Der Schriftsteller Siegfried Lenz prägt die Nachkriegszeit

Der große deutsche Schriftsteller Siegfried Lenz, der am 7. Oktober 2014 im Alter von 88 Jahren gestorben ist, hatte sich die Haltung des französischen Existentialisten, Philosophen und Literaturnobelpreisträgers Albert Camus (1913 – 1960) zu eigen gemacht: „Du musst dein Leben rechtfertigen.“ Verpflichtung und Antrieb für Siegfried Lenz waren, wie der bekannte, auch Schuldgefühle, nämlich den Zweiten Weltkrieg überlebt zu haben, während viele Altersgenossen auf den Schlachtfeldern bestialisch getötet wurden. Neben den Literaturnobelpreisträgern Günter Grass und Heinrich Böll zählte Siegfried Lenz zu den prägenden Schriftstellern der Nachkriegszeit. Die eigenen Erlebnisse im Dritten Reich und das als Marinesoldat erlebte Leid blieben ihm Zeit seines Lebens ein Quell seiner schriftstellerischen Arbeit und für sein politisches Zeugnis. Zu den Herzensanliegen des gebürtigen Ostpreußen gehörten die Versöhnung mit Israel und Polen.

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Erich Fromm beschreibt die Entwicklung Deutschlands nach 1871

Deutschland, der Nachzügler unter den großen westlichen Industrienationen, erlebte nach 1871 seinen aufsehenerregenden Aufstieg. Schon im Jahr 1895 hatte die deutsche Stahlproduktion diejenige Englands erreicht, und 1914 war Deutschland bei der Herstellung von Stahl England und Frankreich weit überlegen. Deutschland besaß laut Erich Fromm ein äußerst leistungsfähiges Industriesystem, wozu seine rational denkende, strebsame und gebildete Arbeiterschaft wesentlich beitrug. Allerdings besaß Deutschland nicht genügend Rohstoffe und hatte nur wenige Kolonien. Erich Fromm fügt hinzu: „Um sein wirtschaftliches Potential maximal zu realisieren, musste es sich ausdehnen, es musste Gebiete erobern, die in Europa und Afrika über Rohstoffe verfügten.“ Gleichzeitig besaß Deutschland ein Offizierkorps, das in der Tradition Preußens ausgebildet worden war und sich durch Disziplin, Loyalität und Hingabe an die Armee auszeichnete.

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Große Denker philosophieren über die vergangenen 100 Jahre

Die Sonderausgabe des Philosophie Magazins „1914 – 2014. Das Jahrhundert im Spiegel seiner großen Denker“ umfasst eine einzigartige Sammlung von Artikeln, die Philosophen in den vergangenen hundert Jahren zu den wichtigsten Ereignissen ihrer Epoche veröffentlicht haben. Das Heft ist in vier große Zeitblöcke gegliedert, wobei der erstem vom Jahr 1914 bis zum Jahr 1932 reicht. In ihm schreibt zum Beispiel Ernst Bloch über den Aufstieg Adolf Hitlers, Karl Kraus über den Zynismus des Alltags, Walter Benjamin über die Macht der Technik und Albert Einstein gemeinsam mit Sigmund Freund über den bedrohten Frieden. Der Pazifist Albert Einstein fragt in einem Brief, ob Sigmund Freud eine Möglichkeit kenne, die psychischen Entwicklungen der Menschen so zu leiten, dass sie den Psychosen des Hasses und der Vernichtung gegenüber widerstandfähiger würden. Die Sonderausgabe des Philosophie Magazins ist seit 5. Dezember im Handel und kostet 9,90 Euro.

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Im Werk von Erich Loest können sich die Deutschen erkennen

Der Schriftsteller Erich Loest wurde am 24. Februar 1926 in Mittweida im Freistaat Sachsen geboren. Er war immer ein lebendes Beispiel dafür, wie man aus Fehlern lernt und Einsichten in Haltung umsetzt. Er hat das, was er erfuhr und ihm widerfuhr, mehr als 50 Jahre in Literatur verwandelt. Dabei betätigte er sich niemals als Moralprediger. Bei allem Ernst verfügte Erich Loest über viel Humor. Sein erstes Buch „Jungen, die übrig blieben“, wurde im Jahr 1950 veröffentlicht. Es geht in dem Werk um den Versuch der Nationalsozialisten durch den Kriegseinsatz ganz junger Knaben dem Führer Adolf Hitler die Kriegsniederlage zu ersparen. Erich Loest selbst war 18 Jahre alt, als er in den Krieg geschickt wurde. Damals war er bereit als Held für das Vaterland zu sterben, da sein Gehirn von klein auf mit Parolen vollgestopft worden ist. Den Krieg hat er überlebt, doch irgendwann endet jedes Leben. Erich Loest ist am 12. September in Leipzig gestorben.

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Die Nationalsozialisten verabscheuten die Demokratie

Die nationalsozialistische Herrschaft in Deutschland seit dem Jahr 1933, die sich im Zweiten Weltkrieg auch über weite Teile Europas ausdehnte, der Massenmord an sechs Millionen Juden, steht für einen Tiefpunkt in der Geschichte der Menschheit und bildet zugleich den extremsten Gegensatz zur Staatsform der Demokratie. Die Diktatur des Nationalsozialismus ist aber laut Paul Nolte weder als Schicksal noch als historischer Unfall über Deutschland gekommen. Adolf Hitlers Machtübernahme wurde in Deutschland von einer breiten Zustimmung der Bevölkerung getragen und von vielen Menschen als eine angemessene Antwort auf die langgehegten Zweifel an der Zukunftsfähigkeit der Demokratie gesehen. Paul Nolte schreibt: „Ohne die Loyalität und Mitarbeit von Teilen der Bevölkerung ist eine Diktatur nicht vorstellbar, schon gar nicht eine moderne des 20. Jahrhunderts.“ Paul Nolte ist Professor für Neuere Geschichte und Zeitgeschichte an der Freien Universität Berlin.

