Millionen Menschen sind inzwischen von Glückspillen abhängig

Selbstverwirklichung und das eigene Glück als höchstes Ziel des Lebens gewinnen in den modernen Gesellschaften immer mehr an Bedeutung. Das persönliche Glück hat sich einen zentralen Stellenwert erobert. Auf der Verliererseite befinden sich laut Sonia Laszlo dagegen Tugenden wie pragmatisches Denken, rationales Handeln, Disziplin, Rücksicht, Pflichtgefühl, Verantwortungsbewusstsein sowie Ehrgefühl und Anstand gegenüber sich selbst. Zahlreiche Studien belegen, dass im Moment das Glücksgefühl das höchst aller Güter ist. Rund siebzig Prozent der Menschen sehen im Glück den Sinn ihres Lebens. Die Kommunikationswissenschaftlerin und Schauspielerin Sonia Laszlo befasst sich mit dem „Glücklichsein“ und Film in Europa sowie in den USA. Die Journalistin ist in Medien und am Institut für Europäische Glücksforschung tätig, Gastvortragende an Universitäten und schreibt an ihrer Dissertation.

Das Glück hat sich in ein Goldenes Kalb verwandelt

Sonia Laszlo zitiert den Begründer der Logotherapie Viktor Frankl, dem es in seinen Schriften nicht um das Glück, sondern um den Sinn des Lebens ging. Viktor Frankl schreibt: „Je mehr einer nach dem Glück jagt, umso mehr verjagt er es auch schon. Und je mehr es einem um die Lust geht, umso mehr vergeht sie ihm auch schon.“ Das Glück hat sich neben der Freiheit zum Goldenen Kalb des westlichen Lebensstils entwickelt. Dennoch ist es ein Irrglaube, dass Menschen, nur weil sie frei wählen können, auch automatisch glücklich sind.

Das Glück hängt für Sonia Laszlo stark mit Naturgesetzen, Tatsachen und Dingen zusammen, die tatsächlich möglich sind. Auch Handeln kann ihrer Meinung nach glücklich machen, Träumen aber auch. Wobei Träumen leichter ist, da es nicht durch die Realität begrenzt ist. Wahrscheinlich ist es mit dem geistigen Reichtum des Glücks so wie mit dem materiellen Reichtum. Denn die meisten Menschen laufen dem Reichtum hinterher, während manche Menschen einfach reich sind.

Menschen sollten Dinge um ihrer selbst willen tun und einfach leben

Sonia Laszlo fordert die Menschen dazu auf, sich darüber bewusst zu werden, dass der Anspruch auf Glück, die Suche nach dem Glück oder gar das Recht auf Glück stresst und somit glücklich, aber auch unglücklich machen kann. Sonia Laszlo erläutert: „Aber anstatt Dinge um ihrer selbst willen zu tun und einfach zu leben, egal ob mit Glück oder ohne Glück, muss jetzt alles glücklich sein. Und wenn die Welt nicht so will, wie wir uns das vorstellen, dann schreiben wir uns ein Anrecht auf Glück zu und beschweren uns, wenn wir unglücklich sind.“

Viele Menschen erwarten das Glück nicht nur, sie verlangen es sogar. Es wird vorausgesetzt, dass sie glücklich sein sollen, und wenn sie es nicht sind, sollen sie ihr Leben damit verbringen, das Glück zu finden. Diese Menschen erstellen lange Listen von Wunschträumen, wie ihr Leben auszusehen hätte. Inzwischen ist es schon so weit, dass Millionen von Menschen und weite Teile der Bevölkerung von Glückspillen abhängig sind, die illegalen Drogen nicht unähnlich sind.

Von Hans Klumbies