Für Karl Jaspers gibt es keine absolute Unabhängigkeit

Der deutsche Philosoph Karl Jaspers vertritt die These, dass die Unabhängigkeit des Menschen scheinbar lautlos verloren geht, in einer Welt, in der das Dasein durch das Typische, die Gewohnheiten des Alltags und die ungefragten sich wiederholenden Selbstverständlichkeiten überflutet wird. Dieser um sich greifenden Tendenz setzt er das Philosophieren entgegen, in der der denkende Mensch unter allen Bedingungen um seine innere Unabhängigkeit ringt. Denn das Bild des Philosophen wird seit der Antike von seiner Unabhängigkeit geprägt, weil er sich der Welt der Güter entsagt, von der animalischen Herrschaft der Triebe befreit und wie ein Asket befürfnislos lebt.

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Ralf Dahrendorf philosophiert über die Lebenschancen

Ralf Dahrendorf zitiert den Philosophen Karl Popper, der einmal gesagt hat, dass die Geschichte keinen Sinn hat, aber der Mensch kann, ja muss ihr einen Sinn geben. Für ihn selbst ist ein geregelter Konflikt mit Freiheit gleichzusetzen, denn er bedeutet, dass niemand seine Ansichten zum Dogma erheben kann. Ralf Dahrendorf schreibt: „Es gibt Institutionen, die es erlauben, nein zu sagen, und mehr, die jeweils Regierenden abzulösen. Die Freiheit von Willkür und Tyrannis ist nicht gering zu schätzen.“ Für Max Weber war es der Begriff der Chance, der über die bloß formalen Bedingungen des Handels hinaus nötig ist, um die freie, die offene Gesellschaft zu begründen. Für ihn waren Chancen mehr als Voraussetzungen des Handelns und doch weniger als tatsächliche Handlungsweisen.

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Vier prinzipielle Wege aus der staatlichen Schuldenkrise

Eine Antwort auf die Frage, wie die westlichen Industrienationen ihre Schuldenkrise bewältigen könnten, ist der so genannte Schuldenschnitt. Diesen fordert zum Beispiel Daniel Steltner, Partner der Unternehmensberatung Boston Consulting Croup, für die gesamte Weltwirtschaft. Wenn die verschuldeten Staaten einfach einen Teil ihrer Schulden nicht zurückzahlen würden, wäre seiner Meinung nach das Schuldenproblem gelöst. Doch so verlockend sich der Plan anhört so gefährlich ist er auch. Denn die Schulden sind nur ein Teil des Problems. Ein Staat, der Schulden macht, leiht sich Geld, bei den heimischen Banken, bei seinen Bürgern, bei ausländischen Banken und ausländischen Bürgern. Jedem Schuldeneuro eines Staates steht derselbe Betrag an Forderungen der Gläubiger gegenüber.

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Max Frisch beschreibt die Phänomene der Liebe

Für Max Frisch ist es eine bemerkenswerte Tatsache, dass ein Liebender über den Menschen den er liebt, am wenigsten aussagen kann, wie er in Wirklichkeit ist. Er schreibt: „Wir lieben ihn einfach. Eben darin besteht ja die Liebe, das Wunderbare an der Liebe, dass sie uns in der Schwebe des Lebendigen hält, in der Bereitschaft, einem Menschen zu folgen, in allen seinen möglichen Entfaltungen.“ Der Liebende weiß, dass der Mensch, den er liebt, sich wie verwandelt fühlt, wie entfaltet, und dass sich auch ihm selbst alles entfaltet, sogar das Nächste, das lange Bekannte. Vieles erblickt er wie zum ersten Male.

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Franz Xaver Kroetz schreibt keine Theaterstücke mehr

Franz Xaver Kroetz gehörte in den siebziger Jahren mit seinen sozialkritischen Theaterstücken zu den meistgespielten und meistverdienenden Dramatikern in Deutschland. Heute ist er allerdings in Vergessenheit geraten. Er glaubt, dass ihn die Menschen höchstens noch wegen seiner Rolle als Klatschreporter Baby Schimmerlos in der Kultserie „Kir Royal“ kennen. Von seinen Einnahmen konnte sich Franz Xaver Kroetz schon im Alter von 28 Jahren einen Bauernhof für 160.000 Mark kaufen. Sein Verleger Siegfried Unseld gab ihm damals einen Vorschuss von 50.000 Mark. Schon zwei Jahre zuvor hatte er in eine Jagdhütte 50.000 Mark investiert. Über diesen Kauf sagt Franz Xaver Kroetz folgendes: „Das war ein Fehler, ich hab` zuviel bezahlt. Das hat mich zehn Jahre lang geärgert. Beim Geld wird` ich fuchsig.“

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Ein Kampf der Kulturen sollte vermieden werden

Gemäß Andreas Wirsching ist die Neue Islamische Präsenz in Westeuropa seit den achtziger Jahren des 20. Jahrhunderts zu einem heiß diskutierten Thema geworden. Er erklärt: „Zu vielen Hunderttausenden und mehr kamen Indonesier und Surinamer in die Niederlande, Pakistaner nach Großbritannien, Türken nach Deutschland, Nordafrikaner nach Frankreich, Italien und Spanien.“ Im Jahr 2008 lebten in den 27 Staaten der Europäischen Union mehr als 19 Millionen Menschen, die aus Regionen außerhalb der EU zugewandert waren. Die große Mehrheit von ihnen sind Muslime – allein in Deutschland leben über vier Millionen von ihnen. Andreas Wirsching ist Professor für Neuere und Neueste Geschichte an der Ludwig-Maximilians-Universität in München.

