Gated Communities bescheunigen Radikalisierungstendenzen

Die Analysen über die Gründe, Ursachen und Folgen von Gated Communities in Deutschland lassen vermuten, dass mit der weiteren Verbreitung solcher geschlossener Wohnformen zwei Radikalisierungsmomente in der Gesellschaft beschleunigt werden, eine objektive und eine subjektive Radikalisierung. Ernst-Dieter Lantermann erklärt: „Die objektive Seite dieser zu befürchtenden Radikalisierung liegt in einer sich immer noch weiter zuspitzenden territorialen und sozialen Segregation und einer damit verbundenen Polarisierung der Bevölkerung – hier die geschützten Wohlhabenden und Reichen, dort die ungeschützten weniger Begüterten.“ Die subjektive Seite besteht in einer zunehmend radikalen und konsequenten Gleichgültigkeit, Abschottung und Abkehr vieler von dieser neuen Wohnform direkt oder indirekt betroffenen Menschen gegenüber dem, was man als „Gemeinwohl“ oder „gesellschaftlichen Zusammenhalt“ bezeichnet. Ernst-Dieter Lantermann war von 1979 bis 2013 Professor für Persönlichkeits- und Sozialpsychologie an der Universität Kassel.

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Auch Angst kann ein Motiv für Aggression sein

So wie Gewalt ein Mittel des Erwerbs von Macht sein kann, dient sich auch der Abwendung des Verlusts der Macht. Insbesondere Politiker in diktatorischen Systemen bangen nicht nur um ihr Leben, sondern auch um ihre Machtposition und bauen deshalb riesige Sicherheitsapparate auf, mit denen politische Gegner aufgespürt, bestraft und vernichtet werden. Hans-Peter Nolting fügt hinzu: „Angst vor dem Verlust der Macht kann aber auch im familiären Bereich ein Motiv für Drohungen und Gewaltanwendung sein, so etwa, wenn sich ein einer Familie mit patriarchalischer Struktur die Frau der Kontrolle des Mannes oder ein Kind sich der Kontrolle der Eltern zu entziehen droht. Dr. Hans-Peter Nolting beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit dem Themenkreis Aggression und Gewalt, viele Jahre davon als Dozent für Psychologie an der Universität Göttingen.

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Peergroups verleihen Jugendlichen ein Gefühl der Sicherheit

Jeder Mensch sucht Bindung und Beziehung, er braucht sie, um ein sinnerfülltes Leben zu führen. Martina Leibovici-Mühlberger erklärt: „Das Ich entwickelt sich an der Grenzlinie zum Du, allein schon deswegen, weil der ganze biologische Apparat unserer Wahrnehmung auf der Feststellung von Unterschieden besteht.“ In der Regel braucht man dafür andere Menschen oder in Notzeiten, wenn der Kontakt mit anderen Menschen rar ist oder gefährlich erscheint, zumindest ein Tier, mit dem man in engen Austausch treten kann. Nur wenige Menschen schaffen es, sich ausschließlich einer abstrakten Idee hinzugeben und trotzdem in echter Lebensbalance zu bleiben. Wenn ein Jugendlicher seinen Freundeskreis, seine Clique oder seine Peergroup hat, so definiert sich das in erster Linie durch ein Gefühl von Zugehörigkeit zu diesem Kreis und durch Abgrenzung gegenüber dem Rest der Welt. Die Ärztin Martina Leibovici-Mühlberger leitet die ARGE Erziehungsberatung Fortbildung GmbH, ein Ausbildungs-, Beratungs- und Forschungsinstitut mit sozialpsychologischem Fokus auf Jugend und Familie.

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Philosophieren kann vom Menschen weg oder zu ihm hin führen

Wer den Entschluss zum Philosophieren fasst, will sich von den Menschen weg und in ein oft befremdliches Denken hineinbegeben, in ein Denkexperiment in sich selbst, in eine Welt, in der keine anderen anwesend sind. Das hat laut Wilhelm Berger noch dazu den logistischen Vorteil, dass man es überall betreiben kann, im Bett oder am Strand, am Schreibtisch oder im Kaffeehaus. Wilhelm Berger führt ein Beispiel aus der Philosophiegeschichte an: „Die vorsokratischen Denker Parmenides und Heraklit sind die ersten Philosophen, die eine extreme Abwendung von den Menschen vollzogen haben.“ Wie Heraklit steht auch Friedrich Nietzsche für die provozierende Ansicht, dass ein konsequentes Denken letztlich unvereinbar ist mit dem Verständnis der Allgemeinheit. Martin Heidegger schreibt sogar: „Das Sichverständlichmachen ist der Selbstmord der Philosophie.“ Professor Wilhelm Berger lehrt am Institut für Technik- und Wissenschaftsforschung an der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt.

