Buch „Selbstbewusstsein“ unter anderem folgende Fragen: „Was machen selbstbewusste Menschen anders als andere?“ und „Wie gelingt es uns und wie lange dauert es, selbstbewusster zu werden?“ Steffen Ritter betont: „Selbstbewusstsein macht glücklich, Selbstbewusstsein schafft schöne Erlebnisse, Selbstbewusstsein macht sogar attraktiv.“ Der Autor wirft zu Beginn seines Buchs einen Blick hinter die Kulissen fehlenden Selbstbewusstseins. Gegliedert hat er sein Werk in die Teile „Selbstwert“, „Selbstvertrauen“ und „Selbstliebe“. Selbstbewusstsein ist etwas, was bei allen Menschen über viele Jahre hinweg gebildet wird – durch die Erziehung, durch das Umfeld. Die Voraussetzungen dafür, selbstbewusst werden zu können, sind definitiv nicht für alle Menschen identisch. Aber eines ist gleich: „Jeder kann sich irgendwann dafür entscheiden, an seinem Selbstbewusstsein zu arbeiten.“ Steffen Ritter ist Redner, Autor und seit 1992 Leiter des Instituts Ritter. Er trainiert Menschen auf ihrem Weg zu einem selbstbestimmte Leben.

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Albert Camus stellt sich sogar Sisyphos als glücklichen Menschen vor

Eine nüchterne Art der Lebensbejahung vertritt der in Algerien geborene französische Philosoph und Schriftsteller Albert Camus (1913 – 1960). Ludger Pfeil erläutert: „Er will sich sogar Sisyphos, der zum Synonym für den erfolglosen, niemals zum Ende kommenden Arbeiter wurde, als einen glücklichen Menschen vorstellen.“ Die tragische Figur aus der griechischen Mythologie hatte sich dem Tod nicht ergeben wollen und muss zur Strafe für seine lebensverlängernden Tricks, die ihm immerhin einige zusätzliche Jahre beschert hatten, einen riesigen Stein einen Berg hinaufwälzen. Oben angekommen, rollt der Fels dann unvermeidlicherweise wieder hinunter, wo die Plackerei aufs Neue beginnt. Sisyphos wird so die Arbeit bis in alle Ewigkeiten nicht ausgehen. Der Philosoph Dr. Ludger Pfeil machte nach seinem Studium Karriere in der Wirtschaft als Projektleiter und Führungskraft und ist als Managementberater tätig.

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Das Unterbewusstsein nimmt mehr wahr als das Bewusstsein

Im Volksglauben ist das Unbewusste vor allem ein Hort unterdrückter Gedanken über Gewalt und Sex und andere Dinge, die am besten unausgesprochen bleiben. Doch wer im Glashaus des Bewusstseins sitzt, sollte tunlichst nicht mit Steinen werfen. Richard E. Nisbett kennt den Grund: „In Wahrheit treibt sich nämlich jede Menge „sex and crime“ in unseren bewussten Gedanken herum.“ Statt mit unanständigen Gedanken die Zeit totzuschlagen, ist das Unbewusste im Gegensatz dazu fortwährend mit Dingen beschäftigt, die nützlich sind – um nicht zu sagen – unverzichtbar.“ Das Unbewusste leistet die sogenannte „“Vorwahrnehmung“. Der Wahrnehmungsapparat registriert unbewusst eine riesige Menge an Reizen, von denen nur ein Bruchteil ins Bewusstsein dringt. Es werden nur diejenigen Reize an die bewusste Wahrnehmung weitergeleitet, die interessant sind oder mit denen sich ein Mensch auseinandersetzen muss. Richard E. Nisbett ist Professor für Psychologie an der University of Michigan.