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Ralf Dahrendorf seziert den Totalitarismus in Europa

Der Totalitarismus fällt für Ralf Dahrendorf aus dem Bild des Forschritts heraus, sowohl von der traditionellen zur rationalen Herrschaft als auch vom Autoritarismus zur Verfassung der Freiheit. Die viel zitierte Definition des Totalitarismus von Carl Friedrich lautet: „Der Totalitarismus ist eine Ideologie, eine typisch von einem Mann geführte Einheitspartei, eine terroristische Polizei, ein Kommunikationsmonopol und eine zentral verwaltete Wirtschaft.“ Beim Begriff des Totalitarismus denkt man sofort an Adolf Hitlers deutschen Nationalsozialismus und Josef Stalins sowjetischen Kommunismus. In beiden Systemen war das Ziel der totalen Kontrolle durch Mobilisierung erkennbar. Autoritäre Regimes gestatten dennoch große Bereiche der Privatheit und der Apathie. Ralf Dahrendorf schreibt: „Demokratie mobilisiert, tut dies aber, um Kontrolle zu dezentralisieren. In totalitären Regimes ist Mobilisierung das Instrument der zentralisierten Kontrolle.“

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Alexander Mitscherlich setzt sich für die Toleranz ein

Die Überwindung, die in jedem toleranten Akt steckt, wirft laut Alexander Mitscherlich als Belohnung ein Freiheitserlebnis ab. Es ist eine beglückende Erfahrung, frei vom Zwang der Unduldsamkeit, der Unerträglichkeit, der Feindseligkeit zu sein. Doch die Selbsterfahrungen dieser Qualität sind relativ selten. Toleranz hat immer etwas mit Gleichmut zu tun: Ertragen, Erdulden heißt, psychologisch ein Gleichgewicht gegen störende Einflüsse von außen aufrechterhalten zu können. Wer tolerant ist und dabei seine Identität nicht gefährden will, muss fähig sein, sich Versagungen auferlegen zu können.

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Eine Lesereise durch den verschneiten Dezember

Die Entstehungsgeschichte des Buchs „Dezember“ geht auf ein gemeinsames Treffen von Alexander Kluge mit Gerhard Richter in Sils Maria im Engadin zurück. Sie stellten fest, dass sie im selben Jahr geboren und ihre Geburtstage im Februar nur fünf Tage auseinander liegen. Alexander Kluge und Gerhard Richter nähern sich den Phänomenen des Wintermonats Dezember aus zwei unterschiedlichen Richtungen. Gerhard Richter hat verschneite Bäume und Wälder fotografiert, die eine kontemplative Ruhe ausstrahlen, während Alexander Kluge 39 Kalendergeschichten geschrieben hat, die alles andere als beschaulich sind.

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Zum Tod des Filmproduzenten Bernd Eichinger

Bernd Eichinger wurde am 11. April 1949 in Neuburg an der Donau geboren. Nachdem er in einem katholischen Internat in die Schule gegangen war, folgten Auftritte in einer Rock`n`Roll-Band. Sein Abitur machte Bernd Eichinger in München. Er war einer der ersten Studenten an der neu gegründeten Münchner Hochschule für Fernsehen und Film und studierte dort Filmregie. Schon während seines Studiums arbeitete er als Praktikant bei der Bavaria Film. Später wurde er dort Aufnahmeleiter, Drehbuchautor und zeitweise sogar Schauspieler. Während dieser Zeit reifte in ihm die Erkenntnis, dass er selbst Filme produzieren wollte.

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Zum Tod des Schriftstellers Harry Mulisch

Literaturkritiker zählen Harry Mulisch zu den bedeutendsten und schillerndsten Gestalten der niederländischen Literatur des 20. Jahrhunderts. Den Weltruhm des Autors begründete 1982 sein Roman „Das Attentat“, dessen Verfilmung den Oscar gewann. Harry Mulisch erzählt in diesem Buch, dass er im Stil eines Thrillers geschrieben hat, die Geschichte von dem Mord durch Widerstandskämpfer an einem Nazi-Kollaborateur und der Vergeltung der deutschen Eroberer an einer unschuldigen Zivilistenfamilie. Harry Mulisch, der einmal von sich behauptete, er sei der Zweite Weltkrieg, lässt in diesem Roman die Grenzen zwischen Gut und Böse, Schuld und Verrat verschwimmen und zerstört alle Gewissheiten über das Verhältnis von Täter und Opfer.

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Barack Obama: "Krieg ist eine menschliche Tragödie"

Bei der Verleihung des Friedensnobelpreises in Oslo verteidigte Barack Obama in seiner Dankesrede Amerikas Kriege. Der Krieg ist laut den Worten des amerikanischen Präsidenten ein notweniges Mittel der Politik. Barack Obama sagte: „Wir müssen uns mit der harten Realität abfinden, dass wir gewalttätige Konflikte nicht auslöschen können, solange wir leben.“ Obama vertritt die These, dass ein Krieg manchmal sogar moralisch geboten sei, wenn man sich oder andere schützen müsse. Der amerikanische Präsident verteidigte in seiner Rede die Anwendung von Gewalt zur Bewahrung von Frieden und Recht. Barack Obama, sagte, er nehme den Friedensnobelpreis in Dankbarkeit und tiefer Demut an.

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