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Die Währungsunion ist für Dominik Geppert eine Fehlkonstruktion

Dominik Geppert vertritt in seinem Buch „Ein Europa, das es nicht gibt“ die These, dass der Euro nationale Ressentiments geweckt hat, die man längst überwunden glaubte, statt die Mitgliedsstaaten zu einen. Dominik Geppert beschreibt nicht nur die politischen Irrtümer und historischen Trugschlüsse, die mit der gemeinsamen Währung einhergingen, sondern skizziert auch Wege zu einer tragfähigen Ordnung der Europäischen Union. Der Autor weist darauf hin, dass momentan  noch der Konsens der traditionellen europäischen Eliten dafür sorgt, die überkommenen Formen der Integration um beinahe jeden Preis zu bewahren und auch an der Gemeinschaftswährung und ihrer jetzigen Zusammensetzung nicht zur rütteln. Aber zugleich erodieren die Fundamente, auf denen die Konstruktion ruht. Deshalb fordert Dominik Geppert: „Das Europa der Zukunft muss zur Einhaltung der Verträge zurückfinden. Die Einzelstaaten müssen in ihm als Träger von Demokratie, Recht und Sozialstaat weiter eine zentrale Rolle spielen.“ Dominik Geppert ist seit 2010 ordentlicher Professor für Neuere und Neueste Geschichte an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn.

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Die geistesgeschichtlichen Quellen des Anarchismus

Für den Politologen Peter Lösche sind die Ursprünge und Vorläufer des Anarchismus ebenso zahlreich wie die sozialen, geistesgeschichtlichen und politischen Bedingungen, unter denen der Anarchismus entstanden ist. Geistesgeschichtlich wird der Anarchismus laut Peter Lösche aus zwei Quellen gespeist, die selbst miteinander verbunden sind. Er schreibt: „Zunächst ist er ein Produkt der Aufklärung: Unter Anlehnung an naturrechtliche Vorstellungen ermöglicht der Rationalismus überhaupt erst ein Gesellschaftskonzept, das die in der Gegenwart vorhandene menschliche Entfremdung für real aufhebbar hält.“ In der Abwendung vom Reich Gottes und des Feudalismus wird die Einzigartigkeit des Individuums entdeckt. Der Liberalismus und der Anarchismus haben an dieser Stelle die gleiche Wurzel. Der Anarchismus allerdings treibt den Individualismus bis zu seiner letzten Konsequenz. Die zweite geistesgeschichtlich Quelle des Anarchismus sieht Peter Lösche, ähnlich dem Marxismus in seinen Ursprüngen, in der Hegel-Kritik.

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Jeremy Rifkin versöhnt die Ökonomie mit der Ökologie

In seinem neuen Buch „Die dritte industrielle Revolution“ beschreibt Jeremy Rifkin, wie aus dem Zusammenspiel von regenerativen Energien und modernster Telekommunikation eine Wirtschaftsrevolution hervorgeht. Der Autor ist fest davon überzeugt, dass dieser Wandel den Verbrauchern gewaltige Chancen eröffnet. Neuartige Unternehmen können gegründet, das Bildungswesen reformiert sowie die Schranken zwischen Erzeuger und Verbraucher niedergerissen werden. Durch den Abbau von Hierarchien soll das Engagement für das Gemeinwohl gestärkt werden. Laut Jeremy Rifkin hat der Aufbruch in eine Zukunft, die Ökonomie und Ökologie vereint, schon längst begonnen. Jeremy Rifkin zählt zu den bekanntesten gesellschaftlichen Vordenkern der Gegenwart. Seine Bücher wurden in mehr als dreißig Sprachen übersetzt. Er ist Gründer und Vorsitzender der Foundation on Economic Trends in Washington D.C. und unterrichtet an der renommierten Wharton School of Business.

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