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Philipp Hübel weist auf die Tücken der Selbstbeobachtung hin

Menschen schmecken hauptsächlich mit ihrer Nase. Der Geruchssinn gehört evolutionär zu den ältesten Sinnesorganen. Die Verarbeitung olfaktorischer Reize ist dabei zehnmal langsamer als bei visuellen. Philipp Hübl erklärt: „Gut möglich, dass der Geschmack deshalb so leicht von unserem dominanten Sinn, dem Sehen, überschrieben wird.“ Für die Selbstbeobachtung sind das schlechte Nachrichten. Ein Mensch kann seinen primären Eindrücken nicht trauen, weil sie sofort von anderen Sinnen und seinem Vorwissen überlagert, verzerrt und ersetzt wird. Es kann deshalb gut sein dass man das reine Schmecken, genauer das Riechen, niemals von den umgebenden Eindrücken, Gedanken und Erinnerungen trennen kann. Die vielen Täuschungen zeigen allerdings nicht, dass man überhaupt keine Geschmacksunterschiede wahrnehmen kann. Philipp Hübl ist Juniorprofessor für Theoretische Philosophie an der Universität Stuttgart.

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Bewusstsein ist eine Art mentale Berührung

David Gelernter vertritt die These, dass man ein Thema wie das Bewusstsein, das von seinem Wesen her subjektiv ist, nicht ohne Introspektion untersuchen kann. Die Phänomenologen erinnern an etwas Wichtiges: Wenn Introspektion erforderlich ist, muss man dabei sorgfältig und systematisch vorgehen – man muss sich laut Edmund Husserls Worten immer darum bemühen, zu „sehen“ oder zu „schauen“, welche allgemeinen Gesetzte sich im eigenen Erleben offenbaren. In jeder Erfahrung spiegeln sich nämlich die grundlegenden Gesetze des jeweiligen Wissensgebiets wieder – falls es solche Gesetze gibt. Durch das Schlüsselloch seines Erlebens kann man erkennen, wie das Bewusstsein strukturiert sein muss, damit es das Erlebnis möglich machen kann. David Gelernter ist Professor für Computerwissenschaften an der Yale University. In seinem jüngsten Buch „Gezeiten des Geistes“ erklärt David Gelernter, warum Computer und künstliche Intelligenz die Tiefen der menschlichen Subjektivität nicht ausloten können.

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Die Innenschau ist der Königsweg zum menschlichen Geist

Der österreichisch-deutsche Philosoph Edmund Husserl begründete Anfang des 20. Jahrhunderts mit der Phänomenologie eine eigene philosophische Strömung, di das Fundament der Philosophie im menschlichen Bewusstsein sah. Philipp Hübl erläutert: „Er beginnt mit der Beobachtung, dass man manchmal zwischen Wahrnehmung und Halluzination nicht unterschieden kann.“ Wenn man in sich hineinschaut, muss man eine Enthaltung eines Urteils praktizieren, also eine Distanz zu allem einnehmen, was man über die Welt glaubt, vor allem, indem man die Existenz von Dingen gleichsam einklammert. Die natürliche Einstellung eines Menschen ist nämlich, dass Dinge unabhängig von ihm existieren. Doch die Dinge in der Welt, also etwa eine Blume, muss man klar von den eigenen Eindrücken, also dem Blumenerlebnis im Bewusstsein, unterscheiden. Philipp Hübl ist Juniorprofessor für Theoretische Philosophie an der Universität Stuttgart.

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Forscher bezweifeln die Freiheit des menschlichen Willens

Seit einigen Jahren erhitzt eine auch in Deutschland zwischen einigen Neuronenwissenschaftlern und Philosophen heftig geführte Debatte die Gemüter. Unter anderem geht es um die Frage, ob der menschliche Wille wirklich frei ist. Einige neuere Befunde aus der Hirnforschung schienen eine Zeitlang nahezulegen, dass selbst Entscheidungen, die man bewusst fällt und die dann das Handeln bestimmen, bereits unbewusst im Gehirn vorbereitet werden. Markus Gabriel ergänzt: „Es sieht so aus, als ob unsere Entscheidungen damit nicht in unserer Hand lägen. Hierher rührt die Idee, unser Gehirn könnte uns steuern.“ Diese Debatte ist nicht neu. Sie wurde vorwiegend schon im neunzehnten und frühen zwanzigsten Jahrhundert geführt. Markus Gabriel hat seit 2009 den Lehrstuhl für Erkenntnistheorie und Philosophie der Neuzeit an der Universität Bonn inne und ist dort Direktor des Internationalen Zentrums für Philosophie.

