Niccolò Machiavelli erringt europäischen Ruhm

Es gibt ein glanzvolles Beispiel für den auf das Politische bezogen kalten Realismus, der sich der Vereinzelung verdankt. Niccolò Machiavelli (1469 – 1527) ist zu klug, um Moral und Religion zu ihrem Nennwert zu nehmen. Er war ein umfassend gebildeter Geist, der zwischen 1498 und 1512 hohe Ämter in Florenz bekleidet. Rüdiger Safranski fügt hinzu: „Das war zu der Zeit, als die Herrschaft der Medici unterbrochen war. Mit der Rückkehr der Medici fiel er in Ungnade und wurde der Mitwirkung an einer Verschwörung gegen sie beschuldigt.“ Er kam für mehrere Monate in Haft. Dort folterte man ihn und ließ ihn schließlich wieder frei. Rüdiger Safranski arbeitet seit 1986 als freier Autor. Sein Werk wurde in 26 Sprachen übersetzt und mit vielen Preisen ausgezeichnet.

Niccolò Machiavelli glaubte die Macht belehren zu können

Niccolò Machiavelli zog sich danach mit seiner Familie auf sein kleines Landgut in der Nähe von Florenz zurück. Seine Zuflucht waren die Bücher, vor allem die lateinischen Klassiker. In der fleißigen, auf Nutzanwendung bedachten Lektüre dieser Schriften und in der eigenen politischen Erfahrung fand er den Stoff zu seinen eigenen Werken. Diese brachten ihm erst nach seinem Tode europäischen Ruhm ein. In einem Brief an einen Freund schildert er sein Leben auf dem Lande zu der Zeit, da er an seinem „Il Principe“ schrieb.

Dabei handelt es sich um jene Schrift, die er Giuliano de´ Medici, dem gegenwärtigen Herrscher in Florenz, zu widmen gedachte. Er hatte die unbescheidene Erwartung, dass sie diesem wichtig werden könnte. Rüdiger Safranski stellt fest: „Der inzwischen Vereinzelte und Machtlose glaubte also, die Macht belehren zu können.“ Er verbringe, so heißt es in dem Brief, seine Tage mit den Weinbauern, Waldarbeitern, im Wirtshaus mit den Handwerkern des Dorfes.

Der Zweck der Macht ist die Macht selbst

Aus der imaginären Unterhaltung mit den großen Staatslenkern und Weisen der Vergangenheit sei sein Buch über die Fürstenmacht entstanden. Er wollte, erklärt er, ihre letzten Zwecke erforschen. Und welches ist der letzte Zweck? Niccolò Machiavellis Antwort: Der Zweck der Macht ist die Macht selbst. Diese Tautologie ist das Geheimnis der Macht. Dieses begreift man allerdings nur, wenn man sich gegen den kollektiven Wahn, die illusionären Hoffnungen und Erwartungen an die Macht, immunisiert.

Rüdiger Safranski erklärt: „Das ist nur unter zwei Bedingungen möglich. Entweder man steht als Einzelner außerhalb, also nicht vom Wahn befangen. Oder man steht selbst im Zentrum der Macht, in jenem abgeschirmten Raum der zynischen Offenheit.“ Niccolò Machiavelli, vereinzelt und eigentlich machtlos, versucht nun, im Medium der zynischen Offenheit mit der Macht ins Gespräch zu kommen. Deshalb wollte er ja seine Schrift ursprünglich gar nicht veröffentlichen. Quelle: „Einzeln sein“ von Rüdiger Safranski

Von Hans Klumbies

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