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Die Philosophie der Metapher des Hans Blumenberg

Hans Blumenbergs Philosophie ist eine Philosophie der Metapher. Er forscht nicht danach, was sich hinter den Gleichnissen verbirgt, sondern richtet sein Augenmerk darauf, was sie leisten und wie sie in der Praxis angewendet werden. Die dauernde Funktion der Metapher besteht für Hans Blumenberg darin, dass allein sie die unentbehrlichen Sinnerwartungen auszudrücken vermögen, die der Mensch braucht, um sich im Leben behaupten zu können. Hans Blumenberg will außerdem das Verhältnis der Metapher zum Begriff definieren, indem er eine Grundthese aufstellt, die die Metapher an einem Ort ansiedelt, wo der Raum der unmöglichen, der fehlgeschlagenen und noch nicht gefestigten Begriffsbildung ist.

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Alain Ehrenberg plädiert für eine Politik der Autonomie

Der Pariser Sozialforscher Alain Ehrenberg hat im Suhrkamp Verlag sein zweites Buch veröffentlicht: „Das Unbehagen in der Gesellschaft“. Vor zwölf Jahren stellte der Autor in seinem Erstlingswerk „La fatigue d’être soi“ fest, dass die meisten westlichen Menschen sich in einem Zustand der völligen Erschöpfung befinden, nachdem sie aus den vormodernen Zwängen und Routinen befreit worden waren. Die Massen waren für Alain Ehrenberg einfach fix und fertig. Er schrieb: „Sich befreien, macht nervös, befreit sein, depressiv. Die Angst, man selbst zu sein, versteckt sich hinter der Erschöpfung, man selbst zu sein.“ Er vertrat die Meinung, dass der mündige Souverän abdankt, wenn ein Individuum bunte Pillen schlucken muss, um gut gelaunt seiner Büroarbeit nachgehen zu können. Aber ohne einen souveränen Bürger ist die Gesellschaft in Gefahr, das Gemeinwesen droht auseinanderzubrechen.

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Michail Bakunin greift die Herrschaft in allen Formen an

Der Anarchismus als politische Bewegung ist aufs engste mit der Person Michail Bakunins verbunden. Nach 1844 unterstützte er alle revolutionären Bewegungen in Europa und büßte dieses Engagement mit über acht Jahren Haft. 1861 floh er aus der Verbannung in Sibirien und lebte anschließend vorwiegend in der Schweiz und Italien, wo er sich Putschversuchen und der Organisation von öffentlichen und geheimen Bruderschaften beschäftigte. Nach einem gescheiterten Aufstand in Bologna zog er sich 1874 aus der Öffentlichkeit zurück. Michail Bakunins bekanntestes Buch ist „Gott und der Staat“, das 1871 veröffentlicht wurde. Der Anarchist greift darin die Herrschaft in all ihren Formen an.

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Zygmunt Bauman analysiert die Konsumgesellschaft

Die moderne Gesellschaft kennt für Zygmunt Bauman nur ein Ziel, das Glück. Glücklich ist seiner Meinung nach, wer begehrt ist und der durch Konsum das Interesse an der eigenen Person steigern kann. Doch wer den Anforderungen der Konsumgesellschaft nicht gewachsen ist, fällt gnadenlos aus ihr heraus. Es ist ein Merkmal der modernen Gesellschaft, dass die Menschen rastlos einkaufen, meistens viel mehr als sie wirklich brauchen. Zygmunt Bauman erklärt: „Es ist eine Attacke aus dem Hinterhalt, die die Unternehmen führen. Längst geht es nicht mehr um ein konkurrierendes Bedürfnis. Produkte werden beispielsweise künstlich entwertet und durch neue und verbesserte Varianten ersetzt.“ Das ursprüngliche Produkt kann eine Saison später nur noch peinlich sein.

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Die geheimnisvolle Welt der Märchen

Es gibt Märchen, die einfältig erscheinen, weil sie an die Moral appellieren, aber auch subversive, die von der Veränderbarkeit der Welt erzählen. Hier geschieht manchmal das Unglaubliche, dass die Schwachen die Starken besiegen. Immer wieder tauchen in den Märchen gewaltsame Akte der Befreiung auf. In drastischen Szenen schildert das Märchen Modelle einer essentiellen Erfahrung der Menschen – das Böse ist besiegbar, aber nicht im Guten, sondern mit Gewalt. Es gibt wesentliche Märchenelemente, die von den verschiedensten Erzählern immer wieder aufgegriffen wurden. Dazu zählen die Unbotmäßigkeit und die Phantasie. Zweitgenannte steht für die Kreativität und die Kraft der Verwandlung als ursprüngliche Anlagen, die der Menschen in den Zeiten der Moderne verliert, wenn er sich von deren Rationalismus unterjochen lässt.

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Woody Allens neuer Film "Whatever Works"

Anlässlich des neuen Films von Woody Allen „Whatever Works“ hat das Zeitmagazin ein Interview mit dem berühmten Regisseur geführt. Mit seinem aktuellen Film ist Woody Allen nach New York zurückgekehrt. Er gibt auch zu, dass es ihm schwer fällt, seine Zuneigung zu der Metropole zu verbergen. Für ihn ist diese Stadt allen anderen Städten in den USA unendlich überlegen. Er kann es sich nicht vorstellen, jeden Morgen in Denver oder Santa Fe aufzuwachen und vor dem Frühstück ein Lasso über irgendeine Kuh werfen zu müssen, um sie zu melken. In dem neuen Film von Woody Allen, der in der letzten Woche in Deutschland anlief spielen Patricia Clarkson und Ed Begley jr. ein konservatives Ehepaar aus der Provinz, das durch New York geradezu befreit wird – vor allem sexuell.

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