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Bei der Achtsamkeit spielt Transzendenz keine Rolle

Achtsamkeit heißt die aktuelle Antwort auf Burn-out und Stress. Die neu entdeckte Innerlichkeit soll Menschen dazu bringen, sich dem Wesentlichen im Leben zuzuwenden – ist aber oft nur der Esoterik-Chic einer erschöpften Leistungselite. Achtsamkeit ist das Wort der Zeit. So wie in Burn-out alles Bedrohliche einer anstrengend gewordenen Welt mitschwingt, so atmet Achtsamkeit bereits alles, was fehlt und doch ersehnt wird. Es geht um Dinge, die lange an allen möglichen Orten eine Rolle spielten, nur nicht im Job. Um Sinnsuche und Sinnfragen, um Meditation, Spiritualität und inneres Leid. Dinge, für die traditionell die Kirchen zuständig waren, Psychotherapeuten, Freunde und vielleicht der Barmann im Hotel. Aber bestimmt nicht der Chef. Das Wort Achtsamkeit ist eine Übersetzung aus der buddhistischen Literatur: Satipatthana oder Smrti-Upasthana.

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Das mentale Leben ist von Subjektivität geprägt

Häufig wissen andere Menschen, was eine Person denkt und fühlt, weil sie es ihnen sagt. Manchmal tut man das absichtlich, bei anderen Gelegenheiten aber auch mit Minenspiel und Körpersprache. Ludwig Wittgenstein schreibt: „Der menschliche Körper ist das beste Bild der menschlichen Seele.“ David Gelernter fügt hinzu: „Manchmal wissen andere Menschen besser, was wir fühlen, als wir selbst.“ Mit dem Verstand weiß man, wie andere Menschen sich fühlen. Was aber noch wichtiger ist: Man empfindet die Gefühle des anderen, man sympathisiert mit ihm, man hat Mitgefühl. Das Menschen die Gefühle ihrer Mitmenschen spüren können, liegt daran, dass sie selbst fühlende Wesen sind und wissen, wie sie sich fühlen, wenn sie bestimmte Dinge sagen oder auf eine bestimmte Weise blicken. David Gelernter ist Professor für Computerwissenschaften an der Yale University.

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Philipp Hübl begibt sich auf die Spur des unbewussten Denkens

Der niederländische Psychologe Ap Dijksterhuis hat in einem vieldiskutierten Experiment die Vernunft des Abwägens in Frage gestellt. Seine provokante These lautet: Bei komplexen Entscheidungen wie einem Autokauf hilft bewusstes Nachdenken nicht weiter. Besser sei, sich keinen Kopf zu machen, eine Nacht darüber zu schlafen und dann spontan zu entscheiden. Ap Dijksterhuis erklärt dies damit, dass dem unbewussten Denken mehr Kapazitäten zur Verfügung stünden und es daher dem bewussten Abwägen überlegen sei. Seinen Ansatz nennt er „Theorie des unbewussten Denkens.“ Philipp Hübl hält diese Theorie für fragwürdig. Denn es gibt etwa ein Dutzend Experimente anderen Forschern, die den Annahmen des Niederländers widersprechen. Denn in der Regel entscheidet derjenige am besten, der bewussten Zugriff auf alle verfügbaren Informationen hat. Philipp Hübl ist Juniorprofessor für Theoretische Philosophie an der Universität Stuttgart.

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Nach innen schauend sah Augustinus eine unermessliche Welt

Mit Ende zwanzig hatte Augustinus das Gefühl, von sich selbst entfremdet zu sein. Er führte ein beschwerliches Leben, und es verschaffte ihm nicht jene tiefere Sättigung, die er sich wünschte. Er hatte Begierden, deren Befriedigung ihn nicht glücklich machte, und dennoch folgte er weiterhin seinen Lüsten. Augustinus reagierte auf diese Lebenskrise, indem er seinen Blick nach innen richtete. Eigentlich sollte man meinen, dass jemand, der über seine Ichbezogenheit entsetzt ist, nach Selbstvergessenheit strebt. David Brooks fügt hinzu: „Sei Rat wäre: Sieh von dir selbst ab und wende deine Aufmerksamkeit anderen zu.“ Aber Augustinus unternahm zunächst eine beinahe wissenschaftliche Entdeckungsreise in sein Inneres. David Brooks arbeitet als Kommentator und Kolumnist bei der New York Times. Sein Buch „Das soziale Tier“ (2012) wurde ein internationaler Bestseller.

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Die Generation Y wird zu den Verlierern der Zukunft gehören

Der Zukunftslobbyist Wolfgang Gründiger glaubt, dass die Jungen zu den Verlierern der Gesellschaft werden. Denn bei vielen wichtigen Themen wird nicht auf sie gehört. Er streitet für die Digitalisierung und polemisiert gegen „Alte-Säcke-Politik“. Der Publizist und Demokratieforscher ist eine Art Sprachrohr der vielbeschriebenen Generation Y. Wolfgang Gründiger erklärt den Begriff Zukunftslobbyist wie folgt: „Das Problem an der Zukunft ist ja, dass sie keine Lobby hat. Die zukünftigen Generationen sind noch nicht geboren und können daher ihre Interessen noch nicht in die Waagschale werfen. Deshalb braucht es Lobbyisten, die eine anwaltliche Funktion übernehmen für Menschen, die sich noch nicht selbst vertreten können.“ Dabei ist es keineswegs so, dass alte Menschen per se egoistisch wären. Aber selbst bei Themen, die die Generation Y unmittelbar betreffen – Umweltschutz, Rente, Arbeitsmarkt, Digitalisierung –, wird auf junge Menschen wenig gehört.

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Die Meinungs- und Redefreiheit sind der „Lebenssaft“ der Demokratie

Auf der einen Seite gibt es für Timothy Garton Ash tatsächliche eine Explosion der Hassrede im weitesten Sinn; das meiste davon kann seiner Meinung nach getrost ignorieren. Auf der anderen Seite besteht die pathologische Bereitschaft, sich sofort verletzt zu fühlen, schon bei der allerkleinsten Kränkung. Timothy Garton Ash stellt fest: „Das ist eine Infantilisierung des öffentlichen Diskurses, die ich leider bei meinen Studenten in Oxford und Stanford beobachten kann. Die Universitäten sollten Tempel der Redefreiheit sein, in denen alles, auch die anstößigste Meinung, auf zivilisierte Weise diskutiert werden kann.“ Selbst anstößige Geschichten sind kein Grund, jemanden von der öffentlichen Debatte auszuschließen. Es gibt verschiedene Hypothesen, die sich allerdings teilweise widersprechen, woher die Überempfindlichkeit vieler Menschen in liberalen Gesellschaften kommt. Der britische Zeitgeschichtler Timothy Garton Ash lehrt in Oxford und an der kalifornischen Stanford University.

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Philipp Hübl stellt den Vertrautheitseffekt vor

Auf die Frage, warum man sich zu Hause besonders geborgen fühlt, antwortet der amerikanische Psychologe Robert Zajonc: „Durch bloße Wiederholung.“ Alles, was ein Mensch mehrmals sieht, hört und erlebt, bekommt allein dadurch einen positiven Wert, sofern er damit keine Gefahr oder andere negative Dinge verbindet. Robert Zajonc nennt dieses Phänomen „Mere-Expose-Effekt“, also in etwa „Effekt durch bloßen Kontakt“ oder kürzer „“Vertrautheitseffekt“. Vorlieben oder Präferenzen, wie die Psychologen sagen, können sich auf vielen Wegen formen. Einige sind angeboren, wie die Lust auf Süßes oder die Abneigung gegenüber bitteren Speisen. Andere werden erlernt. Philipp Hübl erklärt: „Das wiederholte Lob der Eltern beispielsweise verstärkt in Kindern die Neigung, alles aufzuessen. Wieder andere entstehen durch Nachahmung oder Gruppenzwang, man denke dabei an Modesünden aus der eigenen Jugend.“ Philipp Hübl ist Juniorprofessor für Theoretische Philosophie an der Universität Stuttgart.

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